28.11.2024
Internationale Wissenschaftsfreiheit verteidigen: Russland kriminalisiert die Osteuropaforschung
Als Netzwerk von Hochschulen mit einem wissenschaftlichen Schwerpunkt auf dem östlichen Europa sind wir sehr besorgt darüber, dass die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) am 26. Juli dieses Jahres vom Justizministerium der Russischen Föderation als „extremistische Organisation“ gelistet wurde. Die DGO ist der größte interdisziplinäre Verband von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im deutschsprachigen Raum, die sich mit Osteuropa beschäftigen. Die Listung hat tiefgreifende Folgen für die Arbeit der DGO. Sie ist aber auch ein direkter Angriff auf die Wissenschaft und betrifft damit auch unsere Hochschulen unmittelbar.
Personen, die mit der DGO zusammenarbeiten, drohen in Russland Haftstrafen bis zu zwölf Jahren. Damit ist die persönliche Freiheit von Forschenden akut gefährdet und die Forschung zu Russland-bezogenen Themen weiter eingeschränkt. Insbesondere für junge Osteuropa-Forschende hat dies schwerwiegende Konsequenzen für die wissenschaftliche Karriere. Die Listung zielt darauf ab, die unabhängige Forschung zu Russland weitgehend zu verhindern und betrifft aufgrund internationaler Vernetzungen die gesamte Osteuropaforschung. Die Listung der DGO ist somit ein Versuch, die internationale Wissenschaftsfreiheit einzuschränken.
Wir verurteilen diesen Angriff auf die internationale Wissenschaftsfreiheit und appellieren an alle Forschenden, Wissenschaftsverbände und akademischen Institutionen, sich mit der DGO solidarisch zu erklären. Wir stehen hinter den Mitgliedern der DGO und unterstützen sie dabei, die unabhängige wissenschaftliche Arbeit fortzusetzen, und so die Wissenschaftsfreiheit zu verteidigen.
Wir appellieren an die deutsche Politik, die Listung der DGO als „extremistische Organisation“ als einen unmittelbaren Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland und international anzuerkennen und entsprechend zu handeln. Der Staat ist aufgerufen, seine Schutzfunktion gegenüber der Wissenschaft wahrzunehmen. Erforderlich ist dafür ein Dialog mit Drittstaaten im russischen Einflussbereich, um Forschungsreisende zu schützen. Bestehende und neue Forschungskooperationen mit Staaten, die enge Beziehungen zu Russland pflegen, werden somit erheblich belastet. Nur mit einem entschiedenen Auftreten lassen sich derartige Angriffe auf die Wissenschaft entschärfen.
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Universität Bielefeld
Universität Bremen
Technische Universität Dresden
Europa-Universität Viadrina Frankfurt-Oder
Justus-Liebig-Universität Gießen
Universität Potsdam
Universität Tübingen