Herbstexkursion nach Berlin vom 28. bis 29. Oktober 2010
In guter Tradition des Instituts führte die Herbstexkursion 2010 erneut nach Berlin.
Donnerstag, 28.10.2010
Betonmischanlage des BBI
Die erste Station unserer diesjährigen Herbstexkursion führte uns zu der zentralen Betonmischanlage des neuen Flughafens Berlin Brandenburg International BBI. Seit 2007 stellt die Firma becker bau GmbH & Co. KG den gesamten für den Neubau benötigten Beton in dieser Anlage her. Für die Gebäude und die Verkehrsflächen werden insgesamt 2,4 Mio m³ Beton benötigt. In einer der modernsten mobilen Betonmischanlagen Europas (bestehend aus fünf Einzelanlagen), werden bis zu 1.100m³ Beton pro Stunde beziehungsweise 11.000 m³ am Tag produziert.
Bei einer interessanten Führung durch den Werksleiter bekamen wir einen Einblick in die Mischtechnik und die Logistik sowie in die zu erfüllenden Auflagen. So war es zum Beispiel nicht möglich, einen Brunnen für das Anmachwasser anzulegen; stattdessen wird dazu Trinkwasser genutzt. Auch wurde auferlegt, dass sämtliche Betonzuschlagsstoffe per Schiene und nicht mit Lkws antransportiert werden sollen. Das führte dazu, dass jeden Tag durchschnittlich 6 Züge mit ca. 1.600 Tonnen Sand, Splitt, Kies und Zement abgewickelt werden mussten. Auch der Stromverbrauch in dieser Anlage ist gigantisch; sie verbraucht in etwa so viel wie der alte Flughafen Schönefeld im Regelbetrieb. Für den Transport des Betons von der Mischanlage zur Einbaustelle verkehren 45 bis 50 Lastkraftwagen. Dabei bedienen Kipper die Landebahnen sowie Rollfelder und Fahrmischer den Rohbau. Durch den nahen Flugverkehr wurden große Anforderungen an die Staubemissionen gestellt. Aufgrund dessen bewässert ständig ein Tankwagen das Gelände der Anlage.
Die Anlage bleibt noch bis zum Ende der Bauarbeiten am neuen zentralen Flughafen Berlins im Jahre 2012 in Betrieb.
Neubau Landtag Potsdam Stadtschloss
Die nächste Baustelle, die wir besichtigten, lag in Potsdam. Dort baut die BAM Deutschland AG im historischen Zentrum der Stadt den neuen Landtag Brandenburgs an Stelle des alten Stadtschlosses. Nach einer kurzen Vorstellung der bauausführenden Firma wurden wir in den Vergabeprozess und das eigentliche Bauvorhaben eingeführt. Der Neubau soll sich im Äußeren an der historischen Fassade orientieren und alte Steinfragmente des 1959 gesprengten Stadtschlosses integrieren. Mit Plänen und Graphiken wurde das Bauvorhaben veranschaulicht. Das Projekt wird in einem Public Privat Partnership-Modell (PPP-Modell) verwirklicht. Die BAM Deutschland AG errichtet das Gebäude schlüsselfertig und vermietet es inklusive Unterhaltung 30 Jahre nach Baufertigstellung an das Land Brandenburg. Dieses kann das Gebäude nach diesem Zeitraum kaufen oder weiter mieten. Im September letzten Jahres wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Zum Zeitpunkt unseres Besuches war die Baugrube ausgehoben. Bereits in dieser frühen Bauphase gab es hohe Anforderungen, da die historischen Gründungen des alten Stadtschlosses erhalten bleiben sollen. So mussten neben die bestehenden Fundamente aus Ziegeln und Feldsteinen Bohrpfahlgründungen gesetzt werden, um die Lasten in den Boden abtragen zu können. Des Weiteren wird ein alter Fliesenfußboden erhalten, der später im fertigen Gebäude durch eine Glasplatte im Fußboden sichtbar bleibt. Am Rande der Baugrube konnte eine Musterfassade besichtigt werden. Da die Fassade in historischer Optik auch den Anforderungen der neuen Energieeinsparverordnung (EnEV) genügen muss, besteht sie aus Betonwänden mit darauf aufbauender Dämmung und äußerer Sandsteinvertäfelung. Ende 2012 wird der Bau voraussichtlich abgeschlossen sein.
Hotel Zoofenster
Die letzte Baustelle an diesem Tag führte uns in die Mitte Berlins. Schon auf der letzten Herbstexkursion im Jahr 2009 konnten wir am Bahnhof Zoo die Baustelle Hotel Zoofenster besichtigen. Damals hatte das Unternehmen Alpine Bau Deutschland AG (Alpine) erst die vier Untergeschosse und das EG im Rohbau hergestellt. Seitdem wuchs das Gebäude auf nun 32 Geschosse. Um dies realisieren zu können, kam Kletterschalung zum Einsatz. Bei unserem diesjährigen Besuch war der Rohbau weitgehend abgeschlossen und der Innenausbau in vollem Gange. Wir konnten nun mit einem Außenaufzug in den 31. Stock des 118 Meter hohen Neubaus fahren und von dort den Blick über Berlin genießen. Hauptmieter des Gebäudes wird die Hotelgruppe Waldorf Astoria sein. Des Weiteren wird es als Büro- und Geschäftshaus genutzt. Die Bürobereiche werden je nach Mieter individuell gestaltet. Der Ausbau der Hotelzimmer wird von der Alpine durchgeführt und soll im November 2011 abgeschlossen sein. Die technische Gebäudeausrüstung wird hauptsächlich durch das Unternehmen Alpine realisiert. Die Ausbaukosten belaufen sich auf rund 82 Mio. €, wobei allein 4 Mio. € auf die aufwändige Fahrstuhltechnik inklusive Einbau entfallen. Baubeginn war im Februar 2009.
Freitag, 29.10.2010
Fertigteilwerk Hennigsdorf
Der zweite Tag begann für uns im Werk der allton Fertigteile GmbH im Nordwesten Berlins. Das Werk produziert ca. 500 Fertigteile im Monat mit einem Gesamtgewicht von 60.000 Tonnen im Jahr.
Zu Beginn bekamen wir einen Einblick in die Planung der Fertigteile in den hauseigenen Büros. Anschließend zeigte uns der Werksleiter die Disposition, welche eine konstante Werksauslastung organisiert. Bei dem Rundgang durch die Fertigungshallen konnten wir die Produktionsstufen eines Fertigteiles sehen. Von der Eisenbiegerei, über den Schalungsbau bis hin zur Nachbehandlung. Das Werk fertigt die Bewehrung mit zwei Eisenbiegemaschinen komplett eigenständig. Die Schalung wird auf entsprechenden Schaltischen aufgebaut, welche häufig für bestimmte Elementtypen (stabförmig, flächig, Pi-Decken u.v.m.) vorgesehen sind. Bei der Nachbehandlung werden Fehlstellen ausgebessert und nach Wunsch Besonderheiten wie Waschbeton oder angesäuerte Oberflächen hergestellt. Sichtbetone können bis SB-Klasse 3 hergestellt werden; die Farben der Betone lassen sich variieren. Auch verklinkerte Oberflächen stellt das Werk mit Fertigteilen her.
Hervorzuheben ist ein Auftrag des Werkes für das Naturkundemuseum Berlin. Von der alten Fassade des Hauses wurden Abdrücke genommen. Die daraus hergestellten Matrizen dienten als Schalung für Fertigteile, welche exakt die gleiche Oberflächenform wie das Original haben, inklusive Einschusslöcher und Holzmaserung der Fensterrahmen.
Eissporthalle
Die Eissporthalle nahe des Olympia Stadions in Berlin wird als Ersatzneubau für das Deutschlandstadion errichtet, welches wegen Asbestbelastung abgerissen werden muss. Die WOLFF & MÜLLER Holding GmbH & Co. KG erhielt den Auftrag für die Rohbauarbeiten. Hauptsächlich wird die Halle aus Fertigteilen, geliefert vom Unternehmen allton Fertigteile GmbH, errichtet, womit eine kurze Bauzeit realisiert wird. Die Halle besteht nach Fertigstellung aus einer umbauten Eisfläche mit Zuschauerrängen für den Vereinssport und einer überdachten Eisfläche für den Publikumslauf.
Die Bereiche um die Eisfläche wurden betoniert und mit einer Hartstoffeinstreuung versehen, welche dem Beton eine erhöhte Abriebfestigkeit gibt. Die Fertigteilfugen müssen aufgrund der F90 Brandschutzanforderung mit entsprechenden Fugenbändern versehen werden.
Der Nebenbau mit den Funktions- und Umkleideräumen wurde aus Mauerwerk mit einem Ortbeton-Ringanker und Filigrandecken ausgeführt.
Ramada Hotel
Den Abschluss unserer Herbstexkursion 2010 stellte die Besichtigung der Baustelle des Ramada- und H2-Hotels dar. Das Unternehmen Ed. Züblin AG erhielt für dieses Projekt den Zuschlag für die Lose Erdbau, erweiterter Rohbau und Ausbau. Der zuständige Bauleiter führte uns durch das Objekt. Die Rohbauarbeiten waren abgeschlossen und wir konnten die gesamte Bandbreite der Ausbauarbeiten sehen. In einigen Etagen waren die Räume schon komplett fertiggestellt, lediglich das Mobiliar ist noch einzuräumen und eine Endreinigung durchzuführen. Dann kann das Hotel eröffnen.
Die sehr begrenzten Lagerflächen auf der Innenstadtbaustelle stellten hohe Ansprüche an die Baulogistik. Um die Rohbauarbeiten zu beschleunigen, wurden entgegen der ursprünglichen Planungen viele Fertigteile verwendet. So wurden Schottwände, Elementdecken und Fassadenelemente extern produziert und lediglich vor Ort eingesetzt. Die Bäder wurden als komplett ausgestattete Zellen angeliefert und am Einbauort an die Installationsleitungen angeschlossen.
Nach Abschluss der Rohbauarbeiten musste der Berliner Verbau vollständig zurückgebaut werden. Diese Vorgabe des Landes Berlin war mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden, da dieses Vorgehen kaum angewendet wird und entsprechende Erfahrungen fehlten.
Wir danken den beteiligten Firmen für die Möglichkeiten des Besuches ihrer Werke und Baustellen sowie für die gebotenen Impressionen.
Text: David Rudolph und Paul Oschatz
Fotos: Paul Oschatz und Christian Flemming