02.03.2015
Wichtiger Schritt zum Quantencomputer: Metalle auf atomarer Skala
In der jüngsten Ausgabe von "Nature Physics" berichten
Forscher aus Aachen und Dresden, dass sie elektrisch leitfähige
Kanäle auf den Kristalloberflächen topologischer Isolatoren
experimentell beobachten konnten. Die Kanäle sind weniger als
ein Nanometer breit und verlaufen entlang atomarer Stufen im
Kristallgitter. Die Forscher demonstrierten außerdem, wie
solche Stufen in beliebiger Anordnung erzeugt werden
können.
Topologische Isolatoren sind derzeit ein heißes Eisen der
Materialphysik. Das besondere an ihnen ist, dass sie
gleichzeitig als Isolatoren und als elektrische Leiter agieren
können. Während im Inneren der Kristalle ein elektrisch
isolierender Zustand herrscht, sind die Kristalloberflächen
elektrisch leitend. Dabei besitzen diese leitenden Oberflächen
ganz besondere physikalische Eigenschaften.
In der Ausgabe von Nature Physics vom 2. März 2015 berichten
Wissenschaftler der RWTH Aachen, des Forschungszentrums Jülich,
der TU Dresden und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und
Werkstoffforschung Dresden, wie sie erstmals winzige elektrisch
leitfähige Kanäle auf der Oberfläche beobachten konnten. Diese
wurden zudem theoretisch modelliert. In der jetzt
veröffentlichten Arbeit zeigen die Forscher an
Bismut-Rhodium-Iod-Kristallen, dass die Kanäle weniger als ein
Nanometer breit und an Stufen auf der Oberfläche gebunden sind.
Die Stufen entstehen, wenn ein Kristall zur Untersuchung
gebrochen wird, und sind nur wenige Atomlagen hoch.
Spektroskopische Untersuchungen haben gezeigt, dass diese
Nano-Kanäle räumlich und energetisch beständig sind.
Aufgrund der Eigenschaften topologischer Isolatoren nimmt man
an, dass der Strom innerhalb der Kanäle fast ungehindert
fließt, während ein Stromfluss von Kanal zu Kanal so gut wie
ausgeschlossen ist. Auf diese Weise stellt die Oberfläche
dieser Kristalle ein System elektrischer Drähte dar, das durch
den Verlauf atomarer Stufen vorgegeben ist. Da solche Stufen
mittels feiner Spitzen auch in beliebiger Anordnung geritzt
werden können, kann man den Verlauf der elektrisch leitenden
Kanäle nach Bedarf gestalten. Bei diesem kanalisierten
Stromfluss besteht die Besonderheit, dass im Idealfall keine
Streuungen am Atomgitter stattfinden und so Informationen
möglicherweise nahezu ohne Energieverlust transportiert werden
können. Das macht die topologischen Isolatoren interessant für
die Anwendung in der Spin-Elektronik und dem Quanten-Computing.
Voraussetzung dafür ist aber das tiefe physikalische
Verständnis der zugrunde liegenden Quanten-Phänomene.
Seit etwa einem Jahrzehnt arbeiten Wissenschaftler weltweit
intensiv an der Beschreibung und Untersuchung des Transports in
topologischen Isolatoren. 2013 war es dem Team um den
TUD-Chemiker Prof. Michael Ruck gelungen, erstmals die
Bismut-Rhodium-Iod-Kristalle zu züchten. Gemeinsam mit den
Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Festkörper und
Werkstoffforschung Dresden gelangten sie zu der Meinung, dass
diese Kristalle topologische Isolatoren mit elektrisch
leitenden Kanälen sein sollten. Diese Hypothese wurde von den
Aachener Wissenschaftlern nun bewiesen, wobei Berechnungen dazu
wiederum in Dresden erfolgten.
Veröffentlichung: C. Pauly, B. Rasche, K. Koepernik, M.
Liebmann, M. Pratzer, M. Richter, J. Kellner, M. Eschbach, B.
Kaufmann, L. Plucinski, C. M. Schneider, M. Ruck, J. van den
Brink, M. Morgenstern, Subnanometre-wide electron channels
protected by topology, Nature Physics, March 2015, DOI
10.1038/nphys3264
Foto 1 (siehe oben): Mikroskopische
Aufnahme des topologischen Isolators Bismut-Rhodium-Jod
(Bi14Rh3I9), in dessen Oberfläche die Buchstaben BiRhI als
künstliche atomare Stufen eingeritzt wurden. (Foto: M.
Morgenstern, RWTH Aachen)
Foto 2: Kristalloberfläche mit einer
Stufe, die als Elektronenkanal fungiert; links:
Raster-Tunnel-Mikroskopie-Aufnahme, rechts:
Raster-Tunnel-Spektroskopie. (Foto: C. Pauly, RWTH
Aachen)
Informationen für Journalisten:
Prof. Dr. Jeroen
van den Brink
IFW Dresden
Tel.: 0351 4659-400
Prof. Dr. Michael Ruck
TU Dresden
Tel.: 0351 463-33244
Prof. Dr. Markus Morgenstern
RWTH Aachen, II. Physikalisches Institut B
Tel.: 0241 80-27076