29.10.2013
Dresdner Forschern gelingt mit künstlichem Pankreas Durchbruch in der Diabetestherapie
Weltweit zum ersten Mal setzten Diabetesforscher des
Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, das Partner im
Deutschen Zentrum für Diabetesforschung ist, erfolgreich ein
künstliches Pankreassystem zur Behandlung eines Patienten mit
Typ-1-Diabetes ein. Dazu implantierten sie einem Patienten
einen Bio-Reaktor mit menschlichen Inselzellen, die dort rund
ein Jahr zuverlässig Insulin produzierten. Das von Professor
Dr. Stefan R. Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik III
des Dresdner Uniklinikums, geleitete Forscherteam publiziert
die Ergebnisse der erfolgreichen Therapie nun in der
renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift Proceedings of the
National Academy of Sciences (PNAS 2013;
doi:10.1073/pnas.1317561110).
Die neuartige Therapie und das Pankreassystem könnten die bei
Transplantationen notwendige Immunsuppression überflüssig
machen. Allerdings bedarf es weiterer Studien, bevor eine
größere Zahl an Patienten von dieser innovativen Therapie
profitieren kann.
Zum ersten Mal weltweit wurde am Dresdner Universitätsklinikum
einem Patienten mit Typ-1-Diabetes ein künstliches
Pankreassystem eingepflanzt, in dem Inselzellen wie in der
Bauchspeicheldrüse (Pankreas) das lebenswichtige Insulin
produzieren. Rund ein Jahr blieb der kleine Bio-Reaktor in Form
einer flachen Dose im Körper des Patienten. Seine Besonderheit:
Das künstliche Pankreassystem ― entwickelt von einem
israelischen Unternehmen ― macht anders als bei sonstigen
Organ- und Gewebetransplantationen die Immunsuppression
überflüssig. Denn es schützt die Spenderzellen vor Angriffen
des Immunsystems, lässt jedoch umgekehrt das Insulin in den
Körper gelangen. Prof. Bornstein, Direktor der Medizinischen
Klinik und Poliklinik III am Dresdner Uniklinikum: „Das ‚Ei des
Kolumbus‘ ist dabei die kontrollierte Sauerstoffversorgung der
Zellen, die dadurch aktiv bleiben.“ Prof. Bornstein ist
überzeugt, dass das neue System die Diabetestherapie zukünftig
revolutionieren kann.
Damit könnten zukünftig sogar insulinproduzierende Zellen vom
Schwein eingesetzt werden, ohne vom menschlichen Organismus
abgestoßen zu werden. „Müssen die Empfänger von Spenderzellen
nicht mehr lebenslang Immunsuppressiva nehmen und könnte man
das Problem der fehlenden Spenderorgane umgehen, könnten viel
mehr Menschen mit Diabetes als bisher von einer
Inselzelltransplantation profitieren“, so der Dresdner
Diabetes-Experte.
„Der weltweit erste Einsatz eines Bio-Reaktors bei einem
Diabetespatienten ist ein weiterer Beleg für die erfolgreiche
Verknüpfung von Spitzenmedizin und Wissenschaft in Dresden. Sie
ist Frucht einer Strategie, deren Fundament mit der Gründung
der Dresdner Hochschulmedizin vor nunmehr genau 20 Jahren
gelegt wurde“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer
Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus. „Diese
beeindruckenden Ergebnisse verdeutlichen unseren Anspruch,
Grundlagenforschung zu Gunsten von Patienten umzusetzen ― eines
der Hauptziele der Medizinischen Fakultät in Dresden“, so Prof.
Dr. Heinz Reichmann, Dekan der Medizinischen Fakultät Carl
Gustav Carus der Technischen Universität Dresden.
Für den Medizin-Nobelpreisträger Prof. Andrew V. Schally von
der Miller School of Medicine der University of Miami, der im
Forschungsverbund mit den Dresdnern steht, hat dieser Erfolg
„historische Bedeutung“. Denn für Menschen mit Typ-1-Diabetes,
die trotz medikamentöser Therapie an lebensbedrohlichen
Schwankungen ihres Zuckerhaushalts leiden, stellen die
Pankreas-Organ- sowie die Inselzell-Transplantation derzeit die
einzigen Möglichkeiten dar, um die insulinproduzierenden
Beta-Zellen zu ersetzen. Beide Optionen bringen eine deutlich
verbesserte Diabetes-Kontrolle und Lebensqualität für die
Betroffenen. Doch die dauerhafte Einnahme von Immunsuppressiva
macht anfällig für Infektionen oder andere mögliche
Nebenwirkungen wie ein erhöhtes Krebsrisiko. Darum kam die
Behandlung bislang nur für Menschen in Betracht, die ganz
spezielle medizinische Kriterien erfüllen.
Dr. Barbara Ludwig hat 2008 das Inselprogramm an der
Medizinischen Klinik
und Poliklinik III am Dresdner Universitätsklinikum aufgebaut,
das seitdem deutschlandweit das einzige aktive Zentrum für die
Inseltransplantation ist. Im Zentrum von Dr. Ludwigs
Forschungsarbeit steht die Verbesserung der Qualität der
Inselzellen. Das künstliche Pankreassystem hat sie zunächst
umfassend zusammen mit israelischen Kollegen an Tiermodellen
erprobt, bevor es erstmals klinische Anwendung fand. Die
Ergebnisse dieser Forschungsarbeit wurden gerade in der
hochrangig eingestuften Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of
the National Academy of Sciences) publiziert: PNAS 2013;
doi:10.1073/pnas.1317561110.
Bevor jedoch mehr Menschen vom Dresdner Forschungserfolg
profitieren können, sind weitere Studien und Entwicklungen
notwendig. „Wir schätzen, dass das System in fünf Jahren eine
Therapieoption in der Behandlung des Diabetes sein wird“, so
Professor Bornstein.
Eine 3-D-Animation des Bioreaktors steht unter
http://www.youtube.com/playlist?list=PLxfoFLLl3pz8a4-EERSw4-6kHSdChCeO_
Informationen für Journalisten:
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Technische Universität Dresden
Medizinische Klinik und Poliklinik III
Prof. Dr. med. Stefan R. Bornstein
Tel.: +49 0351 458-5955
Fax: +49 0351 458-6398