15.03.2022
Urbane Wälder für mehr Lebensqualität in den Städten
Der 21. März ist der »Tag des Waldes« – und Professorin Catrin Schmidt hat eine besondere Beziehung zu Bäumen
Betty Baumann
Überhitzter Beton, ausgetrocknete Wiesen und Smog – auch 2022 wird der Sommer wiederkommen und das Leben besonders in der Stadt lahmlegen. Abhilfe schaffen könnten hier sogenannte urbane Wälder, also kleine Waldflächen mitten in der Stadt.
Von 2009 bis 2019 hat sich die Professorin für Landschaftsplanung, Catrin Schmidt, in dem Projekt »Urbane Wälder« mit dieser besonderen Form des Waldes beschäftigt. Die Vorteile solcher Waldflächen liegen dabei auf der Hand: An heißen Tagen bieten sie mit einer durchschnittlich um sechs Grad niedrigeren Temperatur als die sie umgebende Bebauung eine angenehme Abkühlung. In ihrem Boden halten die Wälder Wasser zurück und sorgen so nicht nur für eine Abkühlung durch Verdunstung, sondern auch für einen ausgeglicheneren Wasserhaushalt. Und natürlich filtern Wälder die Luft, reduzieren Feinstaub und CO2. In Zeiten des Klimawandels scheinen urbane Wälder dementsprechend unverzichtbar für eine moderne Stadtplanung zu sein und sie sind obendrein für Kommunen kostengünstiger in Anschaffung und Pflege als andere sogenannte Erholungsflächen wie Parks.
Doch es gibt natürlich auch Hürden: Das Schaffen neuer Wälder braucht Zeit und Geduld. Catrin Schmidt erklärt: »In den ersten Jahren ist die Fläche noch eingezäunt und die Pflanzen sind noch recht klein. Erst nach acht Jahren haben wir einen deutlichen Sprung gemerkt. Dann fühlten sich die Modellflächen auch für die Anwohner:innen nach Wald an.« Die nötige Geduld ist es auch, die Catrin Schmidts Projekt einzigartig macht. Über zehn Jahre haben sie und ihre Projektpartner, darunter auch die Professuren für Forstbotanik und Meteorologie, gemeinsam mit der Stadt Leipzig drei Modellflächen im Leipziger Stadtgebiet bepflanzt, bewirtschaftet und regelmäßig untersucht. Dabei ging es ihnen auch um die Einstellung der Stadtbewohner zu den neu angelegten Wäldern. »Wir haben festgestellt, dass es eine große Diskrepanz gibt zwischen dem, was die Menschen sich unter einem Wald vorstellen – eher einen urtypischen, verwachsenen Wald – und dem, was sie vor ihrer Haustür haben wollen, nämlich einen eher parkartigen, ›ordentlichen‹ Wald,« so Catrin Schmidt. Insgesamt kommt der Stadtwald aber auch bei seinen Nachbarn gut an, besonders bei Bewegungssportlern, die die Kühle im Sommer und das Unbeobachtetsein zwischen den Bäumen schätzen.
Für Catrin Schmidt ist das Projekt nach zehn Jahren aber noch nicht beendet: »In diesem Jahr wird es noch ein Monitoring geben, bei dem wir uns die Modellflächen noch einmal anschauen. « Und weil gerade mit Blick auf den Klimawandel der urbane Wald auch von anderen Kommunen bei der Planung zukünftiger Erholungsflächen mitgedacht werden sollte, haben sie und ihre Projektpartner die Ergebnisse ihrer Untersuchungen auch auf einer Website veröffentlicht und stellen Städten und Gemeinden eine Toolbox zur Verfügung, die ihnen die Planung eigener Wälder erleichtert. »Denn«, so Catrin Schmidt, »es war von Anfang an Sinn und Zweck des Vorhabens, das Projekt so aufzuarbeiten, dass möglichst viele Kommunen es nachmachen können.« Nun bleibt nur zu hoffen, dass sich auch die Stadt Dresden vom Leipziger Vorbild inspirieren lässt.
Dieser Artikel ist im Dresdner Universitätsjournal 5/2022 vom 15. März 2022 erschienen. Die komplette Ausgabe ist im Online-Auftritt des UJ unter https://tu-dresden.de/uj oder hier im pdf-Format kostenlos downloadbar. Das UJ kann als gedruckte Zeitung oder als pdf-Datei bei bestellt werden