17.09.2013
OncoRay-Gebäude feierlich eingeweiht - Neues Domizil für exzellente Forschung
Mit dem symbolischen Einschalten des Protonenbeschleunigers
(Zyklotron) weihten heute (17.9.13) die
Bundesforschungsministerin Prof. Johanna Wanka und der
Sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich gemeinsam das
neue Domizil des „Nationalen Zentrums für Strahlenforschung in
der Onkologie – OncoRay“ auf dem Campus der Dresdner
Hochschulmedizin ein. Im vorfristig fertiggestellten Neubau
arbeiten künftig rund 150 Ärzte und Wissenschaftler an der
Strahlentherapie der Zukunft. Voraussichtlich Mitte 2014 werden
parallel zu den Forschungsvorhaben die ersten Krebspatienten
behandelt. Die Trägerinstitutionen der wissenschaftlichen
Einrichtung „OncoRay“ – das Universitätsklinikum Carl Gustav
Carus, die gleichnamige Medizinische Fakultät der Technischen
Universität Dresden sowie das Helmholtz-Zentrum
Dresden-Rossendorf (HZDR) – haben sich mit dem Ziel
zusammengeschlossen, eine neue Dimension einer schonenden
Strahlentherapie zu erschließen: In der weltweit einmaligen
Forschungs- und Entwicklungsplattform wird in den kommenden
Jahren der Einsatz von Protonen in der Krebstherapie
patientennah und jenseits kommerzieller Zwänge
weiterentwickelt.
„Ich freue mich, dass sich OncoRay weltweit zu einem
herausragenden Standort für Strahlenforschung in der Onkologie
entwickelt hat. Ich bin sicher: Das neue
Protonentherapiezentrum wird die Strahlenforschung in Dresden
voranbringen. Damit sind wir einen wichtigen Schritt weiter in
der Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen“, sagte
Bundesforschungsministerin Prof. Johanna Wanka. Mit der Auswahl
des OncoRay-Antrags als „Zentrum für Innovationskompetenz“
legte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
vor mittlerweile elf Jahren den Grundstein für das
Forschungsvorhaben, das weiterhin auch mit Mitteln des Bundes
gefördert wird.
„Wir in Sachsen betreiben Spitzenforschung nicht aus reinem
Selbstzweck. Das OncoRay-Forschungszentrum verdeutlicht das
eindrücklich. Innovative Entwicklungen kommen hier umgehend
denen zugute, die Hilfe brauchen: Menschen, die an Krebs
erkrankt sind“, sagte der Sächsische Ministerpräsident
Stanislaw Tillich. „Das Forschungszentrum ist ein bedeutendes
Aushängeschild für den Biotechnologie- und
Medizintechnikstandort Sachsen. Viele Hände ziehen dort an
einem Strang im Kampf gegen Krebs, damit die Strahlentherapie
noch erfolgreicher und gleichzeitig schonender wird.“
Der Freistaat förderte vor allem die bauliche Hülle der neuen
Forschungsein-richtung: Im Rahmen der 2008 ausgelobten
Landesexzellenzinitiative konnte sich der OncoRay-Antrag
durchsetzen. Stärke dieses Projekts ist die enge Zusammenarbeit
mehrerer wissenschaftlicher Einrichtungen sowie die umfassende
Verknüpfung von Grundlagenforschung und Krankenversorgung: Zu
dem jetzt eingeweihten Forschungsgebäude gehören
selbstverständlich Behandlungs- und Untersuchungsräume. Die
Protonentherapieanlage wird gleichberechtigt zu therapeutischen
und wissenschaftlichen Zwecken genutzt werden.
„Die Protonentherapieanlage ist für das Universitätsklinikum
ein weiterer wichtiger Baustein, um seinen hervorragenden Ruf
in der Krankenversorgung auszubauen. Vor allem die frühe
Ausrichtung auf eine interdisziplinär und auf höchstem
wissenschaftlichem Niveau angelegte Behandlung von
Krebspatienten hat dazu beigetragen, dass die Dresdner
Hochschulmedizin heute zur Spitzengruppe zählt – auf nationaler
wie auf internationaler Ebene. Damit konnten wir das Vertrauen
unserer Förderer auf Bundes- und Landesebene gewinnen. Wir sind
stolz darauf, dieses Vertrauen nun rechtfertigen zu können:
Ohne die bei solchen Vorhaben üblichen Nachträge wurde der
hochkomplexe Bau mit seinen räumlich und finanziell eng
gesetzten Grenzen vorfristig fertig gestellt“, sagt Prof.
Michael Albrecht, der als Medizinischer Vorstand des
Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Bauherr der Anlage ist.
Zudem übernimmt das Klinikum den Großteil der
Anschaffungskosten der Protonentherapieanlage.
„Das OncoRay-Zentrum forscht seit seiner Gründung intensiv
daran, die Strahlentherapie weiterzuentwickeln. Der Einsatz von
Protonenstrahlen wird dabei künftig eine wichtige Rolle
spielen. Denn sie sind besonders effizient und schonen dennoch
den Patienten. Mit dem neuen Forschungsgebäude und der
Protonentherapieanlage als Herzstück verfügen wir nun über eine
Infrastruktur, die in dieser Konstellation weltweit einmalig
ist. Davon profitieren auch die Patienten der Region. Mit der
Protonentherapie wird die die Klinik für Strahlentherapie und
Radioonkologie ihre bereits heute herausragenden Möglichkeiten
bei der Versorgung von Tumorpatienten nochmals entscheidend
erweitern. Das Onco-Ray Zentrum hat dazu in zehn Jahren ein
einzigartiges Modell geschaffen, das alle Stufen medizinischer
Entwicklung enthält; das heißt von der Grundlagenforschung bis
zur Anwendung beim Patienten“, sagt Prof. Michael Baumann,
Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am
Dresdner Uniklinikum sowie Direktor des OncoRay-Zentrums und
des Radioonkologieinstituts im HZDR.
„Die moderne Protonentherapie benötigt exzellente Mediziner und
Physiker gleichermaßen. Sie wird sich in der Krebstherapie nur
durchsetzen, wenn es gelingt, einerseits kompakte Beschleuniger
dafür zu entwickeln und andererseits die Strahlen in Echtzeit
zu überwachen. Im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
erforschen wir, wie wir mit intensivem Laserlicht Protonen
beschleunigen können. Außerdem entwickeln wir gemeinsam mit
Physikern am OncoRay ein neuartiges Abbildungsverfahren für die
im Körper deponierte Strahlung. Damit wollen wir gewährleisten,
dass die Protonen die Krebszellen vollständig vernichten und
gesundes Gewebe weitgehend schonen“, sagt Prof. Roland
Sauerbrey, Wissenschaftlicher Direktor des Helmholtz-Zentrums
Dresden-Rossendorf.
Arbeitsplätze für 150 Wissenschaftler und ihre Mitarbeiter
Bisher waren die Wissenschaftler, Ärzte und ihre Mitarbeiter
auf mehrere Standorte des Hochschulmedizin-Campus und des HZDR
verteilt. In dem neuen, vom Dresdner Architekturbüro Woerner
und Partner entworfenen Gebäude können sie nun im direkten
Kontakt zusammenarbeiten. Dazu steht ihnen eine Fläche von
knapp 2.000 Quadratmetern zur Verfügung. Rund die Hälfte davon
nehmen die insgesamt 56 Büros ein. Hinzu kommen gut 600
Quadratmeter für 15 Labors sowie rund 250 Quadratmeter für
insgesamt sechs Konferenz- und Besprechungsräume. Auf das
Herzstück des Forschungskomplexes – die Protonentherapieanlage
– entfallen nochmals 1.460 Quadratmeter. So ist zum Beispiel
die aufwändige Technik auf rund 550 Quadratmetern
untergebracht, während der Therapieraum lediglich 101
Quadratmeter misst. Deutlich größer fällt die Experimentalhalle
mit rund 250 Quadratmetern aus.
Dresdner Projekt verbindet Krankenversorgung mit Forschung
Mit der Protonentherapie als innovativer Form der
Strahlenbehandlung von Krebspatienten bietet das
Universitätsklinikum gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät
und dem HZDR Spitzenmedizin, die derzeit in Deutschland auf
universitärem Niveau nur in Heidelberg und seit Mai diesen
Jahres auch in Es-sen sowie weltweit an rund 30 Krankenhäusern
verfügbar ist. Damit festigt die Dresdner Hochschulmedizin ihre
Position in der Spitzengruppe der auf die Erforschung und
Behandlung von Tumorleiden fokussierten Institutionen. Vorteil
der ersten Protonentherapieanlage Ostdeutschlands ist, dass
Patienten dank der vielfältigen und praxisnahen
Forschungsprojekte am Dresdner OncoRay-Zentrum frühzeitig von
weiteren Innovationen dieser noch neuen Therapieform
profitieren werden. Das ist ein wesentlicher Grund für
Klinikum, Fakultät und HZDR, sich für diese durch die
Europäische Union, Bund und Freistaat geförderte
Millioneninvestition zu entscheiden. Ziel ist es, den Einsatz
der Protonentherapie auf weitere Krebsarten auszuweiten.
Derzeit übernehmen die Krankenkassen die Behandlungskosten bei
bestimmten Tumoren – beispielsweise im Gehirn, an der
Schädelbasis oder bei Tumoren im Kindesalter.
Neben der hunderte Tonnen schweren, auf elektromagnetischen
Feldern beruhenden Protonen-Beschleunigungsanlage werden die
Wissenschaftler von HZDR und OncoRay im selben Gebäudekomplex
eine neue Technologie erproben, durch die der technische
Aufwand für die Protonentherapie deutlich sinken wird: Sie
nutzen hochintensive Laserstrahlen, um die Partikel auf die
notwendige Geschwindigkeit zu bringen. Ziel ist es, künftig die
Kosten für Bau und Unterhalt dieser Therapieanlagen drastisch
zu reduzieren. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass alle
Patienten, die diese schonende Behandlungsform benötigen, auch
von ihr profitieren können. Das Nebeneinander eines
konventionellen und eines laserbasierten Protonenbeschleunigers
wird weltweit einmalig sein – das Dresdner Kompetenzzentrum
etabliert sich damit als Referenz- und Kristallisationspunkt
weiterer Forschungen auf diesem Gebiet.
Das HZDR ist eines der führenden Zentren bei der Erforschung
von laserbe-schleunigten Protonenstrahlen. Die Rossendorfer
Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren auf diesem
Gebiet sehr viel Erfahrung gesammelt und am Hochleistungslaser
DRACO zehntausende Male energiereiche Ionenstrahlen mit
Laserlicht erzeugt. Jetzt geht es darum, die Energie der
Strahlen so zu steigern, dass sie weit genug in den Körper
eindringen und Krebszellen zerstören können. Dafür ist ein noch
leistungsstärkeres Lasersystem nötig, das das HZDR gegenwärtig
entwickelt und am Standort Dresden-Rossendorf aufbauen
wird.
Protonen – auf den Tumor fokussierte Kräfte schonen Patienten
Ziel jeder Strahlentherapie ist es, das Tumorgewebe zu
zerstören oder so stark zu schädigen, dass es nicht mehr
unkontrolliert wächst. Bisher werden hierzu vor allem
ultraharte Röntgenstrahlen von Linearbeschleunigern eingesetzt:
Die dafür verwendeten Photonen entfalten ihre therapeutische
Wirkung jedoch nicht nur im Tumor selbst, sondern bereits auf
ihrem Weg durch den Körper zur Krebsgeschwulst und auch
dahinter. Protonen dagegen können so eingesetzt werden, dass
sie auf dem Weg zum Tumor nur wenig Energie abgeben. In dem
bösartig veränderten Gewebe dagegen entfalten sie ihre volle
Kraft. Den Protonenstrahl können die Therapeuten so formen,
dass die Protonen das hinter der Krebsgeschwulst liegende
gesunde Gewebe nicht mehr schädigen. In dieser Hinsicht sind
die Protonen in ihrer medizinischen Wirkung den heute
standardmäßig eingesetzten Photonen deutlich überlegen.
Allerdings gilt es, den medizinischen Gewinn dieser wesentlich
teureren Behandlungsform für jede der verschiedenen Tumorarten
gegenüber der heutigen Strahlentherapie zu überprüfen. Dies
geschieht in aufwändigen, streng kontrollierten klinischen
Untersuchungen. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen
wird die Protonentherapie nur bei einem Teil der
Tumorerkrankungen sinnvoll sein.
Informationen für Journalisten:
OncoRay
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Pressestelle
Holger Ostermeyer
Tel.: 0351 458-4162
www.oncoray.de
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Kommunikation und Medien
Dr. Christine Bohnet
Tel.: 0351 2602450
www.hzdr.de