Frühjahrsexkursion nach Hamburg und Lübeck vom 6. bis 8. Mai 2015
Die dreitägige Frühjahrsexkursion 2015 führte uns nach Norddeutschland in den Raum Hamburg und Lübeck. Erste Station auf dem Hinweg war der Neubau des Uniklinikums Jena durch die Ed. Züblin AG. Anschließend besuchten wir eine Baustelle zur Abwasserentsorgung der Firma beton & rohrbau in Weißenfels. Den zweiten Tag verbrachten wir in Hamburg und besichtigten den Neubau eines Bürogebäudes durch die BAM AG sowie eine Brückenbaustelle von Hentschke Bau. Danach erläuterte uns das Architekturbüro CORE architecture den Einsatz von Building Information Modelling (BIM) im Planungs- und Ausführungsprozess. Am letzten Tag besichtigten wir Sanierungsmaßnahmen am Rathaus und an der Hafendrehbrücke in Lübeck. An der Exkursion nahmen 25 Studierende aus den Vertiefungen Baubetriebswesen, Gebäude-Energie-Management und Konstruktiver Ingenieurbau teil.
Neubau Uniklinikum Jena – Ed. Züblin AG
Der Weg nach Hamburg führte uns über Jena, wo wir die Baustelle des Uniklinikums besuchten. Ziel der Baumaßnahme ist die Zentralisierung des Klinikums am Standort Jena-Lobeda. Die bisher im ganzen Stadtgebiet verteilten Kliniken sollen an einem Ort in modernsten Gebäuden zusammengeführt werden, mit deren schlüsselfertiger Erstellung die Ed. Züblin AG beauftragt wurde. Momentan läuft der zweite Bauabschnitt, in dem die medizinischen Zentren, ein Forschungs- und Institutsgebäude sowie eine Eingangshalle errichtet werden. Sie bieten Platz für über 700 Betten, 15 Kliniken und Institute sowie 12 Operationssäle. Insgesamt sind auf der Baustelle etwa 550 Mitarbeiter beschäftigt, davon 50 in der Bauleitung. Besondere Herausforderungen sind das Bauen in unmittelbarer Nähe zum laufenden Krankenhausbetrieb und die engen Platzverhältnisse. So ist der gesamte Lieferverkehr über ein Logistikkonzept strikt an Zeitfenster gebunden, die online mithilfe einer Software vergeben werden. Die Besichtigung führte uns vom Keller bis auf das Dach des Klinikums und bot Einblicke in interessante Bereiche wie zukünftige OP-Säle, die Station für Nuklearmedizin, die Caféteria und ein Geschoss ausschließlich für die technische Gebäudeausrüstung. Ein bereits fertiggestelltes Muster-Krankenzimmer ließ vorausahnen, wie die Unterbringung der Patienten in Zukunft aussehen wird. Nach der Fertigstellung Mitte 2016 und anschließendem Umzug der Stationen ist der Abbruch einiger alter Klinikgebäude geplant.
Abwasserentsorgung Weißenfels – beton und rohrbau GmbH
In Weißenfels an der Saale besuchten wir die Baustelle der Firma beton & rohrbau zur Errichtung eines Regenüberlaufbeckens und der dazugehörigen Kanäle. Die Baumaßnahme dient der Sicherstellung der Abwasserentsorgung im Falle eines Starkregenereignisses. Dazu werden parallel ein neuer Hauptsammler und ein Rückhaltebecken gebaut. Die Gründung des Beckens besteht aus einer Unterwasserbetonsohle auf Bohrpfählen. Ein besonderes Risiko während der Bauzeit geht von der naheliegenden Saale aus. Aus diesem Grund gibt es für den Fall einer Überschwemmung einen umfangreichen Hochwassermaßnahmenplan. Die Baumaßnahme begann im Sommer 2014 und soll im Herbst 2015 fertiggestellt sein.
Büro- und Geschäftshaus „Am Alsterufer“– BAM Deutschland AG
Den zweiten Tag der Exkursion verbrachten wir in Hamburg. Zunächst besuchten wir die Baustelle eines Büro- und Geschäftsgebäudes direkt am Alsterufer im Zentrum der Stadt. Die BAM Deutschland AG erstellt die Baumaßnahme schlüsselfertig. Während im Erdgeschoss vor allem Geschäfte einziehen sollen, sind die sieben Obergeschosse für Büros vorgesehen. Durch die repräsentative Lage in der Stadt legt der Bauherr großen Wert auf hochwertige Architektur und Technik. Dies zeigt sich zum Beispiel an der Natursteinfassade mit geschosshohen Fenstern oder an den durch mobile Wände komplett flexibel gestaltbaren Büros. Aufgrund der engen Platzverhältnisse in der Innenstadt stehen die zwei Krane im Innenhof des Gebäudes und durchdringen dabei die Decken der Untergeschosse.
Erschließung Neue Kattwykbrücke – Hentschke Bau GmbH
Anschließend ging es zum Hafen in den Süden Hamburgs. Die bestehende Kattwykbrücke aus den 1970er Jahren ist eine bedeutende Ost-West-Verbindung über die Süderelbe. Momentan verläuft der gesamte Straßen- und Eisenbahnverkehr über eine Hubbrücke, sodass es aufgrund des gestiegenen Verkehrsaufkommens täglich zu langen Wartezeiten für Autofahrer bei Zugüberquerungen und Schiffspassagen kommt. Deshalb entschloss sich die Hamburg Port Authority (HPA) zum Bau einer neuen Brücke, die ausschließlich dem Bahnverkehr vorbehalten ist. Die neue Bahnbrücke Kattwyk entsteht nur 50 m neben der bestehenden und ähnelt dieser auch in der Konstruktion. Es handelt sich um eine parallelgurtige, über drei Felder ausgeführte Stahlfachwerkbrücke mit zwei Pylonen und einem Friktionsantrieb zum Heben und Senken des Hubfeldes. Zusätzlich übernimmt die Firma Hentschke Bau auch noch die Errichtung von Hochwasserschutzwänden sowie zwei Trassenüberquerungen. Besondere Auflagen für die Baustelle ergeben sich durch im Boden verlaufende Gefahrstoffrohre im Bereich der Brückenauffahrt. Die Fertigstellung inklusive Gleis- und Straßenbau ist für das Jahr 2018 geplant.
Anwendung von BIM – CORE architecture Hamburg
Danach fuhren wir zurück in die Hamburger Innenstadt. Hier erklärte uns Herr Kölln vom Architekturbüro CORE architecture die Anwendung der Building Information Modelling (BIM)-Methode am Beispiel eines zu sanierenden Hauses. Nach einer Einführung in die Arbeitsmethodik und verschiedene Softwareprogramme wurde darüber diskutiert, wie sich BIM in Zukunft auf die Bauprozesse auswirken wird und welche Möglichkeiten sich dadurch ergeben. Herr Kölln betonte weiterhin die Wichtigkeit einer besseren Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren und Architekten und eines gemeinsamen Denkens. Zum Schluss durften einige Studenten selbst im Gebäude nach Bauschäden suchen und diese mithilfe einer BIM-Software klassifizieren und in das Gebäudemodell eintragen.
Sanierung Rathaus Lübeck
Den letzten Tag verbrachten wir in Lübeck und sahen uns die Sanierung des historischen Rathauses aus dem 13. Jahrhundert an. Bei Untersuchungen zu Bauschäden durch Feuchte wurden auch Konstruktionsfehler am Dachstuhl des Bürgerschaftssaals festgestellt. Die acht Meter hohen Mauerwerkswände waren nicht mehr in der Lage, die Lasten des Daches dauerhaft aufzunehmen. Gelöst wurde das Problem mit Zugbändern aus Edelstahl durch den Bürgerschaftssaal und Erneuerung der Dachstreben. Natürlich spielten hier Bestimmungen des Denkmalschutzes eine wichtige Rolle, sodass der Eingriff minimal sein sollte. Interessant war auch die Entscheidung, einige Stellen an Decken und Wänden unverkleidet zu lassen, um einen Einblick auf die alten Materialien zu ermöglichen. Im Zuge der Sanierung werden auch der Brandschutz und die Belüftungsanlagen auf den neuesten Stand gebracht.
Sanierung Hafendrehbrücke Lübeck
Den Abschluss der Exkursion bildete die Sanierung der denkmalgeschützten Hafendrehbrücke über die Trave aus dem Jahr 1892. Das genietete Stahlfachwerk wies einen hohen Substanzverlust auf und bedurfte einer dringenden Überholung. Dazu wurde der gesamte 350 t schwere Brückenüberbau ausgehoben und mittels Schwimmkran in eine Halle zur Instandsetzung gebracht. Dort wurde der alte Korrosionsschutz entfernt, geschädigte Stahlprofile ausgetauscht bzw. verbessert und ein neuer Korrosionsschutz aufgetragen. Zugunsten der Radfahrer wurden auch die Schienen auf der Fahrbahn verschlossen. Nach der äußeren Besichtigung durften wir das Brückenwärterhaus besuchen und erhielten einen Einblick in den hydraulischen Brückendrehmechanismus. Die Maßnahme steht nach achtmonatiger Bauzeit kurz vor dem Abschluss.
Text: Johannes Löschau
Bilder: Johannes Löschau
Exkursionsleitung:
Martin Krause
Cornell Weller