18.01.2014
Neue Blutstammzellen entdeckt
Blutstammzellen bilden das Reservoir für die kontinuierliche
Neubildung aller reifen Blutzellen - ein Leben lang. Diese
Eigenschaft wird seit Jahrzehnten klinisch für
Knochenmarktransplantationen genutzt, um unheilbare
Erkrankungen des Blutsystems zu therapieren. Ob es Unterschiede
in der Teilungsrate von Blutstammzellen gibt und damit
Unterschiede in der Menge der produzierten reifen Zellen, war
bisher nicht bekannt. Das Team um die Stammzellbiologin Dr.
Claudia Waskow vom DFG-Forschungszentrum für Regenerative
Therapien Dresden – Exzellenzcluster an der TU Dresden (CRTD)
konnte nachweisen, dass es zwei Populationen von Stammzellen
gibt, die sich in ihrer Teilungsrate unterscheiden. Zusätzlich
zeigte sie, dass diese Funktion in jeder Stammzelle codiert
enthalten ist. Die Forscher fanden auch heraus, dass eine
Stammzelle, die einmal eine reduzierte Teilungsrate aufweist,
sich nicht mehr in eine Stammzelle mit einer hohen Teilungsrate
entwickelt. Diese Studie ist jetzt im Fachjournal „Journal of
Experimental Medicine“ veröffentlicht worden (DOI:
10.1084/jem.20131115).
Eines der regenerativsten Organe in erwachsenen Menschen und
anderen Säugetieren ist das Blut, in dem täglich rote
(Erythrozyten) und weiße (Leukozyten) Blutkörperchen neu
gebildet werden müssen, um die Anzahl der Zellen im Blut und in
den Geweben konstant zu halten. Verantwortlich für die stetige
Nachbildung von neuen Zellen sind die blutbildenden oder auch
hämatopoetischen Stammzellen, lokalisiert vor allem im
Knochenmark. Hämatopoetische Stammzellen besitzen die
Fähigkeit, sich sowohl selbst zu erneuern und damit ein Leben
lang ihre eigene Anzahl konstant zu halten, als auch über
unterschiedliche zelluläre Zwischenstadien, den
Vorläuferzellen, in alle hämatopoetische Zelllinien
differenzieren zu können. Dafür stehen Stamm- und
Vorläuferzellen ständig vor neuen Schicksalen: Selbsterneuerung
oder Differenzierung, Überleben oder Zelltod.
Der erste Schritt der Differenzierung von hämatopoetischen
Stammzellen wird vermutlich bestimmt durch eine Reihe von
Signalen, die die Zelle durch Rezeptoren ins Zellinnere
weiterleiten kann. Claudia Waskow erläutert: „Wir konnten
zeigen, dass verschiedene Stammzelltypen, die sich in der
Häufigkeit des klassischen Stammzellmarkers und Rezeptors ‘Kit’
auf ihrer Oberfläche unterscheiden, sich auch in ihrer Funktion
unterscheiden, und dass sie aufeinanderfolgende Populationen
sind. Weiterhin zeigten unsere Experimente, dass beide
Zellpopulationen unterschiedlich auf die Stimulierung mit dem
Bindungspartners des Kit-Rezeptors reagieren.“
Zur Aufreinigung der Proben haben die Dresdner
Stammzellbiologen das in der Forschung seit Jahrzehnten übliche
Verfahren der prospektiven Isolierung genutzt, das eine
Auftrennung von Zellpopulationen in Untergruppen erlaubt und so
eine separate Untersuchung dieser Untergruppen möglich macht.
Zwei funktional verschiedene Stammzellpopulationen konnten
nachgewiesen und damit als existent bewiesen werden, die
aufgrund ihres langen Transplantationslebens viele neue
Blutstammzellen regenerieren können. Eine Population konnte
sich nach Transplantation so stark vermehren, dass sie die
gesamte Blutbildung im Empfänger übernommen hat, während die
andere Population sich ‚nur’ zu circa 20 Prozent an der
Blutbildung beteiligte. „Selbst eine solche Beteiligung hat
eine sehr beeindruckende Teilungsfähigkeit zur Grundlage“
erklärt Waskow. „Im nächsten Schritt werden wir prüfen, ob sich
beide Stammzellpopulationen gegenseitig in ihrem
Entwicklungspotential beeinflussen können und ob es ein
optimales Verhältnis dieser beiden Stammzellpopulationen gibt,
das zu einer längeren und höheren Beteiligung an der
Blutbildung in Empfängern nach einer Stammzelltransplantation
führt. Experimente, in denen wir testen, ob es diese beiden
Stammzelltypen auch im Menschen gibt, laufen bereits und sehen
sehr vielversprechend aus“.
Mit dieser Forschungsarbeit zu hämatopoetischen Stammzellen
konnten neue grundlegende Fragen bei der Regeneration von
Blutzellen geklärt werden, um für die seit vielen Jahren
erprobte Anwendung regenerativer Therapien künftig neue Wege zu
eröffnen.
Publikation
Tatyana Grinenko1, Kathrin Arndt1, Melanie
Portz1, Nicole Mende1, Marko Günther1, Kadriye
Nehir Cosgun1, Dimitra Alexopoulou2,
Naharajan Lakshmanaperumal3, Ian Henry3,
Andreas Dahl2, and Claudia Waskow1: Clonal
expansion capacity defines two consecutive developmental stages
of long-term hematopoietic stem cells. Journal of Experimental
Medicine, DOI: 10.1084/jem.20131115
1) Regeneration in Hematopoiesis Laboratory, Center for
Regenerative Therapies Dresden, German Research Foundation
(DFG) Research Center and Cluster of Excellence; and
2) Deep Sequencing Group SFB 655, Biotechnology Center; Dresden
University
of Technology, 01307 Dresden, Germany
3) Bioinformatics Service, Max Planck Institute of Molecular
Cell Biology and Genetics, 01307 Dresden, Germany
Infirmationen für Journalisten:
Birte Urban-Eicheler
Pressesprecherin CRTD/DFG-Forschungszentrum für Regenerative
Therapien Dresden – Exzellenzcluster an der TU Dresden
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