04.11.2022
Inhaltliche Vorstellung des 4. Boysen-TUD-GRK - Cluster E
Wasserstoffimporte aus der MENA-Region im Vergleich zur Wasserstofferzeugung in Deutschland
Beteiligte Disziplinen
Betriebswirtschaftslehre, Verkehrswissenschaften, Volkswirtschaftslehre, Kommunikationswissenschaft, Elektrotechnik
Motivation und Ziele von Cluster E
In der nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung wird darauf verwiesen, dass der überwiegende Teil der Wasserstoffnachfrage importiert werden müsse. Aufgrund der attraktiven Potenziale für erneuerbare Energien und deren Nähe zu Europa gelten die sogenannten MENA-Staaten (Middle East and North Africa) als vielversprechende Regionen für einen möglichen Wasserstoffexport (oder darauf aufbauende weiterverarbeitete gasförmige oder flüssige Energieträger, u. a. Methan oder Methanol). Ziel von Cluster E ist, den Export von Wasserstoff aus den MENA-Staaten nach Europa transdisziplinär zu analysieren, zu bewerten und einen Beitrag zum Überschreiten von Disziplingrenzen sowie zum Zusammenspiel von gesellschaftlich-politischen und wissenschaftlich-analytischen Entscheidungs- bzw. Problemlösungsprozessen zu liefern. Die geplanten Arbeiten umfassen die Untersuchung der plasmachemischen Synthese von Energiespeichern für den sicheren Transport von Wasserstoff aus technischer Perspektive, die Analyse der journalistischen Konstruktion von Wasserstoff in den Medien, die Durchführung einer detaillierten wirtschaftlichen Bewertung erforderlicher Importpotenziale sowie eine erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse. Dieser transdisziplinäre Ansatz steht im unmittelbaren Bezug zum Forschungsthema „Wasserstoffwirtschaft“ und zur „Nationalen Wasserstoffstrategie“.
Im Cluster angestrebter wissenschaftlicher Mehrwert
- Erarbeitung technischer, ökonomischer und sozialer Rahmenbedingungen eines möglichen Wasserstoffimports aus den MENA-Regionen nach Europa
- Risiken und Potenziale eines Wasserstoffexports aus MENA-Staaten
- Wasserstoff-Transportoptionen und Auswirkungen auf Transformationspfade
- Narrative einer Wasserstoffökonomie und gesellschaftliche Wahrnehmungen
- Vergleich zur Wasserstofferzeugung in Deutschland
Die Teilprojekte im Einzelnen
Cluster E vereint insgesamt vier Teilprojekte (TP E1 bis TP E4).
Ziel von TP E1 - Marktmodellgestützte energiewirtschaftliche Analyse des H2-Importbedarfs und des -Importpotenzials synthetischer Gase aus MENA-Staaten ist es, den Analysefokus auf die Angebotsseite zu legen und dabei für das europäische Energiesystem mit Hilfe von Kostenpotenzialkurven zu ermitteln, woher und zu welchen Preisen Wasserstoff kosteneffizient bezogen werden kann. Dabei stehen die MENA-Staaten (Middle East and North Africa) im Fokus. Mit einem systematischen daten- sowie modellgestützten Vorgehen werden erfolgsversprechende Herkunftsländer zur Deckung der Wasserstoffnachfrage identifiziert. Ferner sollen Erzeugungs- und Handelsmengen unter energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen modelliert und ein europäisches Wasserstoffmarktmodell aufgebaut werden, um darauf aufbauend strategische Perspektiven und politische Handlungsempfehlungen zu entwickeln.
Die fachliche Betreuung des TP übernehmen die Professur für Betriebswirtschaftslehre, insb. Energiewirtschaft der Fakultät Wirtschaftswissenschaften (Erstbetreuung Prof. Dominik Möst) und die Professur für Big Data Analytics in Transportation der Fakultät Verkehrswissenschaften (Zweitbetreuung Prof. Pascal Kerschke) der TU Dresden.
Im TP E2 - Plasmachemische Synthese von Energieträgern für
Speicherung und Transport von grünem Wasserstoff sowie als Grundlage für die Produktion von E-Fuels soll eine skalierbare Technologie zur Erzeugung chemischer
Energiespeicher, beispielsweise für den sicheren, effizienten Transport aus MENA-Ländern oder auch für die Integration in Energieparks, entwickelt und mit Konkurrenztechnologien verglichen werden. Ziel ist es, die Synthese v. a. flüssiger Medien wie Methanol durch Konversion von grünem Wasserstoff und Kohlendioxid in Elektronenstrahl-erzeugten Plasmen an Atmosphären- bzw. Grobvakuumbereich zu untersuchen.
Die fachliche Betreuung des Teilprojekts übernimmt die Professur für Beschichtungstechnologien für die Elektronik der Fakultät Elektrotechnik und
Informationstechnik der TU Dresden (Prof. Elizabeth von Hauff).
Angesichts des zunehmenden politischen Interesses an einem Europäisch-
Nordafrikanischen Wasserstoffprogramm soll im TP E3: Erweiterte Kosten-Nutzen-Analyse für Wasserstoffproduktion in MENA-Staaten die Methodik zur Evaluation eines solchen Programms weiterentwickelt und auf ein oder mehrere MENA-Staaten (Mittlerer Osten und Nordafrika) angewendet werden. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf der Modellierung und Quantifizierung von Investitionsrisiken und des Zusammenhangs der Investitionen zu den Zielen der Vereinten Nationen einer nachhaltigen Entwicklung (im Folgenden SDGs) im Rahmen einer jeweils geeigneten Evaluierungsmethode, wie der Kosten-Nutzen-Analyse oder der Real Option Analyse. Eine weitere Herausforderung, der sich das Teilprojekt annimmt, ist die Evaluation der Wirkung der Energie-/Wasserstoff-produktion auf die SGDs der UN wie Nachhaltigkeit, Beitrag zur Reduktion des Klima-wandels, die soziale Dimension und die Entwicklungsperspektive im Zusammenhang mit der Wasserstoffproduktion erweitert. Dabei ist auch die Integration in die lokale und afrikanische Stromversorgung zu betrachten. Unter anderem sind zudem auch die Kosten und Nachhaltigkeitsaspekte der benötigten Ressourcen zu modellieren. Fachlich betreut wird dieses Teilprojekt von der Professur für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Verkehrspolitik und Raumwirtschaft der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ der TU Dresden (Prof. Georg Hirte).
Das TP E4: Wasserstofftechnologie und -wirtschaft in den Medien – eine international ver-gleichende Analyse ihrer journalistischen Konstruktion unter besonderer Beachtung der MENA-Staaten sowie der Darstellung mittelständischer Unternehmen geht der Frage nach, wie Wasserstofftechnologie und -wirtschaft und ihre politischen Rahmenbedingungen in den Medien dargestellt, kommentiert und gerahmt werden. Dabei werden sowohl traditionelle Massenmedien untersucht (Zeitungen, Zeitschriften) als auch journalistisch relevante Teile der digitalen Öffentlichkeit (Online-Foren, Blogs, Soziale Netzwerke). In theoretischer Hinsicht sollen Narrative und journalistisches Framing untersucht werden, womit die Frage beantwortet wird, welche Deutungsrahmen die Diskurse dominieren und wie diese zustande kommen. Fachlich betreut wird dieses Promotionsvorhaben von der Professur für Kommunikations-wissenschaft mit dem Schwerpunkt Wirtschafts- und Politikkommunikation der Philo-sophischen Fakultät der TU Dresden (Prof. Lutz Hagen).