15.05.2025
Bewegungen der Erdkruste in Antarktika: Datensatz aus umfassender Auswertung geodätischer GNSS-Messungen veröffentlicht

GNSS-Kampagnenstation Pine Island Bay, Westantarktika.
Im Fachblatt Earth System Science Data wurde jetzt ein neuer, umfassender Datensatz zu Bewegungen der Erdoberfläche in der Antarktis vorgestellt. Unter der maßgeblichen Mitwirkung von TUD-Wissenschaftlern der Professur für Geodätische Erdsystemforschung wurden dafür Messdaten von geodätischen GNSS-Stationen in der Antarktis ausgewertet. Diese Stationen zeichnen die Signale von Global Navigation Satellite Systems (GNSS) mit Hilfe von speziellen Antennen und Empfängern auf, die dann im Postprocessing analysiert werden.
Ziel der Forschung ist es, geophysikalische Prozesse wie Plattenbewegungen, Erdbebenverformungen und insbesondere den sogenannten glazial-isostatischen Ausgleich (GIA) besser zu verstehen – also die langsame Verformung der Erdkruste nach dem Rückzug oder Vorstoß von Gletschern und damit der Massenänderung des gesamten Antarktischen Eisschildes. Das Ergebnis der aktuellen Arbeit ist ein neues, frei verfügbares Datenprodukt von Koordinatenzeitreihen mit bislang unerreichter räumlicher und zeitlicher Auflösung. Es stellt eine wichtige Grundlage für die Klimaforschung und die genauere Vorhersage des Meeresspiegelanstiegs dar, da GIA-Korrekturen entscheidend für die Interpretation von Satellitendaten zur Massenbilanz des Antarktischen Eisschildes sind.

Verteilung der GNSS-Stationen in Antarktika
Für die veröffentlichte Studie wurden erstmalig Messungen weitestgehend aller verfügbaren, antarktisweit verteilten GNSS-Stationen über einen Zeitraum von 1995 bis 2021 erschlossen und genutzt. Dafür initiierte der TUD-Wissenschaftler Mirko Scheinert gemeinsam mit Matt King von der University of Tasmania in Hobart (Australien) die Geodynamics In ANTarctica based on REprocessing GNSS dAta INitiative (GIANT-REGAIN), unterstützt durch das Scientific Committee on Antarctic Research (SCAR) und deren Expertengruppe Geodätische Infrastruktur in Antarktika (EG GIANT). Der Erfolg des Projekts war nur aufgrund dieser hervorragenden internationalen Zusammenarbeit im Rahmen von SCAR möglich, wodurch die Messdaten von den vielen verschiedenen nationalen Antarktisprogrammen zur Verfügung gestellt wurden.
Vier Analysezentren – TU Dresden, University of Tasmania (Australien), Ohio State University (USA) und Newcastle University (Großbritannien) – haben die Daten zuerst unabhängig voneinander mit verschiedener Software, aber nach einheitlichen Regeln ausgewertet, bevor eine gemeinsame, kombinierte Lösung abgeleitet wurde. Als wichtigstes Produkt der Studie stehen für 286 Stationen Zeitreihen von Punktkoordinaten mit den Nord-, Ost- und Vertikalkomponenten zur Verfügung, die bei PANGAEA, dem deutschen Repositorium für georeferenzierte Daten der Erdsystemforschung, frei heruntergeladen werden können.
Kontakt:
Dr. Mirko Scheinert
TU Dresden
Professur für Geodätische Erdsystemforschung
Tel.: +49 351 463 33683