05.02.2024
Das große Krabbeln: Kopfläuse sind in Kindereinrichtungen der Normalfall
Ein Kopflaus-Befall in Kindereinrichtungen ist völlig normal. Das macht eine Studie in Dresdner Kindertagesstätten und Grundschulen deutlich. Bisher ist die Datenlage zur Verbreitung und Häufigkeit des Parasiten unzureichend. Die Arbeit zweier Biologie-Studentinnen der TU Dresden zeigt nun, wie häufig die kleinen Blutsauger tatsächlich vorkommen und dass am Stigma schlechter Hygiene nichts dran ist. Helfen könnte bessere Aufklärung.
Krabbelt schon der Kopf?
Kopfläuse sind 2-3 Millimeter große Parasiten, die sich im Kopfhaar von Menschen einnisten, ihre Eier an die Haare kleben und sich von menschlichem Blut ernähren. Bei vielen Menschen löst das Thema direkt ein Unbehagen und Kopfkrabbeln aus, gerade wenn sie selbst oder die eigenen Kinder schon einmal von Läusen betroffen waren. In Kindereinrichtungen sind Kopfläuse eine Normalität, wie die Umfrage der Dresdener Biologiestudentinnen Patricia Cora Pusch und Luisa Kranich herausfand. Ursprung der Umfrage war die mangelnde Datenlage zur Verbreitung und Häufigkeit von Kopfläusen, obwohl der Befall mit der Kopflaus weltweit eine sehr häufig vorkommende Kinderkrankheit ist. Die Befragung zum Kopflausbefall an Kindereinrichtungen in Dresden sollte dazu beitragen, mehr Klarheit über die Verbreitung der Läuse zu bekommen. Die Studentinnen sendeten einen Fragebogen an alle 259 Kindertagesstätten und 74 Grundschulen in Dresden. Gefragt wurde, ob es einen Befall mit Kopfläusen im Jahr 2021, im Jahreszeitraum 2016 – 2020 und im Jahreszeitraum 2006 – 2015 gab. Die Antworten der teilgenommenen 15 Grundschulen und 44 Kindertagesstätten wurden anonymisiert ausgewertet.
Kopfläuse sind normal
Die Befragung ergab, dass rund 95 Prozent der Kitas und sogar 100 Prozent der Grundschulen zwischen 2006 und 2021 einen Läusebefall hatten, davon sogar rund 60 Prozent der Kitas und rund 87 Prozent der Grundschulen allein im Jahr 2021. Die Jahreszeit wirkte sich nicht auf die Häufigkeit aus.
Kinder in Schulen und Kindergärten haben den ganzen Tag über engen Kontakt beim Spielen in der Gruppe oder auf dem Pausenhof. Das macht es für Kopfläuse leicht sich zu verbreiten. Die hohen Zahlen in den Einrichtungen sind also nicht überraschend. Allerdings ist auch der falsche Umgang mit einem Befall eine Ursache für die hohe Häufigkeit. Wenn Kopfläuse nicht rechtzeitig erkannt oder falsch bzw. gar nicht behandelt werden, können sie sich sehr schnell verbreiten. Oft sind Unwissenheit und auch Scham bei Betroffenen ein Grund, denn Kopfläuse sind noch immer mit einem negativen Stigma behaftet. Hat jemand Kopfläuse, wird das direkt mit Unsauberkeit in Verbindung gebracht. Menschen ekeln sich und haben Angst, selbst befallen zu werden. „Dabei ist ein Kopflausbefall keine Folge mangelnder Hygiene“, betont Fabian Lander, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und pädiatrischer Infektiologe am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden. „Kopfläuse sind nicht durch Haarewaschen mit gewöhnlichem Shampoo zu beseitigen, sodass sie wirklich jeden treffen können.“ Betroffene Menschen verschweigen oft den Befall, weil sie mit negativen Reaktionen in ihrem Umfeld rechnen. Dabei sind Kopfläuse nicht nur sehr unangenehm, sondern können auch zu ernsthafteren Problemen führen, wenn nicht rechtzeitig und richtig gehandelt wird. „Typische Symptome wie Juckreiz auf Kopf und Nacken können bei starkem Befall durch das Aufkratzen zu offenen Stellen führen“, erklärt Fabian Lander. „Kopfläuse übertragen in Deutschland zwar keine Krankheitserreger, aber im schlimmsten Fall können bakterielle Superinfektionen in den Wunden entstehen“. Einhergehende Schlaflosigkeit und emotionale Anspannung können auch die psychische Gesundheit gefährden.
Müssen Kopfläuse dem Gesundheitsamt gemeldet werden?
Das Infektionsschutzgesetz in Deutschland sieht keine Meldepflicht für Kopfläuse vor. Lediglich die Gemeinschaftseinrichtungen müssen einen Befall dem Gesundheitsamt mitteilen. Wie ernst die Einrichtungen diese Pflicht nehmen, ist schwer zu ermitteln, sodass die Zuverlässigkeit und Vollständigkeit der Datenlage nicht ausreichend sind. Demnach gibt die Studie aus der TU Dresden nun einen ersten wichtigen Überblick.
Was tun? Einen kühlen Kopf bewahren, auch wenn’s krabbelt
Alle Eltern kennen wahrscheinlich die Meldung „Läusealarm“ aus den Einrichtungen ihrer Kinder. Dann sind sie dazu angehalten, ihr Kind zu untersuchen und gegebenenfalls zu behandeln. Dabei liegt die Verantwortung vollkommen bei den Eltern. Was ist also zu tun, wenn der Läuseverdacht besteht?
1. Der Läuse-Check
Nicht erst wenn der Verdacht besteht, sollten Eltern ihre Kinder auf Läuse untersuchen. Durch regelmäßiges Absuchen des Kopfhaars kann ein Läusefall schneller erkannt und behandelt werden. Bei einem Verdacht rät Fabian Lander, das angefeuchtete und mit einer Pflegespülung behandelte Haar mit einem Läusekamm zu untersuchen. Läusekämme gibt es in Apotheken und Drogerien.
2. Kopfläuse nicht verschweigen
Wenn tatsächlich Läuse entdeckt wurden, ist es in erster Linie wichtig, der Kindereinrichtung und allen engeren Kontaktpersonen Bescheid zu sagen. Kitas und Grundschulen können dann die anderen Eltern über den Läusefall informieren und evtl. eine Ausbreitung verhindern.
3. Die richtige Behandlung ist wichtig
Bei einem Befall ist es wichtig, die Behandlung möglichst bald durchzuführen und ernst zu nehmen. Die speziellen Anti-Läuse-Mittel aus der Apotheke wirken bei richtiger Anwendung sehr effektiv. Die hautverträglichen Lösungen, für die die Wirksamkeit nachgewiesen ist, enthalten Substanzen, welche Läuse zuverlässig abtöten. Dabei ist unbedingt die Anwendungsbeschreibung der Packungsbeilage zu beachten. Wichtig ist auch die Wiederholungsbehandlung nach ca. 10 Tagen, da unter Umständen nicht alle Lauseier bei der ersten Behandlung abgetötet werden und Larven nachschlüpfen können. Wenn eine Behandlung nicht erfolgreich war, liegt das oft an fehlerhafter Anwendung des Läusemittels. Laut Fabian Lander sind die häufigsten Fehler zu kurze Einwirkzeiten, zu sparsames oder ungleichmäßiges Aufbringen des Mittels, zu hohe Verdünnung des Mittels und fehlende Wiederholungsbehandlungen. Erst wenn die Behandlung erfolgt ist, dürfen die Kinder die Kindereinrichtungen wieder besuchen.
4. Auf Nummer sicher gehen
Kopfläuse sind auf menschliches Blut angewiesen, deswegen ist die Übertragung über leblose Gegenstände, wie Klamotten und Kuscheltiere weniger wahrscheinlich. Kinderarzt Lander empfiehlt trotzdem, Kleidung, Bettwäsche und Handtücher zu waschen. Zudem sollten Haarbürsten, -spangen und -gummis in heißer Seifenlösung gereinigt werden. Nicht waschbare Kuscheltiere können in einer luftdichten Plastiktüte an einem warmen Ort für drei Tage aufbewahrt werden, um die Kopfläuse sicher abzutöten.
5. Scham ablegen
Wie die Studie zeigt und auch Kinderarzt Fabian Lander bestätigt, sind Kopfläuse vollkommen normal und können bei allen auftreten. Behandelt man sie schnell und korrekt, ist man sie auch schnell wieder los. Das negative Stigma sollte abgelegt werden, indem man über das Thema spricht, sich informiert und aufklärt.
Kontakt:
Pressestelle der TU Dresden
Tel.: 0351 463-32398