Anleitung Kameratests
- Begriffe und Definitionen
- Einsatz der Testbilder
- Testbild 1: „Auflösung, Kantenschärfe und Graustufen“
- Testbild 2: „Farbtreue, Farbverläufe, Grauwerte“
Begriffe und Definitionen
Zur näheren Erläuterung sollen im Folgenden grundlegende Begriffe geklärt werden.
- Alias-Effekte
Als Alias-Effekte oder Aliasing-Effekte werden im Bereich der Signalanalyse Fehler bezeichnet, die durch die Nichtbeachtung des Abtasttheorems (zu geringe Abtastfrequenz) beim digitalen Abtasten von Signalen auftreten. In der Bildverarbeitung und Computergrafik treten Alias-Effekte bei der Abtastung von Bildern auf und führen zu Mustern, die im Originalbild nicht enthalten sind (z.B. Moire-Muster).
In der Signalverarbeitung treten Alias-Effekte beim Digitalisieren analoger Signale auf. Damit das Ursprungssignal korrekt wiederhergestellt werden kann, dürfen im abzutastenden Signal nur Frequenzanteile vorkommen, die kleiner als die Nyquist-Frequenz (halbe Abtastfrequenz) sind. Wird dieses Abtasttheorem verletzt, werden Frequenzanteile, die höher sind als die Nyquist-Frequenz, als niedrigere Frequenzen interpretiert. Die höheren Frequenzen geben sich sozusagen als eine andere (niedrigere) aus, daher die Bezeichnung Alias.
In der Bildverarbeitung und Computergrafik treten Alias-Effekte bei der Abtastung von Bildern auf. Der Treppeneffekt, der bei der Rasterung geometrischer Figuren auftritt, wird oft als Aliasing bezeichnet, obwohl es sich bei ihm nicht um „echtes“ Aliasing im Sinne der Signalanalyse handelt.Zur Vermeidung solcher Aliasing-Effekte wird das Eingangssignal durch einen Tiefpass gefiltert (Anti-Aliasing-Filter), um die für den Alias-Effekt verantwortlichen hohen Frequenzanteile zu dämpfen. (Quelle: Wikipedia) - Horizontale Auflösung
Der Auflösungswert, der an der längeren Bildseite entsprechend der horizontalen Bildausrichtung „Landscape“ gemessen wird. Typischerweise erfolgt dies durch vertikal ausgerichtete Testmuster. - Bildgrößenverhältnis (image aspect ratio)
Verhältnis der Bildbreite zur Bildhöhe. Typische Größenverhältnisse sind 16:9, 3:2, 4:3, 1:1. - Bildkompression
Vorgang der Neuordnung und Neukodierung der Daten eines digitalen Bildes mit dem Ziel, Größe der Bilddaten zu verringern. - Linienpaare pro Millimeter lp/mm
Metrik, um Auflösung im Sinne der Anzahl gleichbreiter Schwarz-Weiß-Linienpaare je Millimeter, die noch aufgelöst werden können, zu spezifizieren. - Linien pro Millimeter lines/mm
Metrik, um Auflösung im Sinne der Anzahl gleichbreiter schwarzer und weißer Linien je Millimeter, die noch aufgelöst werden können, zu spezifizieren. - Linienbreite je Bildhöhe (line widths per picture height) LW/PH
Metrik, um die Dicke einer durchgehenden Linie eines Testmusters relativ zur Höhe des aktiven Bereiches der Testdarstellung zu spezifizieren. Diese ist äquivalent zum Quotienten aus Höhe des aktiven Bereiches der Testdarstellung und Dicke der schwarzen Linie. Damit ergibt sich die Gesamtzahl darstellbarer Linien dieser Dicke, die im vorliegenden Muster in der Höhe der Testdarstellung oder dem vertikalen Sichtfeld der Kamera aneinandergereiht werden können.Beispiel: Ist die Höhe des aktiven Bereiches der Testdarstellung 20cm, entspricht eine schwarze Linie der Metrik 1000LW/PH 20/1000cm. - Auflösung
Maßeinheit der Möglichkeit eines Kamerasystems oder einer Komponente eines Kamerasystems, Bilddetails abzubilden. - Testbilddarstellung (Test Chart)
Anordnung verschiedener Testmuster, die dafür entworfen wurden, um bestimmte Gesichtspunkte eines Bildgebungssystems zu überprüfen. - Testmuster (Test Pattern)
Spezifizierte Anordnung bestimmter Testcharakteristika, die dafür verwendet werden können, Qualitätsmerkmale des Bildes zu überprüfen.
Dabei wird zwischen bi-tonalen Mustern, Graustufenmustern und spektralen Mustern unterschieden.- Bi-tonale Muster sind farblich neutral und bestehen ausschließlich aus zwei verschiedenen Farbwerten (meist schwarz und weiß)
- Graustufenmuster sind farblich neutral und bestehen aus einer Vielzahl von Grauwerten in einer fest spezifizierten Anordnung. Sie werden typischerweise zur Messung opto-elektronischer Konvertierungsfunktionen eingesetzt.
- Spektrale Muster bestehen aus Elementen verschiedener Farbgebung in fest spezifizierter Anordnung, die typischerweise zur Überprüfung korrekter Farbreproduktion eingesetzt werden.
- Vertikale Auflösung
Der Auflösungswert, der an der kürzeren Bildseite entsprechend der vertikalen Bildausrichtung gemessen wird. Typischerweise erfolgt dies durch horizontal ausgerichtete Testmuster. - Visuelle Auflösung
Ortsfrequenz, ab der individuelle schwarze und weiße Linien eines Testmusters in der Aufnahme nicht mehr durch den Betrachter unterschieden werden können oder infolge von Aliaseffekten mit einer Ortsfrequenz dargestellt werden, die niedriger ist als die Ortsfrequenz des entsprechenden Testmusterabschnittes.
Einsatz der Testbilder
Es kommen zwei verschiedene Testbilddarstellungen zum Einsatz, die durch eindeutige Testmuster gekennzeichnet sind. Testbild „Auflösung, Kantenschärfe und Graustufen“ dient der Untersuchung aller auflösungs- und darstellungsrelevanten Faktoren und beinhaltet verschiedene farblich neutrale bi-tonale Testmuster sowie Graustufenmuster, die hier genauer erklärt werden. Testbild „Farbtreue, Farbverläufe, Grauwerte“ beinhaltet Testmuster verschiedener Spektralfelder sowie unterschiedliche Graustufenverläufe, die hier detailliert beschrieben werden.
Die aktive Höhe der Testbilder sollte nicht weniger als 20cm betragen, das Material des Drucks sollte bei Frontbeleuchtung reflektiv sein und gleichmäßig beleuchtet werden.
Getestete Kameras sollten fest positioniert sein. Die vertikalen Begrenzungspfeile werden genutzt, um die Vergrößerung zu justieren und je nach Bildformat den entsprechenden Ausschnitt des Testbildes zu wählen, die horizontalen Begrenzungspfeile dienen der horizontalen Zentrierung des Zieles. Die Pfeilspitzen der schwarzen Begrenzungspfeile sollten komplett sichtbar sein, die weißen Begrenzungspfeile sollten nicht mehr sichtbar sein. Die Kamera sollte so positioniert werden, dass die horizontale Begrenzung des Testbildes parallel zur horizontalen Kamerarahmenlinie ist und sich die Bildebene parallel zur Kameraebene befindet. Beim Einsatz des Testbildes „Farbtreue, Farbverläufe, Grauwerte“ ist darauf zu achten, dass alle spektralen Testmuster im Kamerabild sichtbar sind.
Die visuelle Auflösung (in LW/PH) ist der Grenzwert, unter dem in den Testmustern individuelle schwarze und weiße Linien noch unterschieden werden können oder durch Alias-Effekte in geringerer Frequenz dargestellt werden. Testbild 1 (Kameratestbild „Auflösung, Kantenschärfe und Graustufen“) integriert dafür vertikale, horizontale und diagonale hyperbolische Kurven F1, F2, G1, G2, Fs1, Fs2, Gs1, Gs2, FG.
Die zentrale horizontale visuelle Auflösung wird durch Beobachtung der vertikal ausgerichteten hyperbolischen Kurven F1 und G1 bestimmt, die zentrale vertikale Auflösung durch die horizontal ausgerichteten hyperbolischen Kurven F2 und G2. Die 45°-diagonale visuelle Auflösung wird durch die diagonal ausgerichteten Testmuster FG bestimmt. Die visuelle Auflösung im Randbereich der Kamera können durch die Testmuster Fs1, Fs2, Gs1 und Gs2 bestimmt werden.
Um die visuelle Auflösung zu bestimmen, muss das Testbild (entweder gedruckt in hoher Qualität oder dargestellt auf einem Monitor in entsprechender Größe und Auflösung) wie oben beschrieben aufgestellt und justiert werden, um dann durch subjektive Maßnahme die entsprechenden Werte abzulesen.
Kameratestbild „Auflösung, Kantenschärfe und Graustufen“
Element | Bedeutung |
---|---|
A | Schwarzer Rahmen mit schwarzen, weißen und Pfeilmarkierungen zur horizontalen Ausrichtung bei 16:9-Bildformat |
A1 | Schwarze und weiße Pfeilmarkierungen als Hilfestellung bei Kameraausrichtung |
B | Zentrale Dualfrequenzabbildung im schwarzen Rahmen, dient der Fokussierung |
C | Rahmenlinien und Begrenzungspfeile für Kamerabildformate 1:1, 4:3, 3:2 |
D | Geneigte Linien zur Überprüfung von Rasterlinearität und Stufenbildung („stair stepping“) |
E1 | 100LW/PH bis 1000LW/PH Schwarzbalken zur Messung der horizontalen Pulsantwort |
E2 | 100LW/PH bis 1000LW/PH Schwarzbalken zur Messung der vertikalen Pulsantwort |
F1 | 100LW/PH bis 600LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der zentralen horizontalen visuellen Auflösung |
F2 | 100LW/PH bis 600LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der zentralen vertikalen visuellen Auflösung |
Fs1 | 100LW/PH bis 600LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der peripheren horizontalen visuellen Auflösung |
Fs2 | 100LW/PH bis 600LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der peripheren vertikalen visuellen Auflösung |
FG | 100LW/PH bis 1000LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der geneigten visuellen Auflösung |
G1 | 500LW/PH bis 2000LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der zentralen horizontalen visuellen Auflösung |
G2 | 500LW/PH bis 2000LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der zentralen vertikalen visuellen Auflösung |
Gs1 | 500LW/PH bis 1000LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der peripheren horizontalen visuellen Auflösung |
Gs2 | 500LW/PH bis 1000LW/PH hyperbolische Linienabbildung zur Messung der peripheren vertikalen visuellen Auflösung |
H1 | vertikale Graustufenverläufe aus 10 Graustufen zur Überprüfung der Graustufendifferenzierbarkeit |
H2 | horizontale Graustufenverläufe aus 10 Graustufen zur Überprüfung der Graustufendifferenzierbarkeit |
I | Diagonales schwarzes Quadrat zur Überprüfung des korrekten Seitenverhältnisses, Stufenbildung durch Rasterung und zur Berechnung der SFR (nur bei Standbildfotografie) |
J | Kreis mit gekreuzten Linien zur Überprüfung von Nichtliniearitäten bei der Abtastung (z.B. falsches Seitenverhältnis) |
K | Schachbrettmuster zur Überprüfung auf Kompressionsartefakte |
L1 | Geneigte (ca. 5°) Rechteckwellenfolge zur Überprüfung des horizontalen Aliasing-Verhältnisses |
L2 | Geneigte (ca. 5°) Rechteckwellenfolge zur Überprüfung des vertikalen Aliasing-Verhältnisses |
M1 | 100 bis 1000 Linien Rechteckwelle zur Überprüfung der horizontalen visuellen Auflösung |
M2 | 100 bis 1000 Linien Rechteckwelle zur Überprüfung der vertikalen visuellen Auflösung |
N | Markierungspunkte, die zum automatischen Ausrichten genutzt werden können |
Kameratestbild „Farbtreue, Farbverläufe, Grauwerte“
Element | Bedeutung |
---|---|
A | Schwarzer Rahmen mit schwarzen, weißen und Pfeilmarkierungen zur horizontalen Ausrichtung bei 16:9-Bildformat |
A1 | Schwarze und weiße Pfeilmarkierungen als Hilfestellung bei Kameraausrichtung |
B | Rahmenlinien und Begrenzungspfeile für Kamerabildformate 1:1, 4:3, 3:2 |
C | TE256: Color and Calibration Test Chart: 11-stufiger Grauverlauf, Schwarz/Weiß-Muster, 12 Farben, 4 Hauttöne |
D | TE229: Colour Key Test Chart: Farbkreis mit 30 Elementarfarben |
E | TE106: Color Bar Test Chart: 8 Felder (Schwarz, Weiß + Grundfarben) |
F | 16-stufiger Grauverlauf in zwei Richtungen horizontal inklusive 16-stufiger Farbfelderverlauf |
G | 11-stufiger Grauverlauf in zwei Richtungen vertikal |
H | Elemtarfarben CMYK/RGB Schwarzverlauf und Weißverlauf in 16 Stufen |
I | TE233: 24 gering gesättigte Farben und 4 Hauttöne |
J | TE226: HDTV Color Rendition Test Chart (nach Gretag Macbeth) |
K | TE209: Cine Color Test Chart |