Tagung Wohnwandel: Mensch-Gebäude-Technik
Wir müssen uns verlassen können!
Fachtagung „Wohnwandel: Mensch – Gebäude – Technik“ thematisiert Dialog zwischen Akteuren zur Umsetzung generationengerechter Gebäude
Radebeul, 5. November 2015.
Die weitere Vernetzung und der tiefe Dialog zwischen allen Akteuren, die an der Planung demografisch nachhaltiger und mit alltagsunterstützender Technik (AAL – Ambient Assisted Living) ausgestatteter Gebäude beteiligt sind, standen am 5. November 2015 in Radebeul im Mittelpunkt der Tagung „Wohnwandel: Mensch – Gebäude – Technik“.
Ausgerichtet vom Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG), der TU Dresden und der SmartHome Initiative präsentierte die Veranstaltung aktuelles Fachwissen, Produkte und Entwicklungen der Industrie auf dem Gebiet technischer Unterstützungssysteme bzw. assistiver Technologien und vielfältige in der Praxis bereits realisierte Projekte, die durch eine alternsgerechte, demografisch nachhaltige Gebäudearchitektur hervorstechen. Themen wie der derzeitige Stand der Forschung, ethische Gesichtspunkte sowie Möglichkeiten der Finanzierung und der Marktgestaltung ergänzten das Angebot.
Ca. 230 Architekten, Fachplaner und Handwerker diskutierten in Radebeul mit Vertretern der Politik, der Wohnungswirtschaft, der Wissenschaft und der technischen Dienstleistungskette über die Gestaltung integraler und gewerkeübergreifender Kooperations- und Planungsstrategien sowie über eine sinnvolle und wirtschaftlich realisierbare Gestaltung von alterns- und generationengerechten Gebäuden. Wichtig seien hier vor allem die demografisch, baulich und wirtschaftlich begründete Perspektive der Bauherren und Immobilieneigentümer wie auch der Nutzen für die Mieter.
Das Forschungsprojekt MATI: Mensch – Architektur – Technik – Interaktion
Die Tagung ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten interdisziplinären wissenschaftlichen Forschungsprojektes „MATI: Mensch-Architektur-Technik-Interaktion“. Dieses untersucht und erarbeitet seit Herbst 2014 neue Lösungsansätze für die Umsetzung demografisch nachhaltiger, generationengerechter Gebäude durch eine verbesserte Mensch-Architektur-Technik-Interaktion (MATI). Dazu gehören die Beseitigung bestehender Probleme in der Umsetzung generationengerechter Gebäude seitens der Architekten und der Gebäudenutzer sowie die Verbesserung der Kooperation in den Schnittstelle des gesamten Planungsprozesses der Gebäudetechnik. Zu den Projektpartnern gehören die Professur für Sozial- und Gesundheitsbauten der Technischen Universität Dresden (TUD), die Fakultät Informatik der TU Dresden, das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) sowie der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG).
„Wir haben untersucht, welche Hindernisse in der Umsetzung generationengerechter Gebäude seitens der Architekten und der Gebäudenutzer bestehen und welche Kooperationsherausforderungen in der Schnittstelle zwischen Architekten und Fachplanern für Gebäudetechnik zu finden sind. Unser Ziel ist es, durch eine verbesserte Mensch-Architektur-Technik-Interaktion den Bau demografisch nachhaltiger Gebäude voranzubringen“, so Frau Prof. Gesine Marquardt.
Zur Tagung und im Rahmen des Projektes wurde der Tagungsband „MATI: Mensch- Architektur- Technik-Interaktion für demografische Nachhaltigkeit" veröffentlicht. Dieser bietet einen aktuellen Überblick über demografisch nachhaltiges Bauen, welches Barrierefreiheit und den Einsatz technischer Unterstützungssysteme in sich vereint. Er kann kostenfrei über die TU Dresden, Fakultät Architektur, Professur für Sozial- und Gesundheitsbauten bezogen oder direkt über den Fraunhofer IRB Verlag (ISBN 978-3-8167-9472-1) bestellt werden.
Neues Verständnis und Wandel des Planungsprozesses notwendig
Wohnungswirtschaftliche Akteure und deren Kooperationspartner beschäftigen sich seit langem mit neuen Wohn- und Versorgungsformen, um den Herausforderungen des demografischen und sozialen Wandels wie Altersarmut, Pflegepersonalverknappung sowie Infrastrukturdefizite in ländlichen Regionen mit entsprechenden Wohnungsangeboten bewältigen zu können. Schwerpunkt bildet dabei die Unterstützung des selbstbestimmten Wohnens und Lebens in städtischen und ländlichen Regionen durch bedarfsgerechte bauliche, soziale sowie unterstützende technische Dienstleistungen.
„Unsere Aufgabe besteht darin, bezahlbaren Wohnraum als soziales Gut für alle zur Verfügung zu stellen. Themen wie Prävention, Betreuung und Pflege wie auch der ökologischen Verantwortung steigen stetig in ihrer Bedeutung. Damit wächst die Komplexität der Gestaltung von generationsgerechtem Wohnraum. Dies erfordert, dass die jeweiligen Akteure unsere Anforderungen wie auch die baulichen und technologischen Möglichkeiten kennen und zukunftssicher planen und integrieren können. Wir als Wohnungswirtschaft müssen uns hier auf die Expertise von Architekten, Planern und des Handwerks verlassen können. Dazu braucht es neue Rahmenprozesse – auch der Finanzierung, mehr Wissensvermittlung und eine intensivere sektorenübergreifende Kooperation“, fordert Dr. Axel Viehweger, Vorstand des VSWG.
Die Forderung, mehr generationengerechten Wohnraum in Deutschland zu schaffen, ist jetzt auch ein Bestandteil des Koalitionsvertrags der 18. Legislaturperiode. Zur Umsetzung dieses Zieles sind in Wohngebäuden die Veränderungen der Bedürfnisse der Bewohner in Abhängigkeit ihrer verschiedenen Lebensphasen zu berücksichtigen.
Eine maßgebliche Rolle kommt hier der Architektur und der Fachplanung zu: Sie fördert – oder aber auch hindert – die Planung demografisch nachhaltiger Gebäude und damit die Voraussetzung für die Integration möglicher Unterstützungspotenziale. Doch die Bereitschaft, sich mit den Themen und Möglichkeiten technischer Assistenzsysteme und deren Integration in eine demografisch nachhaltige Planung und Umsetzung von Wohnraum und Gebäuden auseinanderzusetzen, ist seitens der Planungskette zurückhaltend. Dies ist wohl auf immer noch vorhandene Vorurteile, Fehleinschätzungen und mangelnde Ausbildung zurückzuführen. Fakt ist: Herkömmliche Planungsprozesse reichen nicht aus, die Anforderungen des Marktes erfordern einen Wandel hin zu einem Planungsprozess, der sich gewerkeübergreifend und interdisziplinär gestaltet.
Auch die Befähigung der beteiligten Akteure des Planungsprozesses, eine Erweiterung der Aus- und Weiterbildung sind wesentliche Ansatzpunkte für die Überwindung dieser Schwierigkeiten.
„Der stattfindende ‚Wohnwandel‘ erfordert bei Planern und Architekten einen gezielten Wissensaufbau zu zeitgemäßen aber auch zukünftigen Wohnsituationen, eine Veränderung des Planungsverhaltens und des Rollenverständnisses für Renovierungs-, Sanierungs- und Neubaumaßnahmen. Dies alles soll möglichst innerhalb bestehender Strukturen und Gesetze erfolgen – für fast alle Akteure eine große Herausforderung. Durch unsere aktive Mitwirkung in vielen Normengremien und politischen Arbeitskreisen sowie zahlreichen Erfahrungen aus realen Projekten verfügt der SmartHome Initiative Deutschland e.V. über ein breite Kompetenz, um die notwendigen Entwicklungen des Marktes zu unterstützen und zu begleiten“, so Alexander Schaper, Geschäftsführer des Bundesverbandes.