19.04.2017
Avantgarde in Dresden — damals und heute: Die Villa Ida Bienert in Fotografien von Uta Caroline Thom
Das Forschungszentrum cfaed ist einer der beiden Exzellenzcluster der TU Dresden. Die rund 300 zugehörigen Wissenschaftler sind bis zur Fertigstellung des Neubaus am TUD-Campus noch über viele Gebäude verteilt. Mindestens eins davon ist eine ganz besondere Perle mit einem großen Nachhall an bewegter und spannender Geschichte, deren Spuren heute u.a. bis ins Museum of Modern Art nach New York führen. Die Rede ist von der Villa Ida Bienert in Dresden-Plauen, dem derzeitigen cfaed-Verwaltungssitz und gleichzeitig auch TUD-Forschungsstandort mit den Laboren des cfaed-Lehrstuhls für Organische Bauelemente. Auch die HighTech Startbahn Sachsen ist hier angesiedelt.
Doch das Gebäude war nicht immer der Wissenschaft verschrieben, wurde erst ab den 1950er Jahren von der TU Dresden genutzt. Bis zum Kriegsende war es im Besitz der Unternehmergattin Ida Bienert, welche dort in den 20er Jahren einen künstlerischen Salon betrieb, der bekannte Künstler wie Paul Klee, Wassily Kandisky und Lyonel Feininger anzog. In den 30er Jahren besuchte Samuel Beckett auf seiner Reise durch Deutschland Ida Bienert in ihrem Haus. Gret Palucca war ein häufiger Gast und tanzte dort zur Klaviermusik. Mondrian entwarf für das Haus den ersten abstrakt gestalteten Kunstraum in dieser Zeit. So verwundert wenig, dass Ida Bienert auch eine bedeutende Kunstsammlerin war, die unter anderem mit Bildern von Chagall, Kandinsky, Klee und Picasso in den Räumen ihrer Villa lebte. Diese Sammlung zerstreute sich in der Nachkriegszeit in alle Welt und kann heute teilweise in den berühmtesten Museen in New York oder Madrid betrachtet werden.
Die Dresdner Künstlerin Uta Caroline Thom hat sich über einen Zeitraum von rund anderthalb Jahren dem Haus, seiner Vergangenheit und Gegenwart genähert, immer wieder neue Motive eingefangen, verfremdet, überlagert, und daraus ihre ganz eigene Sicht auf die Villa entwickelt. Unter dem Titel »hier.« stellt Thom derzeit eine künstlerische Arbeit vor, die über die bloße Herstellung von Fotografien hinausgeht. Durch Interpretation und Verarbeitung von Texten und vielfältigen Detailaufnahmen aus der Villa Bienert wurde der Geist des ehemaligen Salons dieses Hauses zu neuem Leben erweckt. Die Ausstellung zeigt aktuelle, teils poetische, teils avantgardistisch inspirierte Bilder des Hauses, ergänzt um Zitate von Ida Bienert und ihren Zeitgenossen, die in das neu Erschaffene eingeblendet werden wie Schwarz-Weiß-Rückblenden in einen Farbfilm. Thom beschreibt die Ausstellung als “einen aus der Zeit herausgelösten Raum, in dem Altes und Neues, Vergangenes und Gegenwärtiges verschmelzen und hier mit- und nebeneinander existieren.”
Die Ausstellung wurde im Rahmen einer feierlichen Vernissage eröffnet, welche auch mit einer mit der Künstlerin entwickelten Tanzperformance von Elena Cencetti überraschte, einer Absolventin der Hochschule für Tanz „Gret Palucca“. Zudem hielt Heike Biedermann, Kunsthistorikerin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, einen Vortrag über die hohe Bedeutung des Hauses Bienert für die Avantgarde in Deutschland und führte auch durch die teils original erhaltenen Räume, welche den Spannungsbogen vom schwülstigen Historismus bis zum beginnenden Bauhaus-Stil zeigen.
Die Ausstellung ist bis zum 25. August 2017 werktags von 8 Uhr bis 19 Uhr in der Villa Ida Bienert, Würzburger Str. 46, 01187 Dresden zu besichtigen.
Am 19. Mai wird es erneut eine Abendveranstaltung geben, welche die Tanzperformance sowie einen Vortrag zu den baulichen Veränderungen des Hauses im Lauf der Zeit umfasst. Der Eintritt ist frei, Besuch nur mit Voranmeldung unter möglich.
Informationen für Journalisten
Uta Caroline Thom
Matthias Hahndorf
cfaed Communications Officer
Tel. 0351 463-42847