Aug 13, 2007
Ingenieure und Mediziner der TU Dresden erforschen gemeinsam das Hören
Für zahlreiche wegweisende Arbeiten auf dem Gebiet der Anatomie des Trommelfells und des Mittelohres, u. a. für die Entwicklung von Gehörknöchelchenprothesen und implantierbaren Mikrofonen, sind sächsische Forscher in den letzten Jahren immer wieder ausgezeichnet worden. Erstaunlich ist trotzdem, wie viele Wissenslücken über den Aufbau und die Funktionsweise des menschlichen Hörorgans noch bestehen. Das Innenohr beispielsweise birgt noch zahlreiche Rätsel, deren genauer Erforschung sich seit zwei Jahren auch ein interdisziplinäres Forscherteam der TU Dresden widmet. Der Gruppe gehören sowohl Mitarbeiter des Instituts für Festkörpermechanik, des Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik, Mediziner der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des Dresdner Universitätsklinikums (alle TU Dresden) als auch Forscher des Hörforschungszentrums Tübingen an. Gemeinsam will man den Aufbau und die Funktionsweise des Innenohres modellieren, seine strukturdynamischen, strömungsmechanischen und elektrischen Eigenschaften abbilden. Die Weiterleitung des Schalls soll auf diese Weise genauer erklärt und so beispielsweise Schwerhörigkeit durch die Entwicklung neuartiger Implantate geheilt oder immerhin vermindert werden.
Die grundsätzliche Geometrie des Innenohres, das aus der Hörschnecke mit drei übereinanderliegenden und mit Flüssigkeit gefüllten Gängen und dem Gleichgewichtsorgan besteht, ist seit langem bekannt. Heute gibt es neue Erkenntnisse darüber, dass das Innenohr einen eigenen Verstärker besitzt. Die äußeren Haarzellen, welche in drei Reihen angeordnet sind, können die ankommende Flüssigkeitswelle im Innenohr bis auf das Hundertfache vergrößern. Eine wichtige Rolle sowohl bei der Stärkung durch die äußeren Haarzellen als auch bei der Signalweiterleitung durch die inneren Haarzellen spielen so genannte Stereozilien (Sinneshärchen), welche auf den Haarzellen angeordnet sind. Die Dresdner Wissenschaftler untersuchen nun, wie sich die Strömung an den Stereozilien verhält. Dafür müssen verschiedene Materialparameter der in Gruppen angeordneten, aus einzelnen Fasern bestehenden Härchen und ihrer Querverbindungen (Links) bestimmt und für die Modellierung vereinfacht werden.
Die eigentliche Modellierung erfolgt dann über verschiedene Skalen hinweg; im Größenbereich einzelner Stereozilien bis hinauf zur gesamten Hörschnecke. Mitarbeiter am Institut für Festkörpermechanik der TU Dresden entwickeln deshalb Techniken, mit denen es gelingen soll, die Vorgänge im Innenohr skalenübergreifend zu modellieren. Die Forscher erhoffen sich hier grundlegenden Erkenntnisgewinn; bisher reichen ihre Erklärungsmodelle nämlich nicht aus, um die beobachteten Phänomene exakt zu beschreiben. Die Entwicklung einer neuartigen Hörprothese ist darüber hinaus eine langfristige Motivation für die Forscher.
Weitere Informationen:
Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jürgen Hardtke,
Tel. 0351 463-37970,
E-Mail:
Priv.-Doz. Dr. med. h. c. Th. Zahnert,
Tel. 0351 458-4420,
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