04.05.2021
Das Phosphor-Rad sieht jeder
Das Lexos-Team der TUD hat nachleuchtende Folien für Fahrräder entwickelt
Heiko Weckbrodt
Einen neuen Pfad hin zu einer neuen Organikelektronik-Generation haben Prof. Sebastian Reineke und seine 20-köpfige »Lexos«-Gruppe (steht für »Light-Emitting and eXcitonic Organic Semiconductor«) vom Institut für Angewandte Physik (IAP) der TUD beschritten. Die Forscherinnen und Forscher haben wiederbeschreibbare Leuchtetiketten entwickelt, die für eine gewisse Zeit Firmengeheimnisse verstecken können, und organische Reifen- Beschichtungen, die Fahrräder in der Nacht stimmungsvoll leuchten lassen.
Dafür nutzen sie Phosphoreszenz- Effekte in speziell gestapelten organischen Schichten aus, in denen ein Leuchtstoff gegen die Außenluft abgeschirmt ist. Mit ultravioletten (UV) Strahlen schreiben sie auf den beschichteten Folien die gewünschten Texte und Grafiken. An den Stellen, an denen das UV-Licht eindringt, kommt es zu einer chemischen Reaktion von Sauerstoff in der Folie. In der Folge leuchtet das beschriebene Etikett an genau diesen Stellen – vergleichbar mit dem leuchtenden T-Shirt im Schwarzlicht der Disco. Sollen der leuchtende Text oder das Bild wieder gelöscht werden, muss das Etikett leicht erhitzt werden – damit öffnet sich die Außenbarriere und aus der Luft kann neuer Sauerstoff eindringen. Sprich: Die Etiketten lassen sich wiederholt beschreiben und löschen, wenn auch nicht für alle Ewigkeit.
»Wir haben da eine sehr robuste Lösung gefunden«, ist Prof. Sebastian Reineke überzeugt. »Einsetzen kann man solche Etiketten zum Beispiel in der Logistik. Damit kann ein Unternehmen zum Beispiel interne Informationen über einen Kunden, die nicht nach draußen dringen sollten, nur für ein paar Stunden auf einem Container oder Paket sichtbar machen.« Auch für wiederverwendbare Lebensmittelboxen seien neu beschreibbare Etiketten sinnvoll.
Nutzen lassen sich solche leuchtenden Etiketten aber auch als Dosimeter für Ultraviolett-Strahlung. »Das ist eine sehr preiswerte Lösung, beispielsweise um die Desinfektion in Krankenhäusern zu überwachen«, betont der Professor. Da gerade jetzt manche Kliniken auf UV-Licht setzen, um Corona- Viren loszuwerden, ist es für Pfleger, Krankenschwestern sowie Ärztinnen und Ärzte umso wichtiger, eine Garantie für ausreichende UV-Desinfektion der Geräte, Tische und Betten zu haben. Deshalb will das Lexos-Team demnächst eine Firma ausgründen, die ebensolche UV-Dosimeteretiketten herstellt und vermarktet.
Experimentiert hat die Lexos-Gruppe ebenso mit Nachleucht-Effekten an Reifen, die für mehr Verkehrssicherheit sorgen könnten: Solche selbstleuchtenden Fahrräder wären nämlich nachts von der Seite besser für Autofahrer sichtbar. Denn die Leuchtfolien wären – anders als Reflektorstreifen – auch dann sichtbar, wenn die Räder nicht im Lichtkegel eines Schweinwerfers stehen. In Deutschland seien solche Modifikationen im Straßenverkehr zwar verboten, räumt Sebastian Reineke ein. »In anderen Ländern lässt sich das womöglich besser vermarkten.«
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 08/2021 vom 4. Mai 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.