Sep 18, 2013
Schonende Holzernte auf sechs Füßen
Wissenschaftler der TU Dresden haben zwei Spezialmaschinen
entwickelt, mit denen auch in eigentlich unbefahrbaren
Waldgebieten eine mechanische Holzernte möglich ist, ohne den
Waldboden stark zu schädigen. Erdacht und konstruiert wurden
sie an der Professur für Forsttechnik unter der Leitung von
Prof. Jörn Erler am Standort Tharandt. Am 1. und 2. Oktober
werden der Portalharvester und der Flachlandseilkran bei den
Thementagen des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik
(KWF) in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Die Ideen stammen
ursprünglich von Christian Knobloch, ehemaliger
Maschinenbau-Student im Fach Technisches Design und nun
Doktorand an der TU Dresden. Die technische Umsetzung erfolgte
gemeinsam mit Industriepartnern.
Die neue Technologie ist vor allem für nasse bis moorige Wälder
in der Ebene ausgelegt. Sie sind für schwere Maschinen kaum
befahrbar, zudem verursachen diese oft immense Schäden am
Waldboden. Leichtere Maschinen, die mit den Gegebenheiten
besser zurechtkommen, sind dafür weniger wirtschaftlich. Mit
Hilfe der beiden neu entwickelten Maschinen der
TUD-Wissenschaftler ist es künftig möglich, eine schonende,
sichere und wirtschaftliche Holzernte auch in sensiblen
Waldgebieten mechanisch durchzuführen. „Konzeptionell halten
wir an der gängigen Zweiteilung der Prozesse fest“, sagt Prof.
Jörn Erler. „Der Harvester fällt, entastet und schneidet das
Holz zu. Dieses wird dann mit einer geeigneten Technik
gerückt.“
Der Portalharvester basiert auf einem völlig neuen patentierten
Bewegungsprinzip. Er fährt nicht, er schreitet auf insgesamt
sechs Beinen, verteilt auf zwei Standbasen. Die beiden
Standbasen sind durch eine zehn Meter lange Überfahrbrücke
verbunden, auf der sich der Oberwagen mit Kabine, Kran und
Motor bewegen und eine rund 500 Quadratmeter große Fläche
bearbeiten kann. Soll der Standort verlagert werden, zieht er
die Brücke ein, schwenkt sie nach vorn und verlegt sie wieder
neu. Die sechs Füße sind austauschbar und können so den
unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten angepasst werden. Der
Bodenkontakt beschränkt sich auf weniger als ein Prozent der
bearbeiteten Waldfläche, was den Einsatz des Portalharvesters
äußerst bodenschonend macht.
Für das Rücken haben die Wissenschaftler das Prinzip des
europäischen Seilkrans mit stehendem Tragseil weiterentwickelt.
Der „Flachlandseilkran“ unterscheidet sich von bisher
verwendeten Seilkränen dadurch, dass er unabhängig von
natürlichen starken Bäumen arbeiten kann, also ohne
Sattelbäume, Endbaum und sogar ganz ohne natürliche Anker
auskommt. Das Tragseil wird zwischen dem Hauptmast auf dem
Trägerfahrzeug und dem Endmast in fast 16 Metern Höhe gespannt.
Darauf fährt der ebenfalls neu entwickelte Laufwagen, der das
Holz so hoch hebt, dass ein Schleifen über den Waldboden
vermieden wird. Dieses Verfahren ist nicht nur technisch
effizienter, sondern auch ökologisch verträglicher als das
konventionelle Schleiftragen.
„Portalharvester und Flachlandseilkran können unabhängig
voneinander eingesetzt werden“, erklärt Prof. Jörn Erler. „Ihre
besondere Stärke entfalten die Maschinen aber gemeinsam.“ Bei
den KWF-Thementagen werden die Neuentwicklungen den neugierigen
und kritischen Fragen der Praxis ausgesetzt.
Informationen für Journalisten:
Prof. Jörn Erler
Institut für Forstnutzung und Forsttechnik
Tel.: 035203 3831301