04.07.2019
Physik-Nobelpreisträger Takaaki Kajita eröffnet Teilchenbeschleuniger im Dresdner Felsenkeller
Dem Inneren von Sonne und Sternen auf der Spur
Was geht im Inneren der Sonne und den anderen unzähligen Sternen des Universums vor? Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler weltweit. Bislang konnten sie jedoch nur an zwei Orten mittels Experimenten Antworten darauf bekommen. Nach zwei Jahren Bauzeit wurde nun eine dritte Forschungsstätte eingeweiht: Am 4. Juli ging das gemeinsam von Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und TU Dresden errichtete Felsenkeller-Labor in Betrieb. Die Forschungsstätte, gelegen am südwestlichen Stadtrand von Dresden in einem ehemaligen Lager der Felsenkeller-Brauerei, wurde in Anwesenheit des Physik-Nobelpreisträgers Prof. Takaaki Kajita von der Universität Tokio eröffnet.
„Der Untertage-Beschleuniger im Felsenkeller wird ein entscheidendes Instrument sein, um die Entstehung der Elemente im Universum zu verstehen und bessere Vorhersagen über den Neutrinofluss von der Sonne zu treffen. Da diese Maschine Wissenschaftlern aus aller Welt offen steht, kann die gesamte Gemeinschaft der nuklearen Astrophysik von ihr profitieren. Als Neutrino- und Gravitationswellenphysiker freue ich mich daher sehr auf neue Daten aus dem Felsenkeller Untergrund-Teilchenbeschleuniger“, erklärte Kajita zur Eröffnung des unter einer 45 Meter dicken Felsdecke gelegenen Ionenbeschleunigers. Das Dresdner Labor ist erst das zweite dieser Art in Europa und das dritte weltweit. „Wir sind damit in der Lage, fundamentale Prozesse, die in allen Sternen ablaufen, zu simulieren“, ergänzte Dr. Daniel Bemmerer vom HZDR, technischer Leiter des Felsenkeller-Labors.
Mit der Eröffnung schließt sich ein Kreis. Zum Richtfest des Felsenkellerlabors vor fast genau zwei Jahren, am 28. Juni 2017, hielt der ebenfalls 2015 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnete Prof. Arthur B. McDonald aus Kanada den Festvortrag. Kajita und McDonald waren für ihre Entdeckung, dass durch Reaktionen im Inneren der Sonne freigesetzte, winzige Elementarteilchen sich auf ihrem Weg zur Erde in eine andere Teilchenfamilie umwandeln, die sogenannte Neutrino-Flavour-Oszillation, ausgezeichnet worden.
Angespornt von dieser Entdeckung, bemühen sich seither Physiker weltweit, das Modell der Sonne zu verbessern, um präzisere Voraussagen über die Zahl der von der Sonne ausgesendeten Neutrinos, also vor der Oszillation, zu erhalten. Hierzu werden unter anderem die Kernreaktionen aus dem Innern der Sonne im Labor nachgestellt. Weil diese Reaktionen sehr langsam ablaufen, können sie nur in besonders abgeschirmten Beschleunigerlabors unter Tage untersucht werden. Das Stollen-Gestein bildet einen natürlichen Schild gegen die kosmische Höhenstrahlung, die die Erde im Sekundentakt mit Teilchen bombardiert. „Da das unsere Messungen verzerrt, können wir die Experimente nicht an der Erdoberfläche durchführen“, erläuterte Kai Zuber, Professor für Kernphysik an der TU Dresden und wissenschaftlicher Leiter des Labors.
Die Zusammenarbeit der Physiker Zuber und Bemmerer im Labor des Felsenkellers ist ein Beispiel für die gelebte Vernetzung Dresdner Wissenschaftseinrichtungen im Verein DRESDEN-concept.
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