13.03.2008
Technische Universität Dresden baut ein neues Akustiklabor
Es war ein Besuch bei ihrem Fachkollegen Karlheinz Brandenburg am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie in Ilmenau, der Prof. Ute Jekosch die realistische Wirkung virtueller Schallquellen eindrucksvoll demonstrierte. Als ein virtueller akustischer Geist mittels der so genannten Wellenfeldsynthese durch den Raum wanderte, spitzte ihr Hund die Ohren und schnappte schließlich danach, als er ihm vermeintlich zu nahe kam.
Inzwischen hat das neue Dresdner Multimodale Messlabor, dessen Baumaßnahmen und technologische Einrichtung mit Berufungsmitteln von mehr als einer Million Euro unterstützt werden, Gestalt angenommen. Immerhin zwei Etagen hoch, zwängt sich das Labor in den ehrwürdigen Barkhausen-Bau der Universität. Der Raum wird ausgestattet mit einem Audioreproduktionssystem und einer Bewegungsplattform zur Erzeugung plausibler audio-taktiler virtueller Realitäten. Die akustische Komponente ist das vom Fraunhofer-Institut entwickelte IOSONO-System, das in den nächsten Monaten eingebaut wird. Noch in diesem Sommer werden die Dresdner Akustiker mit ersten Forschungsvorhaben beginnen können.
Die Forschungsprojekte werden sowohl anwendungs- als auch grundlagenorientiert sein. Die Grundlagenforschung rankt sich um verschiedene Möglichkeiten, die das Multimodale Labor bietet: Sie sind bezogen auf die technische Simulation (Wie simuliere ich überhaupt bestimmte akustische Szenarien experimentell so, dass sie realitätsnah sind und konfliktlos wahrgenommen werden?), auf die Qualitätsbeurteilung und -messung von virtuellen Realitäten (Welche Fragen sollte ich einer Versuchsperson stellen, ohne sie dadurch aus ihrer Scheinwelt zu reißen?) und auf die Nutzung der Simulationsmöglichkeiten für weitere wissenschaftliche Zusammenhänge (Was hören wir Menschen denn eigentlich, wenn wir akustisch und gleichzeitig auch vibratorisch beschallt werden?).
In virtuellen Räumen will Prof. Jekosch zum Beispiel bestimmte Lebenssituationen generieren und untersuchen, wie Menschen darauf hörend und fühlend bzw. tastend reagieren. Daraus sollen dann quasi-intuitiv zu verarbeitende akustische "Ereignisse" geschaffen werden, die den Menschen kommunikativ und informativ bei komplizierten Arbeiten, etwa der Steuerung eines Fahrzeugs, unterstützen. Auch Aspekte der Lärmwahrnehmung, -beurteilung und -messung in typischen Lebenssituationen werden untersucht, aber hier gibt es noch viele Klippen zu umschiffen. "Wir müssen zunächst erforschen, was uns verschiedene akustisch-vibratorische Ereignisse bedeuten. Bestimmte ängstigen uns, andere fordern unsere Aufmerksamkeit. Dahinter steckt ein System, denn wir reagieren ja doch alle irgendwie gleichartig darauf. Es geht uns darum, dieses System zu ergründen und für die Informations- und Kommunikationstechnik nutzbar zu machen", so Prof. Jekosch. Aber wie immer steckt der Teufel auch hier im Detail. "Die Frequenzwahrnehmung bei Ganzkörperschwingungen ist beispielsweise noch nie richtig beschrieben worden. Entsprechend bezieht sich ein weiterer Forschungsschwerpunkt auf die Grundlagen der taktilen Schallwahrnehmung und dem Zusammenwirken von Hören und Tasten."
Autor: Martin Morgenstern
Informationen für Journalisten:
Prof. Dr. phil. Ute Jekosch
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