Dec 08, 2014
Forscherteam entdeckt neues Bestäubungssystem in Blütenpflanzen
Ein internationales Wissenschaftlerteam um Privatdozent Dr.
Stefan Wanke und Dipl.-Biologin Birgit Oelschlägel vom Institut
für Botanik der TU Dresden hat nun ein neues Bestäubungssystem
entdeckt. Die untersuchte Pflanzenart (Aristolochia rotunda)
lockt bestäubende Fliegen mit Duftstoffen an und täuscht damit
Nahrungsquellen der Fliegen vor. Sind die Bestäuber angelockt,
werden sie in einer Fallenblüte gefangen genommen. Das
Faszinierende dabei ist, dass der abgegebene Blütenduft
normalerweise von Wanzen abgegeben wird, wenn sich diese im
Todeskampf befinden und gerade von einer Spinne oder
Gottesanbeterin gefressen werden. Auf diesen Duft sind die
Fliegen angewiesen, um Wanzen zu finden und anschließend daran
zu saugen, während diese verspeist werden.
„Genau diesen Duft des Todes imitiert die Pflanze“, hat
Diplom-Biologin Birgit Oelschlägel für ihre Promotion an der TU
Dresden herausgefunden und in der Zeitschrift „New Phytologist“
am 8. Dezember 2014 publiziert (doi.wiley.com/10.1111/nph.13210).
Bestäubung von Blütenpflanzen ist extrem mannigfaltig und kann
z.B. durch Wind, Wasser oder Tiere erfolgen. Dabei wird der
Pollen einer Blüte auf die Narbe derselben oder einer anderen
Blüte übertragen, die Eizellen befruchtet und der Samen kann
sich entwickeln. Auf diese Weise werden die Weitergabe des
Erbgutes an die nächste Generation sowie eine hohe genetische
Variabilität sichergestellt. Tiere, vor allem Insekten, sind
die häufigsten Bestäuber und übernehmen eine sehr wichtige
Rolle im Ökosystem Erde. Meist profitieren beide Partner von
der Bestäubung: Der Bestäuber erhält Nahrung z.B. in Form von
Pollen oder Nektar und die Blüte erhält meist passiv den
Pollen. Allerdings sind etwa 4 – 6 % aller Blütenpflanzen
Betrüger. Sie locken die Bestäuber an, indem sie ihnen eine
Belohnung suggerieren, die nicht gewährt wird.
Die Pflanzengattung Aristolochia (Pfeifenwinden) ist ein
Paradebeispiel für diese sogenannten Täuschblumen. Die
Evolution hat eine ausgeklügelte Fallenblüte dafür entworfen.
Angelockte Insekten geraten in eine behaarte Kesselfalle, die
sie erst wieder verlassen können, wenn sie die Blüte bestäubt
haben und mit Pollen der Blüte bedeckt sind.
An der Studie, die bahnbrechende neue Erkenntnisse zur
Bestäubungsbiologie von Fallen- und Täuschblumen gewonnen hat,
waren deutsche und österreichische Forscher beteiligt (TU
Dresden, Universität Bielefeld, Dresdner Senckenberg Museum für
Tierkunde, Universität Salzburg).
Der Botanische Garten der TU Dresden kultiviert die größte
Sammlung von Pfeifenwinden weltweit und lädt alle Besucher ein,
die außergewöhnlichen Blüten zu bewundern. Derzeit blüht z.B.
im Tropenhaus der Neuen Welt Aristolochia chiapensis, eine Art,
die im Regenwald im Grenzgebiet zwischen Guatemala und Mexiko
entdeckt wurde.
Titel der Originalpublikation:
Oelschlägel B, Nuss M, v. Tschirnhaus M, Pätzold C, Neinhuis C,
Dötterl S, Wanke S (2014) The betrayed thief - the
extraordinary strategy of Aristolochia rotunda to deceive its
pollinators. New Phytologist. doi: 10.1111/nph.13210.
Abb. 1: Blühende und fruchtende
Pflanze von Aristolochia rotunda in Kroatien (Foto: Birgit
Oelschlägel, TU Dresden).
Abb. 2: Blüte von Aristolochia
rotunda. (Foto: Birgit Oelschlägel, TU Dresden)
Abb. 3: Detailaufnahme einer Blüte
von Aristolochia rotunda mit bestäubender Fliege. (Foto:
Birgit Oelschlägel, TU Dresden)
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Informationen für Journalisten:
Privatdozent Dr. Stefan Wanke, TU Dresden, Institut für
Botanik, Tel. 0351 463-34281,
Dipl. Biol. Birgit Oelschlägel, TU Dresden, Institut für
Botanik, Tel. 0351 463-34070,
Prof. Dr. Stefan Dötterl, Universität Salzburg, Organismische
Biologie, Tel. +43-662-8044-5527,