Aug 06, 2013
Weniger Konflikte, mehr Partnerschaft: TUD-Wissenschaftler entwickelt neue Vergütungsform für die Baubranche
Eine neue Vergütungsform für die Baubranche kann künftig für
eine gerechtere Risikoverteilung zwischen Auftraggeber und
Auftragnehmer und damit ein geringeres Konfliktpotenzial
sorgen. Dr. Christian Flemming vom Institut für
Baubetriebswesen der TU Dresden entwickelte im Rahmen seiner
Promotion den sogenannten Partnerschaftlichen
Einheitspreisvertrag.
Bei einem Einheitspreisvertrag, wo die Vergütung je
Leistungseinheit festgelegt wird, hängt der Endpreis vom
tatsächlichen Umfang der erbrachten Leistungen ab – im
Gegenteil zum Pauschalpreisvertrag. In der Realität des
Baugeschäfts kommt es nur selten genauso wie geplant. Oft sind
die Arbeiten aufwändiger als gedacht, manchmal wird weniger
Material gebraucht. Das Ergebnis sind entweder höhere Kosten
für den Auftraggeber oder aber Verluste für die ausführende
Firma.
Beispiel Betonfundament: Der Bauherr will es von einer Firma
gießen lassen und kalkuliert mit 100 m³ Beton, die dafür
benötigt werden. Beide Vertragspartner einigen sich auf einen
Einheitspreis von 120 Euro pro Kubikmeter. Darin eingerechnet
sind allerdings nicht nur die bloßen Material- und
Arbeitskosten, sondern auch Fixkosten, zum Beispiel für das
aufsichtführende Personal wie den Bauleiter. Werden dann
weniger Kubikmeter Beton als geplant verbaut, sind die
Fixkosten nicht mehr gedeckt, die Baufirma macht Verluste. Wird
jedoch mehr Beton benötigt, muss der Auftraggeber auch
zusätzliche Fixkostenanteile zahlen, obwohl diese eigentlich
gleich geblieben sind. Das birgt Konfliktpotenzial, das sich
dank der neuen Vergütungsform des TUD-Wissenschaftlers nun
entschärfen lässt.
„Eigentlich ist es recht einfach“, sagt Dr. Christian Flemming.
„Bei der Preiskalkulation müssen die variablen Kosten und die
fixen Kosten getrennt werden.“ Am Beispiel des Betons hieße
das: Pro Kubikmeter wird wieder ein Einheitspreis für die
reinen Material- und Arbeitskosten festgelegt, zum Beispiel 100
Euro. Die Vergütung erfolgt dann anhand der tatsächlich
benötigten Menge Beton. Für die Fixkosten wird eine Pauschale –
der "Fixpreis" – veranschlagt, in diesem Fall von 2.000
Euro. „So ist sichergestellt, dass die Fixkosten gedeckt sind
und bei Mengenabweichungen keine der Vertragsparteien
benachteiligt wird“, erklärt der Wirtschaftsingenieur.
Private Auftraggeber können diese partnerschaftliche Variante
des
Einheitspreisvertrages gleich anwenden. Das dazu gehörige
Kalkulationsverfahren hat Christian Flemming ebenfalls in
seiner Promotion entwickelt. In einem Lehrbuch, das im Internet
unter www.einheitspreisvertrag.de kostenlos zur Verfügung
steht, wird das Kalkulationsverfahren Schritt für Schritt
erklärt. Zudem gibt es auf der Seite ein
Online-Kalkulationsprogramm. Auch für öffentliche Auftraggeber,
die an die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)
gebunden sind, ist der Partnerschaftliche Einheitspreisvertrag
eine Alternative. „Die VOB sieht zwar nur die beiden
Möglichkeiten Einheitspreisvertrag oder Pauschalpreisvertrag
vor, allerdings ist der
Partnerschaftliche Einheitspreisvertrag eine Kombination von
beiden. Ich halte ihn daher für VOB-konform“, sagt der
Wissenschaftler.
Die neue Vergütungsform muss jetzt noch bei denen bekannt
werden, die sie anwenden sollen. In den nächsten Wochen und
Monaten will Christian Flemming das Verfahren bei den
Branchenverbänden und auf Fachtagungen vorstellen.
Ausführliche Informationen zum Partnerschaftlichen
Einheitspreisvertrag gibt es unter
www.einheitspreisvertrag.de.
Informationen für Journalisten:
Dr. Christian Flemming
Tel.: 0351 463-34278