23.05.2023
Auftreten von Typ-1-Diabetes nach SARS-CoV-2 Infektion: Möglicher Zusammenhang entdeckt
Während der COVID-19 Pandemie zeigte sich eine starke Zunahme von Typ-1-Diabetes bei Kindern, auch in Deutschland. Weshalb die Inzidenz der chronischen Autoimmunerkrankung im Zuge der Pandemie zunahm, ist bislang ungeklärt. Ob es einen Zusammenhang zwischen der Infektion mit dem SARS-Cov-2 Virus und der Entwicklung von Typ-1-Diabetes gibt, untersuchten nun Forschende von Helmholtz Munich und der TU Dresden in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Dazu werteten Sie Daten von 1,1 Millionen kassenärztlich versicherter Kinder aus, die zwischen 2010 und 2018 in Bayern geboren wurden.
Studien hatten zwar bereits einen Anstieg der Typ-1-Diabetes Inzidenz während der COVID-19 Pandemie feststellen können, jedoch wurde bisher nicht zwischen Kindern mit und ohne SARS-CoV-2 Infektion unterschieden. Das Forschungsteam konnte nun neue Erkenntnisse gewinnen: Der Datensatz des KVB gibt Aufschluss darüber, ob an Typ-1-Diabetes erkrankte Kinder bisher COVID-19 hatten. Dies lässt Rückschlüsse auf einen zeitlichen Zusammenhang zwischen einer COVID-19 Erkrankung und dem Auftreten von Typ-1-Diabetes zu. Unter den in die Studie eingeschlossenen Kindern, die zu Beginn der Pandemie noch nicht mit Typ-1-Diabetes diagnostiziert wurden, hatten 16,6 Prozent zwischen Januar 2020 und Dezember 2021 eine COVID-19 Diagnose erhalten.
SARS-CoV-2 Infektion mit erhöhtem Risiko für Typ-1-Diabetes bei Kindern assoziiert
Die Ergebnisse der Forscher:innen stimmen zunächst mit anderen Beobachtungen aus Deutschland und weiteren Ländern überein: Das Auftreten von Typ-1-Diabetes bei Kindern zwischen 2 und 12 Jahren war im Zeitraum 2020 bis 2021 um 50 Prozent erhöht, im Vergleich zum Zeitraum 2018 bis 2019. Zusätzlich zeigen die Daten, dass im Zeitraum 2020 bis 2021 unter den Kindern mit COVID-19 Diagnose häufiger Typ-1-Diabetes auftrat. Nach einer SARS-CoV-2 Infektion hatten die Kinder ein um 57 Prozent erhöhtes Risiko, Typ-1-Diabetes zu entwickeln, im Vergleich zu Kindern ohne Infektion. Die Typ-1-Diabetes Inzidenz stieg dabei hauptsächlich im selben Quartal an, in dem die Kinder eine SARS-CoV-2 Infektion hatten, aber auch in den darauffolgenden Quartalen.
Ergebnisse deuten auf direkten Zusammenhang zwischen SARS-CoV-2 Infektion und Typ-1-Diabetes hin
"Wir sind vorsichtig mit der Interpretation unserer Ergebnisse, aber das Virus könnte entweder die dem Typ-1-Diabetes zugrundeliegende Entstehung der Autoimmunität begünstigen, oder eine bereits bestehende Autoimmunität verstärken und so die Zerstörung der insulinproduzierenden Beta-Zellen beschleunigen", erklärt Ezio Bonifacio, Letztautor der Studie und Gruppenleiter am Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD). Um den genauen Mechanismus aufzuklären, der hinter dem erhöhten Auftreten von Typ-1-Diabetes bei Kindern in Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2 Infektion steckt, seien daher weitere Studien notwendig.
Weitere Studien bereits in Planung
Mit der Globalen Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD) und der Fr1da-Studie hat das Team hinter der Studie Zugang zu prospektiven Kohorten von Kindern, die über mehrere Jahre hinweg beobachtet werden. "Wir möchten uns in diesen Kohorten anschauen, ob Inselautoantikörper und/oder eine Typ-1-Diabetes Diagnose verstärkt nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 vorkommen", sagt Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Helmholtz Munich Instituts für Diabetesforschung und Leiterin der Forschungsplattform GPPAD. Die Ergebnisse weiterer Studien sollen zudem die Frage beantworten, ob eine SARS-CoV-2 Schutzimpfung vorbeugend das Risiko für Typ-1-Diabetes bei Kleinkindern mindern könnte.
Informationen zur Förderung:
Diese Arbeit wurde durch ein Stipendium des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (FKZ01KX1818) gefördert.
Originalveröffentlichung:
Andreas Weiss, Ewan Donnachie, Andreas Beyerlein, Anette-G. Ziegler, Ezio Bonifacio: Type 1 Diabetes Incidence and Risk in Children With a Diagnosis of COVID-19. JAMA (May 2023), https://doi.org/10.1001/jama.2023.8674