Herbstexkursion nach Leipzig und Berlin vom 24. bis 25. Oktober 2012
In diesem Jahr führte uns die Herbstexkursion über Leipzig nach Berlin. Schon traditionell besucht das Institut für Baubetriebswesen im Oktober mit seinen Vertieferstudenten Baustellen in und um Berlin. Die jährlich stattfindende Exkursion hat inzwischen einen Bekanntheitsgrad über die Grenzen des Instituts hinaus erlangt. So nahmen in diesem Jahr neben den Studenten des Institutes für Baubetriebswesen auch 18 Studenten anderer Vertiefungsrichtungen an der Exkursion teil.
Mittwoch, 24.10.2012
Citytunnel Leipzig
Zu Beginn unserer diesjährigen Herbstexkursion besuchten wir auf unserem Weg nach Berlin den Citytunnel in Leipzig. Der Citytunnel Leipzig soll die Nachteile des Leipziger Hauptbahnhofes als Kopfbahnhof beheben und zusammen mit dem Citytunnel teilweise als Durchgangsbahnhof fungieren. Somit wird eine direkte unterirdische Verbindung nach Süden Richtung Hof geschaffen. Der Tunnel soll von den Zügen aller Leipziger S-Bahn-Linien befahren werden. Man erhofft sich damit im Nahverkehr eine kürzere Taktfolge und schnellere Verbindungen, wodurch dem ÖPNV zusätzliche Fahrgäste zugeführt und der Straßenverkehr in der Stadt entlastet werden soll. Bis zur voraussichtlichen Eröffnung im Dezember 2013 folgen aktuell die Innengestaltung des Tunnels und der Stationen sowie der streckentechnische Ausbau. Die zuständige Bauüberwachung für den technischen Ausbau von der Fa. Hyder Consulting GmbH Deutschland stellte uns zuerst das Unternehmen und anschließend kurz das Gesamtbauvorhaben vor. Die zahlreichen Erläuterungen zu Detailfragen der TGA-Installationen erfolgten in sito bei der 4 km langen Begehung der Tunnelröhre vom Hauptbahnhof bis hin zum Tunnelende am Bayrischen Bahnhof. Zum Fahrplanwechsel 2013/2014 sollen die Bauarbeiten und der Probebetrieb abgeschlossen sein.
Bundesministerium für Bildung und Forschung Berlin
Am Nachmittag des ersten Exkursionstages wurden wir von der BAM Deutschland AG auf die Baustelle zum ÖPP-Projekt des „Bundesministeriums für Bildung und Forschung“ eingeladen. Das Ministerium erhält nach Fertigstellung einen neuen zweiten Dienstsitz, direkt im Grenzgebiet der ehemaligen Teilung Berlins. Dem übergeordneten Leitbild der Spreebogenbebauung folgend, entsteht hier ein 6-geschossiges Bürogebäude unter optimalen Energieeinspargesichtspunkten. Um den „Gold-Standard“ für die vertraglich vereinbarte BNB-Zertifizierung zu erzielen, werden neben Photovoltaikelementen in der Fassade, Sandwichpaneelen aus recyceltem Glas und LED-Beleuchtungseinheiten auch modernste thermoaktive Kühldecken (TAK) hergestellt. Eine Brennstoffzelle und ein Blockheizkraftwerk ergänzen diese innovativen Elemente und ermöglichen durch eine intelligente Vernetzung (Smart Grid) die weitgehend autonome Erzeugung der benötigten Energie. Der Projektleiter Herr Davarre erläuterte uns in einem kurzen Vortrag und anschließendem Baustellenrundgang eindrucksvoll die umfangreichen Arbeitsschritte zur Errichtung des Rohbaus.
Donnerstag, 25.10.2012
Intercity Hotel Berlin (Bundesinnenministerium)
Nach der geselligen Abendveranstaltung des Vortages ging es nach dem Frühstück zur ersten Baustelle des zweiten Exkursionstages. Ziel war der Neubau des InterCity Hotels am Berliner Hauptbahnhof mit 8 Obergeschossen und insgesamt 411 Gästezimmern. Wir wurden von der zuständigen Bauleitung der Wolff & Müller Regionalbau GmbH & Co. KG in Empfang genommen und erhielten bei einer kurzen Einführung einen ersten Einblick in das Projekt und die laufenden Rohbauarbeiten. Weitere Erläuterungen, insbesondere zum engen Terminplan, dem Einsatz von über 400 vorkonfektionierten schlüsselfertigen Badzellen und der Zertifizierung nach DGNB-Standard fanden dann bei der Baustellenbegehung statt. Mit Blick vom 8. Obergeschoss wurde uns ein weiteres Projekt der Wolff & Müller Regionalbau GmbH vorgestellt. Das „Bundesinnenministerium“ als eines der letzten neu zu errichtenden Ministerien in Berlin wird westlich des Bundeskanzleramtes unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen errichtet. Aufgrund des engen Zeitplanes bis zur Fertigstellung, ist neben einer ausgeklügelten Baustellenlogistik auch die Arbeit in mehreren Schichten erforderlich.
Schloss Berlin (Humboldt-Forum)
Nach den beiden Hochbau-Baustellen am Berliner Hauptbahnhof wurden wir von der Züblin Spezialtiefbau GmbH zur Besichtigung der umfangreichen Tiefbauarbeiten am „Berliner Schloss“ empfangen. Das 1950 von der DDR Regierung gesprengte Barockschloss, welches nach dem 2. Weltkrieg nur noch als Ruine bestanden hatte, wird mit einem Budget von rund 600 Millionen Euro wieder aufgebaut. Seit dem Spatenstich im Juni 2012 ist das Bauunternehmen mit der Herstellung der Baugrube und der Gründung beschäftigt. Der Projektleiter, Herr Angermann, erläuterte uns die zahlreichen Maßnahmen zur Stabilisierung der Gründungssohle. Das alte Schloss wurde seinerzeit wegen des torfhaltigen Bodens auf tausenden Holzpfählen gegründet, die nun entfernt und durch eine Vielzahl von Bohrpfählen ersetzt werden. Neben dem hohen Grundwasserspiegel und dem partiell auszutauschenden Boden muss auch die alte „Weiße Wanne“ des ehemaligen „Palastes der Republik“ standsicher unterfangen werden. Uns wurde berichtet, dass ein Abbruch der „Weißen Wanne“ zu Setzungen am 150 m entfernten „Berliner Dom“ führen kann und diese deshalb erhalten bleiben muss. Besonders die Herstellung der Bodenplatte mittels Hochdruckinjektionsverfahren ist sehr genau auszuführen, denn parallel zur Errichtung des Schlosses soll die neue U-Bahnlinie im Tunnelvortrieb mit sehr geringem Abstand zur Gründungssohle errichtet werden. Der Zeitplan des Bundesbauministeriums sieht vor, dass das Berliner Schloss bis 2019 rekonstruiert sein soll.
Schiffshebewerk Niederfinow
Als letzte Station führte uns unsere Herbstexkursion 70 km nordöstlich von Berlin nach Niederfinow, wo seit Beginn 2009 der Neubau zum Schiffshebewerk Niederfinow Nord entsteht. Der Bauauftrag ging im Jahr 2008 an die "Bietergemeinschaft Neues Schiffshebewerk Niederfinow" unter Federführung der Bilfinger SE. Die äußeren Abmessungen des neuen Hebewerks betragen: Länge: 133,20 m, Breite: 46,60 m, Höhe: 55,95 m. Dies ermöglicht zukünftig die Durchfahrt für bis zu 115 m lange, 11,45 m breite und 2.300 t schwere Schiffe. Allein der Schiffstrog wiegt gefüllt bei der maximalen Trogwassertiefe von 4 m 9.800 t. Dieses Gewicht wird durch Gegengewichte aus Schwerbeton ausgeglichen, so dass für den Antrieb des Hebewerkes lediglich eine Leistung von 1.280 kW installiert wird. Der zuständige Bauleiter stellte uns das Projekt in einer interessanten Präsentation vor und führte uns anschließend über das Baufeld. Es ging hinauf bis zur entstehenden Kanalbrücke, die sozusagen den oberen Haltepunkt des Aufzuges darstellt. Bei dieser Begehung bekamen wir einen Eindruck über die riesigen Mengen bereits eingebauten Betons. Allein für die Bodenplatte wurden in einer 80-stündigen Betonage ca. 8.000 m³ Beton verbaut, was wiederum nur einen kleinen Teil der Gesamtmenge von 65.000 m³ Stahlbeton darstellt. Alles in allem war die Besichtigung dieser beeindruckenden Ingenieurleistung der krönende Abschluss der diesjährigen Herbstexkursion.
Wir bedanken uns recht herzlich bei den beteiligten Unternehmen und Personen für die interessanten Einblicke in ihre Arbeit zu den beschriebenen Bauvorhaben. Neben den spannenden Baustellenbesichtigungen wurden auch alle unsere Fragen ausführlich beantwortet. Des Weiteren bedanken wir uns bei der Bilfinger SE für ihre finanzielle Unterstützung beim Bustransfer. Ebenso geht ein besonderer Dank an die BAM Deutschland AG für ihre großzügige Einladung in das Hofbräu Berlin, wo neben dem leiblichen Wohl unserer Studenten der rege Informationsaustausch mit den Mitarbeitern des Bauunternehmens gelobt wurde.
Text: Jan Kortmann und Cornell Weller
Fotos: Steffi Wagner, Cornell Weller, Manfred Davarre (zu BMBF)
Animation BMBF: Heinle, Wischer und Partner