27.11.2014
Gene versus Lebenswandel
Die bei einer Paarung aktivierten Gene des Weibchens
reagieren viel stärker auf den Lebenswandel des Männchens, als
auf seine Gene. Das hat ein Wissenschaftlerteam aus Deutschland
und Großbritannien unter Leitung des neu an die TU Dresden
berufenen Open-Topic-Professors Klaus Reinhardt gezeigt. Die
Ergebnisse ihrer Studie an Bettwanzen sind auch für den
Menschen interessant.
„Weibchen müssen möglichst gesunden Nachwuchs produzieren und
wählen deshalb zwischen den Spermien verschiedener Männchen
aus. Bisher wurde deshalb angenommen, dass Weibchen die
Spermien aufgrund ihrer genetischen Zusammensetzung
beurteilen", sagt Prof. Reinhardt. Genetische Variabilität
innerhalb von Populationen ist eine Grundvoraussetzung der
Evolution.
Die Forscher untersuchten das Verhalten bei der berüchtigten
Bettwanze. Den Lebenswandel der männlichen Tiere beeinflussten
sie, indem sie einige davon sexuell enthaltsam leben ließen.
Ihre Spermien waren dadurch älter als die ihrer Artgenossen,
die sich regelmäßig paaren durften. Die Genanalyse bei den
Weibchen nach der Paarung zeigte, dass das Alter der Spermien
einen deutlich größeren Effekt auf die Aktivierung bestimmter
Gene hatte, als der Genotyp der Männchen.
Die Unterscheidung von Lebenswandel und Genen ist deshalb
wichtig, weil die Evolution nur dann auf die Spermien wirken
kann, wenn ihre Eigenschaften in deren Genen verankert sind.
Dass Weibchen die Spermien offenbar eher nach ihrem Alter oder
Umwelteinflüssen als aufgrund ihrer genetischen Identität
beurteilen, hat auch eine Bedeutung für den Menschen.
„Männliche Gene sind keine guten Indikatoren für die
Fruchtbarkeit eines Mannes“, sagt Klaus Reinhardt. „Deshalb
zeigt unsere Studie auch, dass wir den Lebenswandel noch
stärker berücksichtigen müssen, wenn es um die männliche
Unfruchtbarkeit geht.“
Die Untersuchungsergebnisse wurden online in der
Fachzeitschrift „Behavioural Ecology“ veröffentlicht: „Female
transcriptomic response to male genetic and non-genetic
ejaculate variation“
http://beheco.oxfordjournals.org/content/early/2014/11/19/beheco.aru209.full?keytype=ref&ijkey=BlMcju8Zy5zVN68
A male bedbug (Cimex lectularius) traumatically inseminates a female one.
Informationen für Journalisten:
Prof. Klaus Reinhardt
Tel.: 0351 463-39451