09.10.2015
Ein Bauplan für Hochstapler
Dr.-Ing. Sascha Heitkam wurde am 08.10.2015 in Heidelberg für seinen Beitrag „Ein Bauplan für Hochstapler“ mit dem Klaus Tschira Preis für verständliche Wissenschaft in der Kategorie Physik ausgezeichnet. Der Nachwuchswissenschaftler der TU Dresden löste mit seiner Dissertation ein 25 Jahre altes naturwissenschaftliches Rätsel.
Obsthändler stapeln Apfelsinenpyramiden vor ihren Geschäften, ein Kind packt so viele Glaskugeln wie möglich auf eine Hand und wenn man die Zuckerbüchse schüttelt, passt immer nochmal mehr rein. Dr.-Ing. Sascha Heitkam, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden, hat die Anordnung von Kugelstrukturen untersucht und dabei ein 25 Jahre altes naturwissenschaftliches Rätsel gelöst.
Fetttröpfchen, Luftblasen oder Metallkugeln – Bisher konnten Forscher in Experimenten beobachten, dass sich gleichförmige Kugeln um Energie zu sparen automatisch zu regelmäßigen, dichten Strukturen zusammenfinden anstatt ungeordnet aneinander zu liegen. Dabei können sich die kleinen Teilchen grundsätzlich in zwei möglichen Varianten anordnen: entweder A) kubisch-flächenzentriert oder B) hexagonal dicht gepackt. Sascha Heitkam ist es nun erstmals gelungen, mit Hilfe von Computersimulationen den Entstehungsprozess der wabenartigen Schichten am Beispiel von Schäumen zu untersuchen. Hierbei entdeckte er, dass sich kugelförmige Blasen nicht nur nach dem Kriterium der Energieeinsparung selbst ordnen, sondern auch die Stabilität der Anordnung eine Rolle spielt.
„Wissenschaftler verschiedenster Fachbereiche kennen seit etwa 25 Jahren das Phänomen, dass sich gleichförmige Kugeln um Energie zu sparen selbst organisieren und dabei eine bestimmte Strukturvariante bevorzugen. Warum gerade diese Variante bevorzugt wird obwohl sie keinen energetischen Vorteil bietet, gab uns bisher ein vieldiskutiertes Rätsel auf. Erst durch meine Computersimulation konnte ich mir den Entstehungsprozess der Kugelstrukturen genau anschauen und entdeckte, warum sich die Blasen im Metallschaum vorrangig kubisch-flächenzentriert anordnen. Nur in dieser Strukturvariante reihen sich die Kugeln durch die Ebenen hindurch säulenförmig aneinander und können die wirkenden Kräfte damit gezielt ableiten. In meiner Dissertation habe ich bewiesen, dass sich Kugelstrukturen nicht nur nach dem Kriterium der Energieminimierung, sondern auch nach der Stabilität des Strukturgebildes anordnen. Das Stabilitätsargument ist so simpel, dass es universell auf viele Kugelsysteme angewendet werden kann, auch wenn es zunächst vor allem für die Grundlagenwissenschaften relevant ist – und für Obsthändler, die ihre Orangenpyramiden besser kubisch flächenzentriert anstatt hexagonal stapeln sollten, damit ein vorbeilaufender Passant keine Kugellawine auslöst.“
Mit dem Klaus Tschira Preis werden seit 1997 Texte ausgezeichnet, die eine Doktorarbeit besonders spannend und verständlich wiedergeben. Jeder Nachwuchswissenschaftler, der im Vorjahr mit exzellenten Ergebnissen promoviert hat, kann sich bewerben. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. In der Kategorie Physik werden in diesem Jahr zwei gleichwertige Preise verliehen.
Über den Preisträger
Dr.-Ing. Sascha Heitkam (geb. 1984) studierte von 2005 bis 2009 Maschinenbau und Physik an der Technischen Universität Dresden. Für seine herausragenden Studienleistungen wurde er 2010 mit der Enno-Heidebroek-Urkunde sowie dem Festo-Bildungsfonds-Preis ausgezeichnet.
Seine Dissertation zum Thema „Numerische Simulation der Genese von Metallschäumen in elektromagnetischen Feldern“ fertigte er am Institut für Strömungsmechanik an der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden sowie am Laboratoire de Physique des Solides an der Université Paris Sud XI an. Die Arbeit wurde in Kooperation von Prof. Dr.-Ing.
Jochen Fröhlich sowie von Prof. Dr. Dominique Langevin betreut und 2014 mit “summa cum laude” bewertet. Seit 2015 bearbeitet Sascha Heitkam am Institut für Strömungsmechanik ein eigenes DFG-Projekt zum Strömungsverhalten von wässrigen Schäumen.
Der komplette Beitrag „Ein Bauplan für Hochstapler“ kann ab dem 8.10.2015, 19.30 Uhr hier abgerufen werden http://www.klaus-tschira-preis.info/sonderpublikation.php
Informationen für Journalisten:
Dr.-Ing. Sascha Heitkam
Tel.: 0351 463 34910
Handy: 01577.7364668
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