Apr 11, 2012
Mehr Umverteilung, mehr regionale Ungleichheit
Transferzahlungen an unterentwickelte Regionen in einem Land
erhöhen langfristig die regionale Ungleichheit. Diese
provokante These hat jetzt ein Wissenschaftler der TU Dresden
erstmals empirisch belegt. „Transferzahlungen zum Beispiel im
Rahmen des Länderfinanzausgleichs können genau das Gegenteil
von dem eigentlich erwünschten Effekt bewirken“, sagt Dr.
Christian Leßmann von der Professur für Finanzwissenschaft der
TU Dresden.
Für seine umfassende Analyse von 17 OECD-Ländern wird Christian
Leßmann mit dem Wolfgang-Ritter-Preis 2012 der gleichnamigen
Stiftung in Bremen ausgezeichnet. Der Preis ist mit 20.000 Euro
dotiert und wird in diesem Jahr zwischen Dr. Christian Leßmann
und Dr. Christian Schultz (Universität Potsdam) geteilt. Der
Wolfgang-Ritter-Preis ist einer der höchstdotierten Preise für
Nachwuchsforscher in den Wirtschaftswissenschaften.
Transferzahlungen erhöhen paradoxerweise die Ungleichheit
zwischen den Regionen, weil die Finanzhilfen den natürlichen
Konvergenzprozess zwischen Regionen verhindern. „Die
entscheidende Frage ist, wie regieren die Menschen in den
Regionen, die vom Staat finanzielle Hilfen bekommen“, sagt
Christian Leßmann. Ohne Transfers würden Wanderungsbewegungen
zwischen den Regionen die Unterschiede nivellieren. Mit den
Zahlungen an arme Regionen werden diese natürlichen
Anpassungsprozesse jedoch gehemmt, so dass die Ungleichheit
bestehen bleibt oder gar zunimmt. Daher plädiert Christian
Leßmann dafür, auf solche Transferzahlungen weitgehend zu
verzichten, zugleich den Regionen jedoch mehr Steuerautonomie
zu gewähren. „Dies wird die Ungleichheit langfristig
reduzieren, hat aber eben auch zur Folge, dass die
Bevölkerungsdichte in unterentwickelten Regionen
abnimmt.“
Das Zusammenspiel von wirtschaftlicher Entwicklung und
regionaler Ungleichheit in einem Land ist das
Spezialgebiet von Christian Leßmann. Seit 2007 arbeitet der
34-Jährige an der TU Dresden. Seine Ergebnisse zu regionalen
Unterschieden in den OECD-Ländern sind Teil seiner Dissertation
„Föderalismus, regionale Ungleichheiten und Entwicklung“, die
im Jahr 2011 erschienen ist und bereits mit dem Georg Helm
Preis 2011 und dem Dr. Feldbausch Preis 2011 der TU Dresden
ausgezeichnet wurde.
Der Wolfgang-Ritter-Preis wird am 18. April 2012 im Bremer
Rathaus verliehen.
Informationen für Journalisten:
Dr. Christian Leßmann
Professur für Finanzwissenschaft der TU Dresden
Tel.: 0351 463-32895