Feb 06, 2014
Vermessung von einer Milliarde Sternen
Eine Milliarde Sterne will die Europäische
Weltraumorganisation (ESA) mit Unterstützung von Astronomen der
TU Dresden in den nächsten fünf Jahren vermessen. Am 19.
Dezember 2013 war die Raumsonde Gaia vom Weltraumbahnhof Kourou
in Französisch-Guayana gestartet, nun hat das Teleskop seine
Arbeitsbahn rund eineinhalb Millionen Kilometer von der Erde
entfernt erreicht und seine Arbeit aufgenommen.
„Die Gaia Mission ist in vielerlei Hinsicht spektakulär“, sagt
Prof. Michael Soffel vom Institut für Planetare Geodäsie der TU
Dresden. „Für rund eine Milliarde Sterne sollen Position,
Entfernung, Geschwindigkeit, Helligkeit, Farbe und Temperatur
vermessen werden. Für jedes Objekt werden rund 800
Einzelmessungen durchgeführt, und zwar mit einer bisher nicht
erreichten Genauigkeit.“ Für die helleren Sterne betrage die
Winkelmessgenauigkeit einige Mikrobogensekunden, das entspreche
dem Durchmesser einer Euro-Münze auf dem Mond von der Erde aus
gesehen. Gaia besitzt die größte Digitalkamera, die jemals ins
All geschickt wurde. Die 1000-Megapixel-Kamera ist 104 cm lang
und 42 cm hoch und mit 106 CCD-Sensoren ausgestattet. Bis zum
Ende der fünfjährigen Mission erwarten die Wissenschaftler eine
Datenmenge von mehr als einem Petabyte (eine Million Gigabyte),
was einer Datenmenge eines 50 Jahre dauernden Videos in
HD-Qualität entspricht. Ziel der Gaia-Mission ist ein Katalog
mit präzisen dreidimensionalen Positionen und Geschwindigkeiten
von einer Milliarde Sternen. Dieser kann dann als
astronomisches Referenzsystem, z.B. für die Bewegung der Erde
im Raum, dienen.
Prof. Sergei Klioner von der Professur Astronomie und
Lohrmann-Observatorium der TU Dresden ist einer der führenden
Wissenschaftler der Gaia-Mission. Seit 2007 ist er Mitglied des
siebenköpfigen zentralen wissenschaftlichen Gaia-Leitungsteams.
Sergei Klioner ist einer der weltweit führenden Theoretiker auf
dem Gebiet der Allgemeinen Relativitätstheorie. Für die
Gaia-Mission hat er ein neues relativistisches Auswertemodell,
welches auf Einsteins Theorie aufbaut, für Messgenauigkeiten im
Mikrobogensekundenbereich neu entwickelt und für die Auswertung
der Gaia-Daten praktisch umgesetzt. Seit 2006 ist er Leiter der
Gaia-Gruppe 'Relativistic Models and Tests'. Die Forscher der
TU Dresden sind bei der Gaia-Mission unter anderem für die
Synchronisation der Atomuhren des Gaia-Satelliten mit der
Atomzeitskala auf der Erde verantwortlich. Darüber hinaus
übernehmen sie die theoretische Ausarbeitung und praktische
Umsetzung der relativistischen Tests mit Gaia-Daten sowie
Aspekte der Qualitätssicherung des astrometrischen
Gaia-Katalogs.
Nach Ansicht der Wissenschaftler wird Gaia viele Bereiche der
Astrophysik revolutionieren: Die Gültigkeit der Einsteinschen
Gravitationstheorie wird ebenso einer Prüfung unterzogen wie
gängige Ansätze zu Ursprung und Evolution unserer Galaxie.
Zudem können mit den gewonnenen Daten die Eigenschaften von
sterbenden Sternen, Supernovae oder dunkler Materie, welche die
Galaxien zusammenhält, detailliert untersucht werden. Die
Forscher rechnen mit der Beobachtung von bis zu einer Million
Asteroiden in unserem Sonnensystem und tausenden neuen
extra-solaren Planetensystemen.
Unter Mitarbeit von Wissenschaftlern der TU Dresden ist eine
Reihe von Postern entstanden, welche alle Aspekte der
Gaia-Mission anschaulich erläutern. Sie können unter http://astro.geo.tu-dresden.de/GaiaPosters
abgerufen werden.
Informationen für Journalisten:
Prof. Michael Soffel
Tel.: 0351 463-34200