17.02.2015
Dresdner Forschern gelingt Transplantation von Nebennierenzellen im Bioreaktor
Ist die Funktion der Nebenniere gestört, produziert sie
nicht ausreichend stressregulierende Stoffe. Die Folge sind
schwere und oft lebensbedrohliche Erkrankungen. Weil die
Medizin bisher nur beschränkt Hilfe bietet, entwickelten
Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan R. Bornstein
vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus gemeinsam mit dem
Medizinnobelpreisträger Prof. Dr. Andrew Schally im Tiermodell
ein künstliches Nebennierensystem. Dieses soll zukünftig beim
Menschen die Transplantation von Nebennierenzellen möglich
machen. Davon profitieren sollen Patienten mit
Nebennierenversagen, aber auch angeborenen
Nebennierenkrankheiten wie dem Adrenogenitalen
Syndrom.
Steht ein Mensch unter Stress, schüttet sein Körper
Stressregulierer aus. Das sind Cortisol, Adrenalin und
Noradrenalin - Hormone und Botenstoffe -, die regulierend in
den Stoffwechsel eingreifen und so dem Organismus helfen, die
außergewöhnliche Belastung zu bewältigen. Cortisol hat hier
eine entscheidende Bedeutung für den Kohlenhydrathaushalt, den
Fettstoffwechsel sowie den Proteinumsatz. Produziert werden
diese Hormon- und Botenstoffe in den Nebennieren, die darum als
zentrale Stressorgane gelten. Durch eine Unterfunktion der
Nebenniere, die sogenannte Nebenniereninsuffizienz, vermindert
sich die Produktion der Stressregulierer und das normale
Gleichgewicht im Stoffwechsel ist gestört. Ein Zustand, der
gravierende Folgen für die Gesundheit hat und sogar
lebensbedrohlich sein kann. Genauso verschlechtern angeborene
Störungen bei der Hormonbildung die Lebensqualität der
Betroffenen deutlich. Ein Beispiel ist der
21-Hydroxylasemangel, die häufigste Form des Adrenogenitalen
Syndroms, bei dem die Betroffenen eine starke Vermännlichung
aufweisen.
Bislang bietet die Medizin bei solchen Störungen nur
eingeschränkt Hilfe: „Die Therapie besteht derzeit im Ersatz
der fehlenden Hormone“, sagt der Nebennierenexperte Prof. Dr.
Stefan R. Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik III am
Dresdner Universitätsklinikum. „Dies entspricht aber nicht der
komplexen und natürlichen Ausschüttung der Hormone im
Tagesverlauf.“ Die Dresdner Forscher setzen gemeinsam mit dem
amerikanischen Nobelpreisträger Prof. Andrew Schally - von der
Miller School of Medicine der University of Miami - auf einen
anderen Therapieansatz: Die Transplantation von
hormonproduzierenden Nebennierenzellen aus einem Spenderorgan.
Nur sie könnte eine permanente und damit natürliche
Ausschüttung der Hormone möglich machen. Die Forscher entnahmen
Nebennierenzellen von Rindern, bereiteten sie in einem
aufwendigen Verfahren auf, um Lebensdauer und Funktion der
Zellen zu erhöhen, und transplantierten diese schließlich in
Ratten. Das Experiment gelang, die Zellen nahmen im
Empfängerkörper die regelmäßige Hormonproduktion auf.
Und auch der entscheidende nächste Schritt glückte: Die
Forscher gaben die Zellen vor der Transplantation in eine
kleine Kapsel, ein künstliches Nebennierensystem, das sie
schließlich dem Empfänger einpflanzten. Der Vorteil: Das
künstliche System ― entwickelt von einem israelischen
Unternehmen ― macht eine Immunsuppression beim Empfänger
überflüssig. Die Kapsel schützt die Spenderzellen vor den
Angriffen des Immunsystems, lässt aber die Hormone durch die
halbdurchlässigen Wände in den Körper des Empfängers
passieren.
Für Professor Bornstein ist damit ein wichtiger Schritt auf dem
Weg zum künstlichen Nebennierensystem für den Menschen
gelungen: „Unsere Vision ist, dass Menschen zukünftig sogar
Nebennierenzellen einer anderen Art transplantiert bekommen,
wie beispielsweise vom Schwein. Die Kapsel schafft die
biotechnische Voraussetzung dafür, denn sie trennt die
Spenderzellen vom Körper des Empfängers und überträgt
ausschließlich die für den Stoffwechsel wichtigen Hormone.“ Im
Blick für eine zukünftige Transplantation haben die Dresdner
Patienten mit Nebenniereninsuffizienz, aber auch mit
angeborenen Krankheiten wie dem 21-Hydroxylasemangel.
Die Forschungsergebnisse aus Dresden wurden jetzt unter dem
Titel „Transplantation of bovine adrenocortical cells
encapsulated in alginate“ in der renommierten Fachzeitschrift
Proceedings of the National Academy of Sciences, PNAS,
veröffentlicht (doi:10.1073/pnas.1500242112).
Informationen für Journalisten:
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Technische Universität Dresden
Medizinische Klinik und Poliklinik III
Prof. Dr. med. Stefan R. Bornstein
Tel.: +49 0351 458-5955, Fax: -6398
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