19.05.2009
60 Jahre Grundgesetz: Bürger in West und Ost sind stolz auf das Grundgesetz - und wollen trotzdem eine Verfassungsreform
Anlässlich des 60. Jahrestages der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 2009 haben Politikwissenschaftler des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung an der Technischen Universität Dresden (Prof. Dr. Hans Vorländer) und der Helmut-Schmidt-Universität (Universität der Bundeswehr) in Hamburg (Prof. Dr. Gary S. Schaal) eine repräsentative Bevölkerungsumfrage durchgeführt, die das Verhältnis der Deutschen zum Grundgesetz untersucht.
Dabei stellte sich heraus, dass die überwältigende Mehrheit der Deutschen stolz auf das Grundgesetz (74 Prozent) und die Freiheit und Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschlands ist (85 Prozent). Trotzdem wünschen sich 83 Prozent der Bürger eine
Überarbeitung des Verfassungstextes. Insbesondere unterstützen sie den Vorschlag, Deutsch als Sprache der Bundesrepublik im Grundgesetz zu verankern. Eine solche Ergänzung des Artikels 22 des Grundgesetzes unterstützen 85 Prozent der Befragten.
Die Ostdeutschen haben dabei insgesamt eine etwas schwächere emotionale Bindung an das Grundgesetz als die Westdeutschen. Während 77 Prozent der westdeutschen Bürger angeben, stolz auf das Grundgesetz zu sein, sagen dies in Ostdeutschland nur 65 Prozent. Angesichts dieser Zahlen überrascht es nicht, dass sich auch mehr Ost- als Westdeutsche eine grundlegende Überarbeitung des Grundgesetzes wünschen (23 Prozent vs. 14 Prozent). Allerdings zeigen die Ergebnisse, dass die Identifikation der Bürger aus den neuen Bundesländern mit der Verfassung überraschend hoch ist.
Das Grundgesetz ist auch wichtig für eine gemeinsame Identität von Ost- und Westdeutschen. So messen 66 Prozent der Westdeutschen und 63 Prozent der Ostdeutschen dem Grundgesetz eine große oder sehr große Bedeutung für das Gemeinschaftsgefühl bei.
Auch grundlegende Normen des Grundgesetzes werden mehrheitlich von den Deutschen unterstützt: so sprechen sich 78 Prozent der Befragten klar gegen Folter aus. 30 Prozent (West: 28 Prozent; Ost: 37 Prozent) befürworten jedoch die Einschränkung der Religionsfreiheit, indem sie ein generelles Bauverbot für Moscheen in Deutschland unterstützen.
Unter dem Eindruck der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise gehen jedoch die Einschätzungen von Ost- und Westdeutschen darüber auseinander, wie mit der Wirtschaft und großen Unternehmen umgegangen werden soll. 48 Prozent der Ostdeutschen (West: 41 Prozent) sind für die Verstaatlichung der Post; 62 Prozent der Ostdeutschen (West: 53 Prozent) sind für die Verstaatlichung der Energiewirtschaft; 47 Prozent der Ostdeutschen (West: 34 Prozent) sind für die Verstaatlichung des Bankensektors; 63 Prozent der Ostdeutschen (West: 53 Prozent) sind für die Verstaatlichung der Wasserversorgung.
Weitere Ergebnisse der Studie sind nachzulesen im Projektbericht unter http://tu-dresden.de/phf/zvd oder unter www.hsu-hh.de/politiktheorie. Nach Rücksprache mit den Autoren der Studie können die Daten gerne im Rahmen von Presse- oder Rundfunkberichten veröffentlicht werden.
Informationen für Journalisten:
Prof. Hans Vorländer,
Tel: 0351 463-35811,