30.04.2019
»Unser Centrum kann ein Label für die Universität sein«
Vor einem Jahr wurde das Centrum Frankreich|Frankophonie gegründet, das auch auf dem CIFRAQS aufbaut
Beate Diederichs
Vor einem reichlichen Jahr gründete sich an der TU Dresden das Centrum Frankreich|Frankophonie (CFF). Roswitha Böhm, Professorin für französische Literatur- und Kulturwissenschaft und Gründungsdirektorin des CFF, zieht gemeinsam mit der Koordinatorin Lisa Gulich eine erste Bilanz und gibt einen Ausblick in die Zukunft des Zentrums.
Als das Centrum Frankreich|Frankophonie Ende 2017 entstand, verband Gründungsdirektorin Roswitha Böhm damit zwei Ideen, die sie weiterentwickeln wollte: Zum einen die Ingo Kolbooms, des Professors, der ihre Professur kurz nach der Wende aufgebaut und viele Jahre innegehabt hatte. Durch seine Initiative gab es an der TUD mit dem CIFRAQS (Centrum für interdisziplinäre franko-kanadische Forschung Québec-Sachsen) ein interdisziplinäres Zentrum, das sich vor allem mit den kulturellen Beziehungen zwischen Sachsen und dem kanadischen Québec beschäftigte. Zum anderen ihre eigene: »Während meiner Zeit an der Freien Universität Berlin war ich am dortigen Frankreichzentrum tätig und bemerkte dabei, dass ein solches Zentrum ein Label, ein Markenzeichen einer Hochschule ist. Auch das CFF kann zu einem solchen Label an der TUD werden. Damit möchten wir die Internationalisierung der Universität vorantreiben, soweit sie Frankreich und den frankophonen Raum betrifft«, sagt die Professorin. »Wir« beschränkt sich dabei keinesfalls nur auf sie selbst und ihre Mitarbeiterin Lisa Gulich, wissenschaftliche Hilfskraft und Koordinatorin des CFF, sondern bezeichnet vor allem dessen Mitglieder, unter denen Professoren der Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften und der Philosophischen Fakultät, aber auch anderer Bereiche sind, so der Fakultät für Maschinenwesen oder der Medizinischen Fakultät. Perspektivisch möchten Roswitha Böhm und Lisa Gulich dem Centrum eine tragfähige Organisationsstruktur geben und weitere Mitglieder und neue Partner werben. Zu den Aufgaben des CFF gehört unter anderem, den wissenschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen Akteuren der TUD und Partnern in Frankreich und den frankophonen Ländern zu fördern, Aktivitäten zu diesem Thema zu vernetzen und Kompetenzvermittler zum französischen und frankophonen Kulturraum zu sein.
Wie letzteres funktionieren kann, erläutert die Professorin an einem einfachen Beispiel: Das CFF-Mitglied Martin Hartmann, Professor für Metall- und Maschinentechnik und Berufliche Didaktik, benötigte für ein Projekt mit Teilnehmern aus Burkina Faso Französisch-Dolmetscher. Er fand sie über das Centrum: Romanistik-Studenten der Fachrichtung Französisch dolmetschten bei dem Projekt. Neben solch kollegialer Unterstützung interessiert das CFF aber besonders die akademische Zusammenarbeit: Eine binationale Tagung zu transkulturellen Dimensionen beruflicher Bildung ist gerade in Planung. »Eine andere interessante Kooperation entstand bei einem Austausch mit Partnern aus Marrakesch über das Erasmus+-Programm. Diesen hatten zunächst das Lehrzentrum Sprachen und Kulturen und das Institut für Romanistik der Fakultät SLK gemeinsam beantragt. Mittlerweile sind auch Kollegen aus der Forstwirtschaft in den Austausch einbezogen– zwei dieser Wissenschaftler reisten kürzlich zu einem Forschungsaufenthalt nach Marrakesch«, berichtet Roswitha Böhm. Gegenbesuche und eine weitere Ausdehnung sind schon geplant. »Dies kann auch dazu beitragen, die Vorurteile abzubauen, die über das jeweils andere Land bestehen«, betont Lisa Gulich. Neben den Kooperationen sind Veranstaltungen und Seminare ein weiteres Arbeitsfeld des Centrums: Regelmäßig finden Lesungen zur französischen und frankophonen Gegenwartsliteratur statt, meist im Literaturhaus Villa Augustin. Damit möchten die Initiatoren neben dem universitären auch das städtische Dresdner Publikum erreichen. Vor allem an Studenten der Romanistik richteten sich die Blockseminare innerhalb der CFF-Poetikdozentur der Dichterin Cécile Wajsbrot. Ein DRESDEN-Fellowship, Teil eines Programms für Gastwissenschaftler, ermöglichte diese. »Davon waren die Teilnehmer sehr begeistert«, sagt Roswitha Böhm. Deshalb soll es im kommenden Semester dazu als Nachlese ein wissenschaftliches Kolloquium geben. Langfristig können sich die Professorin und ihre Mitarbeiterin Lisa Gulich eine Vortragsreihe zu aktuellen gesellschaftlichen Themen vorstellen, die aus deutscher, französischer und frankophoner Perspektive beleuchtet werden.
Mittelfristig steht die feierliche Eröffnung des Centrums an. »Diese war eigentlich für 2018 geplant. Doch wir wünschten uns Bénédicte Savoy als Hauptrednerin, eine französische Kunsthistorikerin, die in Berlin lehrt und sich mit dem Thema Beutekunst beschäftigt. Sie hat leider einen so eng gestrickten Terminkalender, dass sie erst im Mai dieses Jahres Zeit haben wird«, berichtet Lisa Gulich. Momentan ist die Koordinatorin mit der Feinorganisation der Veranstaltung am 16. Mai beschäftigt, die im Festsaal des Rektorats stattfinden soll. Dem Vortrag, den Bénédicte Savoy dort halten wird, ist dabei eine doppelte Funktion zugedacht: Neben dem Höhepunkt der Eröffnung soll er den Auftakt zu der geplanten Veranstaltungsreihe bilden.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 08/2019 vom 30. April 2019 erschienen. Die komplette Ausgabe ist hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei doreen.liesch@tu-dresden.de bestellt werden. Mehr Informationen unter universitaetsjournal.de.