02.08.2021
Carbonbeton: Schöner, schneller, effizienter – Untersuchungen halten den Baustoff für einen Game-Changer zur Bekämpfung des Klimawandels
Der klassische Bewehrungsstahl in Bauwerken aus Beton findet in mit Kunststoff gebundenen Carbonfasern eine Alternative. Vor allem das C³-Verbundforschungsprojekt – unter Führung der TU Dresden – hat in den letzten Jahren entscheidende Grundlagen für den Einsatz dieses High-Tech-Materials legen können. Neben der Verarbeitung von Carbon-Bewehrungsmatten, speziellen Zementrezepturen oder den Einsparpotenzialen in verschiedenen Bauteilen, ging es den über 140 beteiligten Firmen und Forschungsinstituten auch um die Nachhaltigkeit. Fest steht inzwischen, dass sich die nur wenige Millimeter starke Bewehrung effizient einbauen lässt. Deren absolute Korrosionsbeständigkeit sowie auch die geringere notwendige Betonüberdeckung sparen enorme Energiemengen bei der Herstellung – und reduzieren damit CO2-Emissionen sowie Transportkosten.
Nachdem vor einigen Tagen die Verstärkung von Stahlbeton mit Carbonbeton bauaufsichtlich zugelassen wurde, ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung der Revolution im Bauwesen erreicht. Durch den Einsatz des Verbundmaterials kann wesentlich schneller, schöner und effizienter gebaut werden. Für die Baubranche, den Immobiliensektor, den Denkmalschutz, aber auch unsere Umwelt ist dieser Aspekt schon jetzt und auch in Zukunft ein entscheidender Vorteil.
In einer Potenzialanalyse zum Thema „Carbon Concrete Composite“ konnten Studierende der HHL Leipzig Graduate School of Management die überaus vielversprechenden Marktperspektiven von Carbonbeton aufgezeigen und bestätigen. „Wir haben uns dieser Potenzialanalyse sehr gerne gewidmet, denn aus unserer Sicht Carbonbeton einen wichtigen Beitrag zu nachhaltigem, klimafreundlichem Bauen leisten kann. Der Baustoff hat das Potenzial zu einem echten Game-Changer in der aktuellen Debatte rund um Klimaschutz und Smart Cities, auch hier bei uns in Leipzig, zu werden“ - betont Henning Zülch, Professor an der HHL Leipzig und Leiter des Lehrstuhls für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung und fügt hinzu „Einmal mehr zeigen die Ergebnisse der Analyse, welch‘ großes Potenzial im Wissenschaftsstandort Sachsen steckt. Nun gilt es schnellstmöglich - vor dem Hintergrund des rasanten Klimawandels – gemeinsam mit der TU Dresden und dem C³-Verband Praxispartner zu finden, mit welchen weitere Bauprojekte umgesetzt werden können.“
„Wir wissen, dass Carbonbeton nicht alle Probleme der Welt lösen kann. Die Carbonbetonbauweise kann aber erheblich zur Ressourceneinsparung beitragen, denn Sand ist bereits heute ein knappes Gut. Dank der elektrischen und thermischen Leitfähigkeit von Carbon, die direktes induktives Laden und Heizen des Bauteils sowie Datenübertragung möglich macht, eignet sich Carbonbeton ideal für den Einsatz im Bereich Smart City“ – so Matthias Tietze, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU Dresden und kaufmännischer Geschäftsführer des C³-Verbandes.
Mit Carbonbeton kann schöner gebaut werden, weil Bauteile äußerst schlank und flexibel sowie frei formbar entworfen und hergestellt werden können. Schneller kann gebaut werden, da hierbei bis zu 50 % Bauzeiteneinsparung bei der Verstärkung erzielt werden kann. Effizienter gebaut werden kann, da zusätzlich und je nach Anwendung bis zu 12 % mehr Nutzungsfläche gewonnen werden kann. Durch die Korrosionsbeständigkeit von Carbon entfällt zudem die zusätzliche Betonschicht, die sonst als Schutz des rostanfälligen Stahls aufgebracht werden muss. Somit gewinnen Bauherren mehr Kapazitäten durch eine geringere Bauzeit, Mieter und Vermieter mehr Nutzungsraum, Denkmäler ein neues Leben und die Umwelt einen Moment zum Aufatmen. Vor allem für städtische Bauprojekte und in Anbetracht des herrschenden Wohnungsmangels ist Carbonbeton die Alternative mit sehr hohem Potenzial.
Über 100 Bauprojekte deutschland- und europaweit wurden bereits mit Carbonbeton umgesetzt. Die Einsatzgebiete erstrecken sich dabei von Hoch-, Tief- bis hin zum Ingenieurbau. Im Bereich des Neubaus findet Carbonbeton vornehmlich da Anwendung, wo eine Reduzierung des Gewichts oder der Bauteildicken sowie eine Erhöhung der Dauerhaftigkeit von Vorteil sind, beispielsweise bei Brückentragwerken, Brückenkappen, Fertigteilgaragen, Fassaden und Wänden in Büro- und Wohngebäuden aber auch Deckenplatten in Parkhäusern. In Dresden wird zudem das weltweit erste Gebäude aus Carbonbeton, der sogenannte CUBE gebaut.
Im Bereich der Sanierung wird Carbonbeton verwendet, wenn die Tragfähigkeit von Bauteilen erhöht werden soll und gleichzeitig geringe Schichtdicken, eine möglichst geringe Erhöhung des Bauteilgewichtes oder der Erhalt des Bauwerksvolumens gewünscht werden. Auch im Bereich des Denkmalschutzes, bei dem die Optik des Bauwerkes erhalten bleiben muss, kommt Carbonbeton zum Einsatz. Als Beispiel können die Sanierung von Brücken, Industrieanlagen und Gebäuden genannt werden. Sowohl Silowände, Kanäle, Deckenplatten, Stützen und Dächer von denkmalgeschützten Gebäuden wurden bereits mit Carbonbeton saniert.