05.11.2012
Artikel zum weltweit ersten chemischen Mikroprozessor erschienen
Mitte dieses Jahres gelang es Prof. Andreas Richter vom
Institut für Halbleiter- und Mikrosystemtechnik und seinem
Team, einen Mikroprozessor zu entwickeln, der im Unterschied zu
den Mikroprozessoren der Computer keine elektronische
Information, sondern chemische Information in Form von
Chemikalienkonzentrationen verarbeitet. Ihre
Forschungsergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler jetzt
in der Zeitschrift "Lab on a Chip".
Das Schaltkreis-Konzept ähnelt verblüffend dem der
mikroelektronischen Prozessoren. Wie diese bestehen die
chemischen Schaltkreise aus übereinander gestapelten dünnen
Schichten aktiver Materialen. Allerdings kommen nicht dotierte
aktive elektronische Halbleitermaterialien wie Silicium zum
Einsatz, sondern besondere Polymere, die aber ebenfalls die
Basis für transistorähnliche Bauelemente bilden, die zu
tausenden in den Chip integriert sind. Diese „chemischen
Transistoren“ regeln keinen elektrischen Strom, sondern in
winzigen Mikrokanälen Materieflüsse.
Die chemischen Mikrochips sind die ersten echten
Lab-on-a-Chip-Mikroprozessoren, also eine Art Labor auf dem
Mikrochip. Sie benötigen im Gegensatz zu den bisherigen
Lab-on-a-Chips keinerlei externe Steuerung, da sie
vollautomatisch arbeiten und ausschließlich mit chemischer
Energie betrieben werden. Dabei können sie schon heute Aufgaben
bewältigen, bei denen die meisten bestehenden
Lab-on-a-Chip-Technologien trotz ihrer aufwändigen
Computersteuerungen passen müssen.
Die Wissenschaftler um Andreas Richter hoffen, dass ihr Konzept
perspektivisch eine Entwicklung anstößt, die vergleichbar mit
jener der elektronischen Mikroprozessoren ist, deren Einführung
Anfang der siebziger Jahre den Siegeszug der Mikroelektronik
einleitete.Die Zukunft ihrer chemischen Mikroprozessoren sehen
die Wissenschaftler im Bereich der Medizin, Umwelt,
Prozesstechnik und anderen Wissenschaftsbereichen. Dort
basieren viele, vielleicht die meisten Prozesse auf der
Verarbeitung von Materialien. Kann man diese Prozesse mit einem
„chemischen Computer“ durchführen oder berechnen, ergeben sich
noch gar nicht absehbare Möglichkeiten.
Als eine der ersten Anwendungen arbeiten die Wissenschaftler an Systemen, die die Analytik und medizinische Diagnostik unterstützen sollen. Man kann sich diese ähnlich einem Smartphone vorstellen, welches anhand eines Tröpfchens Körperflüssigkeit sofort feststellen kann, wie es dem betroffenen Menschen gesundheitlich geht, welche akuten Krankheiten er hat und was die nächsten notwendigen Maßnahmen sind.
Das Team von Prof. Andreas Richter arbeitet mit im Exzellenzcluster „Center for Advancing Electronics Dresden“ (cfAED). Ziel des cfAED ist die Erschließung neuer Wege für die Mikroelektronik der Zukunft.
Der chemische Mikroprozessor wurde auf der 4. International Conference "Smart Materials, Structures and Systems" in Montecatini Terme, Italien, präsentiert und ist nun ausführlich ausführlich in dem unten genannten Artikel beschrieben.
R. Greiner, M. Allerdissen, A. Voigt, A. Richter: Fluidic microchemomechanical integrated circuits processing chemical information.Lab Chip, 2012, 12 (23), 5034 – 5044, DOI: 10.1039/C2LC40617A
Fotodownload (Foto: Rinaldo
Greiner)
Informationen für Journalisten:
Prof. Dr.-Ing. Andreas Richter
Institut für Halbleiter- und Mikrosystemtechnik
Tel.: +49 (0) 351 463-32025, -36336, Fax: -37280