03.08.2021
Helfer zu sein war Herzenssache
Vor etwa 50 Jahren: Studentenklubs und Dixieland-Festival – eine Nachbetrachtung
Mathias Bäumel
Schon mehrfach im Laufe der Jahre hat das UJ dargestellt, dass und wie früher Studentenklubs die Dresdner Jazzszene mitgestaltet hatten. Nicht nur an der TU Dresden, sondern auch an weiteren damaligen Dresdner Hochschulen (die infolge der politischen Wende 1989/1990 in die Uni integriert worden waren) hat es Aktivitäten von Jazzfreunden gegeben. Das betraf auch die Rolle von Studentenklubs für das Internationale Dixieland-Festival.
Angefangen hatte es klein, am Pfingstsonntag 1971. Der erste Jahrgang des von Stimme der DDR-Musikredakteur Erich Knebel und weiteren Musikfreunden gestarteten Festivals, einem Konzert mit Rundfunkübertragung, war nicht gerade ein Publikumsrenner; die Show fand im nur halb gefüllten Festsaal des Kulturpalastes statt.
Das jedoch änderte sich in den Folgejahren sehr schnell. Jazzenthusiast Frank Wache, von 1981 bis 1986 Programmchef der Interessengemeinschaft (IG) Jazz im Kulturbund und viele Jahre Bandbetreuer beim Dixieland-Festival, erinnert sich: »Der Veranstalter, damals der Sender Stimme der DDR, konnte das Bedürfnis des immer größer werdenden Publikums nach Konzerten und das der anwachsenden Musikantenschar nach Auftrittsorten nicht befriedigen. Studentenklubs, Initiativen und auch Betriebe sprangen ab 1973 in die Bresche und veranstalteten während der Festivalzeit eigene Konzerte und Jam Sessions, von denen dann – belegbar ab 1976 – immer wieder einige Teil des offiziellen Festivalprogramms wurden.« Das bereicherte Umfang und Vielfalt dieses immer opulenter werdenden Programms.
Solche Konzerte und Jam Sessions fanden in Studentenklubs der Hochschule für Verkehrswesen (HfV – Club Mensa, Gutzkow), der Pädagogischen Hochschule (PH – Pauker) und der TU Dresden (Bärenzwinger, Aquarium, Güntzclub, Zentraler Studentenclub der TU Dresden und weitere) in insgesamt bedeutender Zahl statt. Sie lassen sich als Teil des offiziellen Festivalprogramms bis 1988 (HfV) und 1990 (PH) nachweisen. Mit dem Bärenzwinger lief diese Art der Kooperation noch viel länger, nämlich bis 2002. Und von 2001 bis zum Jahr 2010 veranstaltete die TU Dresden gemeinsam mit dem Dresdner Studentenwerk und dem Dixieland-Festival im Audimax jährlich das teils von 2000 Dixie-Begeisterten besuchte »Dixie auf dem Campus«.
Beim heutigen Sichten alter Unterlagen wird also deutlich: Das Internationale Dixieland-Festival wurde auch schon in den 1970er- und 1980er-Jahren wesentlich von den Studenten und jungen Wissenschaftlern, Ingenieuren und Lehrern aus dem Umkreis Dresdner Hochschulen mitgetragen, die sich aktiv an Organisation und Durchführung des bald größten Dixieland-Ereignisses Deutschlands und Europas beteiligten. Frank Wache: »Wenn ich rein nach der Anzahl der Veranstaltungen und nicht nach der Zuschauerzahl gehe, haben die Veranstaltungen in Studentenclubs und den Großbetrieben in den besten Dixie-Festival-Zeiten zahlenmäßig bestimmt einen Anteil von mindestens 20 Prozent eingenommen.«
Eine stolze Größe, wenn man bedenkt, dass die Helfer in den Klubs, Hörsälen und Mensen (Abenddienste, Bandbetreuung, Transporte, Technik, Werbung, Probenbetreuung und weiteres) begeistert in der Freizeit und ohne Entgelt tätig waren und ihr Engagement zumeist als Herzenssache ansahen. Dass sie vielfach mit Hingabe bei der Sache waren, kann man auch an scheinbar unscheinbaren Aspekten erkennen. So entwarfen und produzierten beispielsweise Studenten des HfV-Klubs »Club Mensa« Plakate, die sowohl der Werbung für die Konzertabende im eigenen Klub dienten, die aber auch den beteiligten Musikern und Bandbetreuern als Souvenir, Dank und Erinnerung mitgegeben wurden. »Ich kann in meiner Plakatsammlung solche Souvenir-Poster verschiedener Motive für die Jahre 1981, 1983 und 1984 nachweisen«, so Frank Wache. Bemerkenswert, denn in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre waren Genehmigungen für den Druck von Plakaten keine Selbstverständlichkeit.
Jazzinstanz Frank Wache
Frank Wache ist seit Jahrzehnten Konzert- und Festivalbesucher sowie Platten- und CD-Sammler. Sein privates Jazzarchiv umfasst darüber hinaus sehr viele Jazzbücher und zahllose Dokumente wie Eintrittskarten, gedruckte oder vervielfältigte Programmfaltblätter, Plakate und Veranstaltungsrezensionen und -hinweise aus Tageszeitungen und Magazinen.
Von 1981 bis 1986 war Wache ehrenamtlicher Programmchef der Interessengemeinschaft (IG) Jazz im Kulturbund (aus der dann nach der Wende der Verein Jazzclub Tonne hervorging). Damit prägte er entscheidend das musikalische Profil dieses Klubs gerade in der Zeit unmittelbar nach dem Einzug in die Kellerräume des Kurländer Palais.
Beim Dixieland-Festival mischte er viele Jahre als Bandbetreuer mit. Von 1988 bis 1990 engagierte er sich ebenfalls ehrenamtlich überregional als stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgruppe Jazz bei der Zentralen Kommission Musik des Kulturbundes der DDR. In den letzten Jahren war er neben dem Autor Klaus Wilk maßgeblich an drei Jazzbüchern zum Jazz in Dresden beteiligt. Die Bücher über die Elb Meadow Ramblers, Dresdner Tanzsinfoniker und Konzertepisoden (Jazz Dresden Jazz) erschienen im Radebeuler Verlag NOTschriften.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 13/2021 vom 13. Juli 2021 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden.