Aug 28, 2014
Messung der Sonnenenergie in Echtzeit
Zum ersten Mal ist es Wissenschaftlern gelungen, die
Sonnenenergie im Moment ihrer Freisetzung zu messen. Ein
internationales Forscherteam, an dem auch der Kernphysiker
Prof. Kai Zuber von der TU Dresden beteiligt ist, wies im
sogenannten Borexino-Experiment solare Neutrinos nach, die bei
der Verschmelzung zweier Protonen im Innern der Sonne, dem
allerersten Schritt der Kernreaktion, produziert werden. Die
Ergebnisse wurden heute (28.8.14) in der renommierten
Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Neutrinos, elektrisch neutrale Elementarteilchen, sind äußerst
schwer nachzuweisen. Sie haben eine sehr geringe Masse und
werden, weil sie durch alles hindurchfliegen können, oft als
Geisterteilchen bezeichnet. Die überall auf der Erdoberfläche
vorkommende kosmische Strahlung und die natürliche
Radioaktivität stören den Nachweis zusätzlich, daher gelingt er
nur untertage und in einer extrem sauberen Umgebung, wie sie im
Borexino-Detektor im Gran Sasso Untergrundlabor in den
italienischen Abruzzen realisiert wurde.
Bisher wurde die Sonnenenergie anhand der Sonnenstrahlung, die
für Licht und Wärme sorgt, gemessen. Diese Strahlungsenergie
entstand jedoch bereits vor rund 10.000 Jahren im
Sonneninneren. So lange dauert es, bis sie an die Oberfläche
gelangt und dann abgestrahlt wird. Die Neutrinos, die bei der
Kernfusion entstehen, benötigen dagegen gerade einmal acht
Minuten, um von der Sonne bis zur Erde zu gelangen. Mit ihrem
Nachweis im Borexino-Experiment ist es damit nun erstmals
gelungen, die fundamentale Reaktion der Sonnenenergie quasi in
Echtzeit zu messen.
Der Vergleich mit der Strahlungsenergie, die an der
Sonnenoberfläche gemessen wurde, zeigt, dass sich die
Energiefreisetzung in den vergangenen 100.000 Jahren kaum
verändert hat. „Selbst wenn wir die Sonne jetzt ausschalten
würden, würde es etwa weitere 10.000 Jahre dauern, bis wir
davon auf der Erde etwas merken würden“, sagt Prof. Kai Zuber.
Er forscht seit 25 Jahren auf dem Gebiet der solaren Neutrinos.
„Mit diesem Durchbruch schließt sich für mich ein Kreis“, sagt
er, weil er bereits an dem indirekten Nachweis dieser
fundamentalen Neutrinos Anfang der 90er-Jahre beteiligt war.
Rund 120 Wissenschaftler aus Italien, Deutschland, Frankreich,
Polen, den USA und Russland arbeiten am Borexino-Experiment.
Seitens der TU Dresden ist Prof. Kai Zuber gemeinsam mit seinem
Doktoranden Björn Lehnert vor allem an der Analyse der
gewonnenen Daten beteiligt.
Online-Artikel bei Nature: http://www.nature.com/nature/journal/v512/n7515/full/nature13702.html
Institut für Kern- und Teilchenphysik der TU Dresden: http://iktp.tu-dresden.de
Offizielle Homepage des Borexino Experiments mit Pressefotos:
http://borex.lngs.infn.it
Fotomontage: Das Innere des Borexino-Detektors und die
Sonnenoberfläche. (Quelle: Borexino-Kollaboration)
Informationen für Journalisten:
Prof. Kai Zuber
Tel.: 0351 463-42250