Bisherige Pflanzen der Woche - Das Steinbrech-Leimkraut
Das Steinbrech-Leimkraut - Silene saxifraga L.

Bei Regen sind die Blüten des Steinbrech-Leimkrautes geöffnet, während sich bei Sonnenschein die Kronblätter nach innen einrollen (Vrgl. rechts unten im Bild).
Während das Frühjahr im Hochgebirge gerade erst beginnt, steht im Weinbauklima des Dresdner Elbtals schon bald der Frühsommer vor der Tür. Als Einstimmung auf den nächsten Bergurlaub kann ein Besuch im sogenannten „Alpinum“ des Botanischen Gartens dienen: Hier steht man mitten drin im blühenden Bergfrühling!
Wer den Fuß des Alpinums vom Hauptweg aus erkundet, trifft dort auf ein zartes Nelkengewächs: das Steinbrech-Leimkraut (Silene saxifraga L.). Seine natürliche Verbreitung reicht von den Alpen bis ins südliche Südeuropa. Die kalkverträgliche Staude wächst bevorzugt in Höhen zwischen 1500 und 2500 m.
Wie aber bricht dieses polsterförmige, zarte Kraut mit hellgrünen, filigranen Stängeln und schmal-lanzettlichen Blättern Steine?
Die Art zählt zu den typischen Erstbesiedlern sonniger Felsen. Auf der Suche nach Wasser und Nährstoffen dringen ihre feinen Wurzeln tief in schmalste Gesteinsspalten vor. Wasser, das nachsickert, gefriert im Winter zu Eis, dehnt sich dabei aus und weitet so die Spalten ganz allmählich. Über lange Zeiträume füllen sich die breiter werdenden Spalten mit immer feinerem Substrat und schließlich mit neuem Rohboden, den auch andere Pflanzenarten besiedeln. Am Ende des Prozesses zerfällt der Fels in Gesteinsbrocken. Lockere Schotterböden werden durch das fein verzweigte Wurzelwerk des Steinbrech-Leinkrauts stabilisiert.
Die Knospen der Pflanze öffnen sich abends. Blütenduft, der hauptsächlich aus dem aromatischen Ester Methylbenzoat besteht, lockt nachtaktive Schmetterlinge an. Im schwachen Abendlicht gut erkennbar, bilden die fünf weißen Kronblätter einen Landeplatz für die Bestäuber, die im Blütenzentrum Nektar trinken.
Bei Sonnenschein rollen sich die Spitzen der Kronblätter nach innen ein und ihre rötliche Unterseite wird sichtbar. In diesem Zustand erscheint die Blüte wie verwelkt. Am nächsten Abend oder bei trübem Wetter entrollt sich die Blütenkrone aber erneut und empfängt etwa eine Woche lang weitere Insektenbesucher. Die reversible Bewegung wird durch einen wechselnden Wassergehalt (Turgordruck) in den Zellen ausgelöst.
(KW 22/25)
Etwa 10.000 Pflanzenarten wachsen im Botanischen Garten der TU Dresden. Auf dieser Seite stellen wir Ihnen regelmäßig ein Beispiel aus dieser Vielfalt näher vor. Die Besonderheiten unserer wissenschaftlichen Pflanzensammlung zeigen sich auf vielerlei Art und Weise: in erstaunlichen Anpassungen, wunderlichen Namen, einer interessanten Verwendung oder auch in einer außergewöhnlichen Blütenpracht.
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