18.06.2020
Dresdner Wissenschaftler untersuchen, wie wirksam die Immuntherapie bei Personen ist, die auf Birken- und Gräserpollen allergisch reagieren.
In zwei Promotionen soll außerdem getestet werden, ob und wie stark Allergiker unter Konzentrationsproblemen leiden.
Der Klimawandel verlängert das Leiden der Pollenallergiker. Denn der Zeitraum, in denen die Pollen unterwegs sind, hat sich deutlich ausgedehnt. Bereits am 31. Dezember 2019 wurden an der Pollenfalle der Dresdner Universitätsklinik Carl Gustav Carus erste Erlen- und Haselpollen ausgezählt, sagt Funktionsoberärztin Dr. Mandy Cuevas, die die HNO-Studienabteilung an der Dresdner Uniklinik leitet. Üblicherweise blüht die Haselnuss frühestens Ende Januar. Doch der Klimawandel sorgt für milde Winter und verlängert die gesamte Vegetationsperiode. „Das bedeutet für polivalente Pollenallergiker, die auf mehrere Pollenarten reagieren, dass mittlerweile nur noch der November als komplett beschwerdefreier Monat übrig bleibt“, so die Allergieexpertin Cuevas. Sie untersucht aktuell mit ihrem Team, welche Effekte die Immuntherapie auf die Patienten hat. Eine Studie mit Birkenpollenallergikern hat bereits in diesen Tagen begonnen. Eine Zweite, die sich der Behandlung von Allergien gegen Gräserpollen widmet, wird im August starten. „Wir suchen für beide Studienreihen noch Probanden zwischen 18 und 65 Jahren, die bereits positiv auf mindestens eine der beiden Pollenarten getestet wurden“, so Dr. Cuevas. Patienten, die sich an der Studie beteiligen möchten, sollten keine Betablocker oder ACE-Hemmer einnehmen.
Die Immuntherapie ist auf ein Jahr angelegt. Sie erfolgt randomisiert, das heißt, einige Probanden werden subkutan mit einem Placebo behandelt. Die Studienteilnehmer erhalten zudem ein Allergietagebuch als App auf ihr Handy, in dem sie täglich morgens und abends festhalten müssen, ob und in welcher Stärke Allergiesymptome auftreten. Dafür haben die Wissenschaftler einige kurze Fragen zusammengestellt. Ziel ist zu erfahren, in welchem Umfang sich der Körper durch das regelmäßige Verabreichen des Allergens in steigender Dosis an die Pollen gewöhnt und seine allergische Reaktion abschwächt. Während und nach der Studie werden die Patienten optimal überwacht.
Das Jahr 2020 ist für Allergiker nach Einschätzung von Dr. Mandy Cuevas kein gutes Jahr. Die Pollensaison hat nicht nur außerordentlich früh begonnen. Die in der Pollenfalle ermittelte Zahl der Allergene ist auch ausgesprochen hoch. So konnten an einigen Tagen im April bis zu 1750 Pollen je Kubikmeter Luft nachgewiesen werden. Die Pollen von Hasel, Erle, Birke und Co werden auf einem rotierenden Klebeband eingefangen. Unter dem Mikroskop erfolgt dann auf kleinen Flächen täglich die Auszählung der Blütenpollen, deren Gesamtkonzentration hochgerechnet werden kann.
Deutschlandweit steigt die Zahl der Heuschnupfenpatienten. Jeder Fünfte ist mittlerweile betroffen. Die Allergiker reagieren nicht auf die gesamte Polle, sondern beispielsweise bei der Birke auf das Majorallergen Bet v 1. Das Protein wird von den Pflanzen als Reaktion auf Stress gebildet, um Pilze und Bakterien abzuwehren. „Insofern liege die Vermutung nahe, dass ein größerer Stress für die Pflanzen durch Umweltfaktoren mit einer höheren Proteinkonzentration einhergeht, was sich auf die Intensität der allergischen Reaktion auswirkt“, so Dr. Cuevas. Das bestätigten zudem Studien, die zeigen, das Allergiker in ländlichen Regionen vielfach weniger starke Symptome entwickeln wie Betroffene in einem städtischen Umfeld.
In Zeiten von Corona geraten nicht wenige Allergiker in Erklärungsnot, wenn sie plötzlich niesen oder husten. Dabei sei es sehr zuverlässig möglich, eine Erkrankung mit dem Sars-Cov2-Virus von einer Allergie zu unterscheiden. „Deutlichstes Signal ist sicher das Fieber, das bei Allergien nicht auftritt“, so Dr. Mandy Cuevas. Sie seien vielmehr durch das wiederkehrende Niesen und das Jucken der Augen gekennzeichnet. Zur Pollenabwehr eignet sich der Mund-Nasenschutz, der zur Eindämmung der Covis-19-Pandemie empfohlen wird, übrigens nur begrenzt. Die Pollen können viele Gewebe durchdringen und auch darin hängen bleiben. Allergikern rät Dr. Cuevas deshalb, die Stoffmasken regelmäßig zu erneuern.
Teilnehmer, die sich an den Studien zur Immuntherapie gegen Birkenpollen- oder Gräserpollenallergie beteiligen wollen, melden sich bitte unter:
Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
HNO-Studienabteilung
Leitung Dr. Mandy Cuevas
Tel.: 0351 458 13506