16.07.2019
Was der Klimawandel für die Wasserqualität in Talsperren bedeutet
Die Trinkwasserversorgung in Sachsen wird durch ein stabiles Talsperrennetz gesichert. Doch die Folgen des Klimawandels beeinflussen die Gewässer zunehmend. Die Talsperren müssen längere Trockenzeiten ebenso ausgleichen können wie plötzlich auftretenden Starkregen. Aufgrund der steigenden Wassertemperaturen, verstärkt sich das Wachstum von Algen; das wertvolle Rohwasser wird knapper.
Das sind die Ergebnisse einer Studie, für die Kathrin Jäschke, Doktorandin am Institut für Hydrobiologie an der TU Dresden die seit den 60er, 70er und 80er Jahren erhobenen Daten von 43 Talsperren und die Gewässergüte von sechs Trinkwassertalsperren in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e.V. ausgewertet hat. Auf einem Symposium mit Talsperrenbetreibern, Wasserversorgern, Behörden und Wissenschaftlern im thüringischen Erfurt stellte sie die Ergebnisse vor und diskutierte mit den Teilnehmern Strategien zur künftigen Bewirtschaftung.
„Die Wassertemperaturen zeigen in den oberen Wasserschichten steigende Trends zu allen Jahreszeiten. Vor allem im Frühjahr haben sie bis zu 3 Kelvin seit den 80er Jahren zugenommen. Insbesondere in den tieferen Lagen bis 500 Meter frieren die Gewässer im Winter nur noch selten über einen längeren Zeitraum zu. Dadurch setzt das Algenwachstum früher ein bzw. wird kaum noch unterbrochen. Da die Gewässer im Frühjahr gut durchmischt sind, verteilen sich die Algen über die gesamte Wassersäule und ein Ausweichen der Rohwasserentnahme auf andere, algenärmere, Bereiche ist nicht möglich“, erläutert Jäschke. „Für die Wasseraufbereitung bedeutet ein verstärktes Algenwachstum mehr Filtrationsleistung im Wasserwerk.“
Die durch den Klimawandel verursachten Veränderungen gehen im Sommer weiter. Die Sommerstagnation, also die Warm-Kalt-Schichtung der Gewässer, setzt ebenfalls früher ein. In die tieferen Schichten dringt dann kein Sauerstoff mehr vor. Theoretisch müsste der Vorrat an kaltem, sauerstoffreichen und klarem Tiefenwasser für die Rohwasserbereitstellung also länger halten. Allerdings wird der Sauerstoff durch den mikrobiellen Abbau von abgestorbenen Algen und Kleinstlebewesen aufgezehrt. Je nährstoffreicher die Talsperre, desto mehr wachsen die Algen, es wird mehr Sauerstoff beim Abbau verbraucht und der Vorrat geht schneller zur Neige.
„Auch das ist für die Wasseraufbereitung ungünstig, da ohne Sauerstoff Nährstoffe wie Phosphor und die Elemente Mangan und Eisen in Lösung gehen. Die Nährstoffe gelangen bei der Herbstdurchmischung in die oberen Schichten und sind ein idealer Dünger für Algen. Außerdem fallen im Wasserwerk das gelöste Eisen und Mangan unter Sauerstoffzufuhr wieder aus und führen zu einer Verockerung, also einem Zusetzen der Rohrleitungen. Wenn der Herbst warm ist und die Sommerstagnation dadurch lange anhält, verstärken sich diese Prozesse“, fasst Kathrin Jäschke die Ergebnisse zusammen. Die Wasserwerke können diesen Entwicklungen mit einem Aufbereitungsprozess, der sogenannten „Enteisenung und Entmanganung“ bei der Rohwasseraufbereitung entgegenwirken. Sauerstoffmatten oder Belüftung beugen schon jetzt in stark betroffenen Talsperren sauerstoffarmen Verhältnissen vor. „Weiterhin ist durch einen früheren Beginn der Sommerstagnation bei einigen Talsperren der Rohwasservorrat bereits zeitig, weit vor Beginn der Herbstdurchmischung, aufgebraucht und es bleibt nur das warme, und in nährstoffreicheren Talsperren algenreiche Oberflächenwasser übrig, das sich schwerer aufbereiten lässt“, sagt die Hydrobiologin. Talsperren über 500 Meter, Talsperren mit einem großen Volumen und nährstoffarme Talsperren haben mit diesen Problemen insgesamt weniger zu kämpfen, da sie im Sommer trotz des Temperaturanstiegs noch relativ kühl sind und das unerwünschte Algenwachstum gering ist.
Deutlich geworden ist auf dem Symposium, dass es viele Lösungsansätze gibt. Auch die sächsische Landestalsperrenverwaltung hat bereits Ideen entwickelt und umgesetzt, wie das wertvolle Rohwasser geschützt werden kann. Allerdings bleibt die Tatsache, dass die Produktion von Trinkwasser in einigen Talsperren aufwendiger und teurer wird. „Künftig kommt es noch viel mehr darauf an, jede Talsperre aufgrund ihrer regionalen Besonderheiten und ihrem Nährstoffgehalt einzeln zu betrachten, damit die Wasserqualität erhalten bleibt“, sagt Jäschke.
Informationen für Journalisten
Kathrin Jäschke
Institut für Hydrobiologie
Tel.: 0351 463-38631