27.10.2014
Ein gemustertes Stück Rückenmark in 3-D-Kultur rekonstruiert
Das zentrale Nervensystem bei Wirbeltieren entwickelt sich
aus dem Neuralrohr, welches die Basis für die Differenzierung
in Rückenmark und Gehirn darstellt. Professorin Elly Tanaka und
ihre Arbeitsgruppe am DFG-Forschungszentrum für Regenerative
Therapien Dresden – Exzellenzcluster der TU Dresden (CRTD)
konnten erstmals in vitro ein dreidimensionales Stück
Rückenmark aus embryonalen Stammzellen der Maus ein wachsen
lassen. Es konnte eine korrekte räumliche Anordnung von
Motorneuronen, Interneuronen und dorsalen Interneuronen neben
den Zellen der Grundplatte gezeigt werden. Diese Studie ist
online am 30.10.2014 von der US-amerikanischen Fachzeitschrift
„Stem Cell Reports“ veröffentlicht worden. (http://dx.doi.org/10.1016/j.stemcr.2014.09.020)
Am CRTD erforscht Elly Tanaka mit ihrer Arbeitsgruppe seit
Jahren die vielfältige Regenerationsfähigkeit von Axolotln auf
molekularer Ebene. Die mexikanischen Schwanzlurche sind unter
anderem in der Lage, nach einer Verletzung ihr Rückenmark voll
funktionsfähig zu regenerieren. Säugetiere wie Menschen
besitzen diese Fähigkeiten nicht. Die Wiederherstellung des
Rückenmarks im Axolotl erfolgt in einer dreidimensionalen
Struktur, die einem embryonalen Rückenmark gleicht. Alle Zellen
im regenerierten Rückenmark wissen aufgrund ihrer Position im
Gewebe, welche Funktionen sie nach der Regeneration im Tier
übernehmen sollen. „Unsere Erkenntnisse über die
Regenerationsfähigkeit des Axolotls haben wir in dieser Studie
auf das Säugetier Maus angewandt“, erläutert Professorin Elly
Tanaka.
Vereinzelte embryonale Stammzellen der Maus wurden in einem
dreidimensionalen Gel eingebettet und wuchsen in einem
neuronalen Differenzierungsmedium, was zur klonalen Ausbildung
neuroepithelialer Zysten führte. Diese siedelten sich im
Mittel- und Hinterhirn entlang der neuronalen Achse an. „Unser
Ziel war es jedoch, Rückenmark in vitro zu generieren“,
berichtet Dr. Andrea Meinhardt, Postdoc am CRTD. „Dazu haben
wir bereits am zweiten Tag der dreidimensionalen
Zell-Kultivierung Retinolsäure dem Kulturmedium zugesetzt.“
Diese Behandlung führte einerseits dazu, dass die neuralen
Zysten in das Rückenmark verschoben wurden und zum anderen zur
Bildung eines lokalen Signalzentrums, das für die Entwicklung
der verschiedenen Zelltypen des Rückenmarks verantwortlich ist.
„Wir konnten hiermit das erste Mal in vitro den Aufbau eines
typischen embryonalen Neuralrohrs rekonstruieren“, so Andrea
Meinhardt. „Mit dieser Studie sind wir der Idee ein
dreidimensionales Rückenmarksstück für die Transplantation beim
Menschen zu konstruieren, einen winzigen Schritt näher
gekommen“, sagt Elly Tanaka.
Publikation:
Andrea Meinhardt1, Dominic Eberle1, Akira Tazaki1, Adrian
Ranga4, Marco Niesche2, Michaela Wilsch-Bräuninger3, Agnieszka
Stec1, Gabriele Schackert2, Matthias Lutlof4, Elly M.
Tanaka1,3
3D reconstitution of the patterned neural tube from embryonic
stem cells.
Stem Cell Reports (http://dx.doi.org/10.1016/j.stemcr.2014.09.020)
1 DFG-Research Center for Regenerative Therapies Dresden –
Cluster of Excellence, TU Dresden, Germany
2Faculty of Medicine, Neurosurgery Department, TU Dresden,
Germany
3Max Planck Institute of Molecular Cell Biology and Genetics,
Dresden, Germany
4Laboratory of Stem Cell Bioengineering, Institute of
Bioengineering, Ecole Fédérale de Lausanne, Switzerland
Foto: Der konfokale Querschnitt durch eine dreidimensionale
Zyste zeigt die Bodenplatte (grün), die sich durch die Zugabe
von Retinolsäure ausgebildet hat. Des Weiteren konnte die
Ausbildung von Motorneuronen (weiß) als auch von Interneuronen
(rot) nachgewiesen werden. In vitro erhielten die Dresdner
Forscher die typische Musterung, die auch im Rückenmark des
Embryos zu sehen ist. ©CRTD/Andrea Meinhardt
Informationen für Journalisten:
Birte Urban-Eicheler
Pressesprecherin DFG-Forschungszentrum für Regenerative
Therapien Dresden – Exzellenzcluster an der TU Dresden
Tel.: 0351 458-82065
http://www.crt-dresden.de