25.03.2025
Potenzial digitaler Technologien für die Gesundheitsforschung: Smartwatch-Daten zeigen Unterschiede bei Long-COVID-Betroffenen bereits vor der Infektion
Tritt Long COVID vor allem bei Menschen auf, die weniger fit sind? Eine Studie unter Mitwirkung von Prof. Dirk Brockmann, Direktor des Center Synergy of Systems (SynoSys) an der Technischen Universität Dresden (TUD), zeigt, dass Menschen mit langanhaltenden Symptomen nach einer Corona-Infektion bereits vor ihrer Erkrankung ein niedrigeres Aktivitätsniveau und einen höheren Ruhepuls aufwiesen. Die Untersuchung basiert auf Daten der Corona-Datenspende-App (CDA), die unter der Leitung von Brockmann in seiner Zeit am Robert-Koch-Institut (RKI) entwickelt wurde. Die Studienergebnisse wurden in npj Digital Medicine veröffentlicht.
In der Corona-Datenspende-App stellten von April 2020 bis Dezember 2022 mehr als 120.000 Personen in Deutschland täglich Vitaldaten ihrer Smartwatches und Fitnesstracker für die Forschung bereit. In der aktuellen Studie analysiert die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Daten, um Unterschiede in physiologischen Merkmalen zwischen Personen mit und ohne Long COVID zu identifizieren.
„Schon in den drei Wochen vor der Infektion bewegten sich Personen, die später von langanhaltender Müdigkeit oder Kurzatmigkeit berichteten, deutlich weniger und hatten einen um 2,37 Schläge pro Minute erhöhten Ruhepuls“, schildert Erstautorin Katharina Ledebur, die während der Datenerhebung Teil des Teams von Prof. Brockmann war.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass langanhaltende Symptome mit einer geringeren Fitness oder mit bestehenden Gesundheitsproblemen zusammenhängen könnten. Ledebur erklärt aber auch: „Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Faktoren allein für Long COVID verantwortlich sind. Vielmehr sollten Betroffene besonders aufmerksam beobachtet und gegebenenfalls durch gezielte Schutzmaßnahmen unterstützt werden.“
Die hohe Datenqualität der CDA ermöglichte erstmals eine präzise Analyse individueller Veränderungen über den gesamten Infektionsverlauf hinweg. Waren Studien zum Gesundheitszustand und Verhalten von Long-COVID-Patientinnen und Patienten vor ihrer Infektion bisher auf subjektive Befragungsdaten angewiesen, konnten durch die CDA-Datenanalyse erstmals objektive, physiologische Daten verglichen und analysiert werden.
Gleichzeitig weisen die Autorinnen und Autoren der Studie darauf hin, dass Smartwatch-Daten nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind, da jüngere und ältere Personen unterrepräsentiert waren. Dennoch eröffnen Citizen-Science-Projekte dieser Art neue Möglichkeiten, weil die Kohorten vergleichsweise groß sind.
Die Studie ist Teil des kürzlich gestarteten Forschungsprojekts SynoSys.PC. Darin beschäftigen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Integration digitaler Datenquellen in die personalisierte Medizin. Koordiniert wird das Projekt an der TUD von SynoSys und greift zentrale Fragestellungen zur digitalen Gesundheitsvorsorge und Risikoerkennung auf. Die aktuellen Ergebnisse zu Long COVID liefern dabei wichtige Erkenntnisse, wie Wearable-Daten zur frühzeitigen Identifikation gefährdeter Patientengruppen beitragen können. Die Untersuchung wurde in Kooperation mit dem Complexity Science Hub (CSH) durchgeführt, wo Ledebur derzeit als Doktorandin tätig ist.
Kontakt:
Prof. Dirk Brockmann
Gründungsdirektor SynoSys an der TU Dresden
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