24.06.2022
Warum bleiben so viele Wissenschaftlerinnen auf der Strecke? Nachwuchsforschungsgruppe GAP untersucht Geschlechter-Beteiligung in ESF-Forschungsprojekten
Aus welchen Gründen sind Frauen in der Forschungslandschaft immer noch stark unterrepräsentiert? Wieso wird der Anteil der Wissenschaftlerinnen geringer, je höher man in der Hierarchie aufsteigt? Oder anders gefragt – wie kann man das verändern?
Diesen und weiteren Fragen geht die Nachwuchsforschungsgruppe „Genderanteile in ESF-Projekten Hochschule und Forschung“ (GAP) auf den Grund. Denn schon bei der Verteilung der Fördermittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) fällt die ungleiche Beteiligung der Geschlechter auf. Hier wurde die angestrebte ausgewogene Geschlechterverteilung in der letzten Förderperiode des ESF (2014-2020) mit rund zwei Dritteln geförderter Männer gegenüber einem Drittel unterstützter Frauen signifikant verfehlt.
Die Technischen Universitäten Dresden, Chemnitz und Freiberg sowie die Hochschulen Mittweida und Zittau-Görlitz haben aus diesem Grund Wissenschaftler:innen entsandt, die interdisziplinär aufzeigen, welche Ursachen für die ungleiche Beteiligung der Geschlechter innerhalb des Systems der Hochschulen liegen. Anhand dieser Erkenntnisse werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die den ermittelten Ursachen innerhalb der Hochschulen bzw. Programme entgegenwirken sollen.
Erste Ergebnisse der Nachwuchsforschergruppe zeigen beispielsweise, dass Promovend:innen im Rahmen der Promotion mit vielen Hürden konfrontiert werden. Herausforderungen während der Promotion sind beispielsweise: unbezahlte Mehrarbeit; eine Doppelbelastung durch Pflege- und Betreuungstätigkeiten; befristete Verträge; die Diskrepanz zwischen realer Promotionsdauer und Laufzeit einer Promotionsförderung bis hin zu der Besetzung halber Stellen und dadurch entstehende geringen finanziellen Mittel. Während viele Männer trotz dieser Risikofaktoren eine wissenschaftliche Karriere verfolgen, kommen zahlreiche Frauen zu dem Schluss, dass die Anforderungen, die eine wissenschaftliche Karriere an sie stellt, nicht mit den Lebensentwürfen oder einer Familie zu vereinbaren sind. Diese Problematik wird teilweise durch Vorgesetzte mit einem traditionellen Rollenverständnis und einhergehenden Rollenanforderungen verstärkt, sowie durch das Phänomen, dass Frauen ihre Kompetenzen häufig geringer einschätzen als diese tatsächlich sind. Somit tragen die Rahmenbedingungen für Nachwuchswissenschaftler:innen für eine Tätigkeit im Wissenschaftssystem zur geschlechtsspezifischen Schieflage in der Wissenschaft bei.
„Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, eine gleiche Geschlechterbeteiligung an künftigen ESF-geförderten Projekten zu sichern und mögliche Barrieren für Frauen im Zugang zu Promotionsstipendien und Nachwuchsforschungsgruppen abzubauen. Die Handlungsempfehlungen hierfür erhält das Sächsische Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus Ende Juni.“ so Dr. Jana Pieper, Projektleitung der Forschungsgruppe GAP an der Fakultät Erziehungswissenschaften.
Die Projektlaufzeit wurde bis Ende des Jahres verlängert. Somit werden die Handlungsempfehlungen in Form von Workshops noch 2022 an die Hochschulen herangetragen, um sie durch Feedbackschleifen mit dem Hochschulpersonal praxisnah zu formulieren und sie zudem im System Hochschule zu implementieren.
https://tu-dresden.de/gsw/ew/forschung/nachwuchsforschungsgruppe-gap
Kontakt
Dr. Jana Pieper
Nachwuchsforschungsgruppe GAP
TU Dresden, Fakultät Erziehungswissenschaften
Tel. +49 351 463-37814