01.06.2022
Ein magischer Abend aus Wissenschaft und Kunst
Sound & Science präsentiert Visual Music mit Mathematiker Prof. Stefan E. Schmidt uvm.
„ZAUBER“ lautet das Motto der Dresdner Musikfestspiele 2022. Einen wahrhaft magischen Abend erlebte das Publikum am 23. Mai bei der diesjährigen Ausgabe von „Sound & Science“, dem gemeinsamen Format der Dresdner Musikfestspiele und der TU Dresden. Die achte Auflage der Reihe stand im Zeichen der „Visual Music“. Bei einem Wandelkonzert im Deutschen Hygiene-Museum präsentierten die Musikwissenschaftlerinnen Friederike Wißmann und Gabriele Groll, der Mathematiker Stefan E. Schmidt, die Künstlerin Franziska Leonhardi und viele weitere Mitwirkende Musik für die Augen.
Los ging es im Foyer mit einer Performance von Stefan E. Schmidt & Company. Prof. Schmidt hat nicht nur die Professur für Methoden der angewandten Algebra an der TU Dresden inne, sondern ist selbst auch leidenschaftlicher Musiker. Das Publikum entführte er auf eine Reise durch die Harmonien, bei der Muster in der Musik auch für all diejenigen sichtbar wurden, die keine Noten lesen können. Zur Hilfe nahm Prof. Schmidt dabei die 3D-Animation eines Möbiusbands bzw. eines Torus, auf denen das Eulersche Tonnetz aufgebracht war. Das Modell, mit dem harmonische Beziehungen zwischen Intervallen und Klängen dargestellt werden können, setzt sich aus vielen Dreiecken zusammen. Diese leuchten in der Animation auf, wenn Prof. Schmidt die entsprechenden Akkorde spielte. Zugleich veranschaulichte die Visualisierung den Zusammenhang von Mathematik und Musik. Denn auch Musik ist durch Zahlenverhältnisse zu beschreiben – diese Eigenschaft machten sich bereits Komponisten wie Beethoven oder Bach zunutze.
Bei der zweiten Station des Abends im Museumshörsaal referierten Prof. Friederike Wißmann und Gabriele Groll, beide Musikwissenschaftlerinnen an der Hochschule für Musik und Theater Rostock, über die Geschichte der „Visual Music“. Ihren Ursprung hat sie in der Abstrakten Malerei der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. So nutzten etwa Künstler wie Paul Klee und Wassily Kandinsky musikalische Begriffe zur Beschreibung ihrer Werke. Visual Music fand auch im Medium Film Anwendung. Im Genre des absoluten Films der 1920er und 30er Jahre wurden abstrakte Bilder mit Musik synchronisiert. Heute begegnet uns Visual Music vor allem in digitaler Form als computeranimierte Graphiken zur Musik. Gleich bleiben jedoch die Abstraktion und das synästhetische Erleben als zentrale Kategorien von Visual Music.
Anschließend tauchten die Besucherinnen und Besucher in eine musische Zauberwelt ein. Im abgedunkelten großen Saal des Museums schuf die Künstlerin Franziska Leonhardi mittels Musik, Nebel, Schattenspielen und Luftballons eine mystische Stimmung. Mit „Playful Enchantment“ nahm sie den Ausdruck „Musik spielen“ beim Wort und lud das Publikum ein, selbst Teil des explorativen Kunstwerks zu werden. Wie die Interaktion gelingt, demonstrierte die Tänzerin Emilia Peschel zusammen mit einer Schar aufgeweckter Kinder. Musikalisch wurde die Performance von Landeskirchenmusikdirektor Markus Leidenberger am Klavier begleitet.
Wie Mathematik, Musik und Ästhetik zusammenpassen, zeigten noch einmal die übrigen Stationen des Wandelkonzerts. Bei der Station „Openguitar Soundscapes“ von Komponist und Musikpsychologe Fernando Bravo war das Publikum eingeladen, durch das Spielen auf der Gitarre selbst Bilder auf einer Leinwand zu erzeugen. Ein Computerprogramm, an das die Gitarre angeschlossen war, übersetzt Frequenzen und Lautstärke in Bilder, aus denen sich beim Spielen ein Gesamtkunstwerk zusammensetzt. Im Zwischengeschoss entstanden zudem endlos variierende Melodien mittels Florian Hellings zellulärer Automaten. Diese enthalten mathematische Algorithmen, mit denen der Künstler komplexe geometrische und musikalische Muster erzeugte.
Den Mitwirkenden von „Sound & Science“ gelang es unter höchstem organisatorischem und technischen Aufwand, den Besucherinnen und Besuchern einen unvergesslichen Abend zu bereiten. Sie begeisterten das Publikum mit Musik für die Augen. Der experimentelle Ansatz demonstrierte eindrücklich die Verbindung von Wissenschaft und Kunst, von Musik und Mathematik. So traf das Wandelkonzert den Kern von „Sound & Science“ und trug dem Motto der Musikfestspiele in vollem Umfang Rechnung.