18.11.2025
Wenn nationale Klimapolitik zur Verlagerung von CO2-Emissionen führt: TUD-Forschungsteam untersucht das Phänomen Carbon Leakage
Weltweit höhere Emissionen durch eine unkoordinierte Klimapolitik? Ein Forschungsteam um Simon J. Bolz, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung der Technischen Universität Dresden (TUD), zeigt in einer aktuellen Studie, wie nationale Klimapolitik mit unbeabsichtigten globalen Effekten verknüpft sein kann: Emissionen sinken im Inland, steigen aber im Ausland – ein Prozess, der als „Carbon Leakage“ bekannt ist. Die Arbeit ist im renommierten „Journal of International Economics“ erschienen und unterstreicht die Notwendigkeit, Klima- und Handelspolitiken stärker international zu koordinieren.
In ihrer Studie haben die Autorinnen und Autoren untersucht, wie sich Steuererhöhungen auf CO₂-Emissionen in einem Land auf die globalen Gesamtemissionen, Einkommen und Ungleichheit auswirken. Die Grundlage hierfür bildet darin ein allgemeines Gleichgewichtsmodell mit Unternehmen, die ihre Produktion ins Ausland verlagern können (Offshoring). Was dies bedeutet, erläutert Simon J. Bolz so: „Wenn eine Regierung, um Emissionen zu senken, ihre CO₂-Steuer erhöht, reagieren die meisten inländischen Unternehmen damit, dass sie ihre umweltschädliche Produktion reduzieren. Doch die produktivsten – und damit eigentlich saubersten – Unternehmen verlagern die schmutzigeren Teile ihrer Produktion ins Ausland, in Länder mit niedrigeren CO₂-Preisen. Im Ausland steigen dadurch die Löhne. Aber wenn die CO₂-Steuern dort unverändert bleiben, verteuert dies die Emissionsminderung im Verhältnis zum Verschmutzen – die ausgelagerte Produktion wird dreckiger.“
Das Phänomen, dass Emissionen im Inland sinken, aber im Ausland steigen ist als Carbon Leakage bekannt. Sind die Steuerunterschiede gering, gehen die globalen Emissionen insgesamt noch zurück. Werden die Unterschiede jedoch groß, kann das Leakage über 100 Prozent betragen – die Politikwirkung kehrt sich um und erhöht die weltweiten Emissionen. Maßnahmen abzuleiten, um diesen Effekt zu verhindern, ist schwierig, führt Bolz aus: „Ein CO₂-Grenzausgleich, wie der EU CBAM Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) in der Europäischen Union, könnte zusätzlich zur CO₂-Steuer in unserem Modell das Carbon Leakage verhindern, die globale Ungleichheit und Einkommensverluste würden aber steigen. Wir plädieren daher nicht für weniger nationale Entschlossenheit, sondern für mehr globale Kooperation – denn nur dadurch lassen sich unbeabsichtigte Rückkopplungen vermeiden und wirksame Klimapolitik gestalten.“
Publikation:
Bolz, S.J.; Naumann, F.; Richter, P.M. (2025): Unilateral environmental policy and offshoring, in: Journal of International Economics. https://doi.org/10.1016/j.jinteco.2025.104185
Kontakt:
Simon J. Bolz
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Professur für VWL, insb. Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung
Tel.: +49 351 463-34490
E-Mail: