13.12.2013
Regeneration von Körpergliedern beim Axolotl entschlüsselt
Der Salamander Ambystoma mexicanum (Axolotl) ist in der
Lage, Gliedmaßen und Organe nach Verletzungen zu regenerieren.
Diese bilden sich vollständig nach und sind voll
funktionstüchtig. Doch woher kennen die verletzten Gliedmaßen
die genaue Anzahl an Segmenten, die für das Nachwachsen
notwendig sind? Dieses große Geheimnis der Regeneration hat
Professorin Elly Tanaka vom DFG-Forschungszentrum für
Regenerative Therapien Dresden – Exzellenzcluster an der TU
Dresden (CRTD) mit ihrer Arbeitsgruppe entschlüsselt: Adulte
Axolotl regenerieren fehlende Gliedmaße durch fortlaufende
Spezifizierung. Das heißt, die Regeneration erfolgt in einer
zeitlich festgelegten Reihenfolge. Diese Studie ist jetzt im
Fachjournal „Science Magazine“ veröffentlicht worden (DOI:
10.1126/science.1241796).
Wenn ein Axolotl zum Beispiel die Gliedmaßen unterhalb des
Oberarms verliert, wachsen der Ellbogen, der Unterarm und die
Hand nach. Wird einem Axolotl am Handgelenk die Hand amputiert,
bildet sich nur die Hand wieder nach. Das zu regenerierende
Glied entscheidet bereits, welches Segment sich zuerst
ausbildet, während andere Zellen dabei sind, Vorläuferzellen zu
vermehren, ehe diese zum Beispiel den ersten Knochen
entwickeln. Diese zeitliche und örtliche Entscheidung, welches
Segment der Gliedmaße regenerieren muss, wird Musterung
(„patterning“) genannt.
„Viele Wissenschaftler hatten die These aufgestellt, dass die
ersten Vorläuferzellen, die sich nach einer Gliedmaßamputation
beim Axolotl bilden, die Identität der Fingerspitze besitzen
würden“, sagt Professorin Elly Tanaka. Diese
„Fingerspitzenzellen“ glichen, wie auch immer das geschehen
möge, ihre Identität mit den Zellen im Stumpf des verletzten
Gliedmaßes ab, um den Stumpf zu stimulieren, Zellen für das
Gewebe zwischen Stumpf und Fingerspitzen zu bilden. Auf diese
Weise würden sich die richtigen Segmente des Gliedmaßes formen
– in einem Prozess der Einschiebung („intercalation“).
Tanaka und ihre Arbeitsgruppe haben herausgefunden, dass die
Regeneration von Gliedmaßen beim adulten Axolotl gerade so
nicht abläuft. Im Gegenteil: Nach der Amputation eines Glieds
vermehren sich in den ersten sechs Tagen die Zellen stark. „Zu
diesem Zeitpunkt wird ein Gen angeschaltet, das den Zellen
mitteilt, dass sie sich auf der verkürzten Seite des Glieds
befinden“, berichtet Dr. Akira Tazaki vom CRTD. „Wenn wir im
Oberarm das Glied durchtrennen, schalten die sich in den ersten
sechs Tagen stark vermehrenden Zellen ein Gen an, um den
Unterarm nachwachsen zu lassen.“ Wenn die Dresdner Forscher die
Hand eines Axolotls amputieren, wird ein anderes Gen
angeschaltet, um die Zellen zur Neubildung der fehlenden Hand
anzustoßen. Dieser Prozess nennt sich Identität der Position
("positional identity").
Nach sechs weiteren Tagen beginnen die sich stark vermehrenden
Zellen die Zellen für das benachbarte Gliedsegment zu bilden.
Wenn beim adulten Axolotl der Oberarm durchtrennt wird,
entwickeln sich zuerst die Zellen für die Bildung des Oberarms,
danach diejenigen für den Unterarm. Nur am Ende der
Regeneration entwickeln sich die Zellen für die
Fingerspitzen.
Professorin Elly Tanaka sieht diese wissenschaftliche
Festschreibung, in welcher Reihenfolge sich die Segmente eines
nachwachsenden Glieds formen, als fundamental für die Forschung
an: „Dieses Wissen erlaubt uns erst, grundsätzlich darüber
nachzudenken, wie wir Gewebe von Gliedmaßen entwickeln
können.“
Publikation:
Kathleen Roensch1,2, Akira Tazaki1,2, Osvaldo Chara3, and Elly
M. Tanaka1,2: Progressive specification rather than
intercalation of limb elements during salamander limb
regeneration. Science Magazine, DOI:
10.1126/science.1241796
1) DFG-Research Center for Regenerative Therapies Dresden –
Cluster of Excellence at the TU Dresden (CRTD), Dresden,
Germany
2) Max Planck Institute of Molecular Cell Biology and Genetics,
Dresden, Germany
3) Center for Information Services and High Performance
Computing, TU Dresden, Dresden, Germany
Informationen für Journalisten:
Birte Urban-Eicheler
Pressesprecherin CRTD/DFG-Forschungszentrum für Regenerative
Therapien Dresden – Exzellenzcluster an der TU Dresden
Tel.: 0351 458-82065
http://www.crt-dresden.de