Feb 02, 2012
Mittelalterliche Wurzeln heutiger Spiele erforschen
Das Institute for Advanced Study in Princeton, eines der angesehensten Forschungsinstitute der Welt und bereits Wirkungsstätte von Albert Einstein, Robert Oppenheimer, Clifford Geertz, Andreas Alföldi oder Ernst H. Kantorowicz, zeichnet mit Dr. Jörg Sonntag erstmals einen Mediävisten der TU Dresden mit einem hoch dotierten dreimonatigen Membership aus.
Dr. Jörg Sonntag, der in Dresden und Marburg mittelalterliche Geschichte und Theologie studierte und, gefördert durch ein Promotionsstipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung, im Jahr 2007 an der TU Dresden promovierte, ist seit 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Forschungsstelle für Vergleichende Ordensgeschichte (FOVOG-Dresden).
Im Rahmen eines durch ihn eingeworbenen Drittmittelprojekts der DFG befasst er sich momentan mit einem bislang kaum bekannten Phänomen: mit Mönchen und Nonnen als Erfindern und Vermittlern gesellschaftlicher Unterhaltungsspiele im Mittelalter. Dr. Jörg Sonntag ist überzeugt, dass gerade das Ordenswesen, das essentielle Bedürfnisse der Gesellschaft aufgriff und reflektierte, die entscheidenden Weichen für die vormoderne und in gewisser Weise auch für die moderne Kultur von Sport und Spiel legte. Weil vor allem die Ordensleute Spielelemente verschiedenen kulturellen Ursprungs und deren theologische wie soziale Grundaussagen adaptierten, sie den Gegebenheiten des Klosterlebens anpassten, transformierten und sie – auf einem neuen, christlichen, Level – für die Welt bedeutvoll und nachvollziehbar machten, produzierten sie Spiele als Träger europäisch-christlicher Kultur. So erklärten Ordensleute nicht nur das Funktionieren der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung am Beispiel des Schach- oder Kartenspiels. Wie sich etwa ein König, eine Königin oder ein Metzger zu verhalten hatte, konnte man in zahlreichen moralisierenden Spieltraktaten nachlesen. Auch erfanden Mönche beispielsweise die Vorform des heutigen Tennis, indem sie das zumeist blutige Fußballspiel in ein gewaltfreies, im Kreuzgang geübtes Rückschlagspiel (Jeu de paume) umwandelten, das als Ausweis hohen sozialen Prestiges rasch an den Fürstenhöfen Europas Karriere machte.
Während seines Aufenthalts in Princeton wird Dr. Jörg Sonntag sein Buch fertig stellen, das auf der Basis des Spiels sowie an der Schnittstelle von Sozialanthropologie, Kultur- und Religionswissenschaft ein neues Verständnis des Mittelalters und seiner Kommunikationsstrukturen ermöglichen soll.
Er wird ab September 2012 für drei Monate in Princeton forschen.
Informationen für Journalisten:
Dr. Jörg Sonntag,
Tel.: +49 351 479-34182
www.fovog.de