Herbstexkursion nach Berlin vom 05. bis 06. November 2015
Die diesjährige Herbstexkursion führte uns wie jedes Jahr in die Bundeshauptstadt. Das abwechslungsreiche Programm bot Einblicke in die verschiedensten Bereiche der Bauausführung. Am ersten Tag besichtigten wir eine Brückenbaustelle, einen repräsentativen Neubau auf der Museumsinsel sowie klassischen Wohnungsbau. Tags darauf standen eine Kraftwerksbaustelle und der Bau eines Sport- und Freizeitbades auf dem Plan. An der Exkursion nahmen 26 Studentinnen und Studenten der Vertiefungen Baubetriebswesen, konstruktiver Ingenieurbau, Wasserbau und Gebäude-Energie-Management sowie des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen teil.
Donnerstag 05.11.2015
Spreebrücke IMO Leipzig GmbH
Im Zuge der Verkehrsplanungen einer neuen Süd-Ost-Verbindung in Schöneweide entsteht eine Brücke über die Spree, um bestehende Flussquerungen zu entlasten sowie die Umwelt- und Lärmbelastungen zu mindern. Die Montage der Brückenbauteile übernimmt das Stahlbaumontageunternehmen IMO Leipzig GmbH.
Die Brücke wird als eine Deck-Fachwerkbrücken-Kombination in Stahlverbundbauweise über fünf Felder mit unterschiedlichen Spannweiten ausgeführt. Dafür kommen die einzelnen Stahlbauteile auf die Baustelle und werden dann über Land vormontiert und verschweißt. Mit Hilfe eines Schwerlastrollers wird der Überbau dann auf die Pfeiler vorgeschoben.
Probleme bereiteten vor allem die Gründungsverhältnisse beim Bau der Stützen und der Fundamente. Interessanterweise befindet sich am nördlichen Flussufer eine alte Müllhalde, sodass einerseits die Tragfähigkeit, aber auch eine mögliche Umweltbelastung durch Schadstoffaustritt beachtet werden musste. Um eventuelle Setzungen der Brückenpfeiler auszugleichen, kommen Stützenpressen zum Einsatz.
James-Simon-Galerie – Dreßler Bau GmbH
Die zweite Baustelle führte uns in das kulturelle Herz Berlins. Im Rahmen des Masterplans zur Modernisierung und Sanierung der Museumsinsel entsteht nach den Plänen von David Chipperfield ein neues, zentrales Eingangsgebäude namens James-Simon-Galerie. Es soll eine wegweisende Funktion für Besucher haben und den unterirdischen Zugang zu den fünf Museen ermöglichen. Außerdem ist Platz für wechselnde Ausstellungen vorgesehen. Die Bauausführung übernimmt die Dresdner Niederlassung der Dreßler Bau GmbH in einer Arge mit Hentschke Bau.
Das Projekt knüpft an den Stil der umliegenden Bauwerke an und beinhaltet einen Hof mit Kolonnadengang. Die Säulen werden aus Beton gefertigt, mit einem eigens ausgewählten Zuschlagstoff aus dem Erzgebirge. Das Gebäude selbst wird innen größtenteils aus Ortbeton der höchsten Sichtbetonklasse hergestellt, während außen Betonfertigteile zum Einsatz kommen. Interessant war die Verwendung von langen Baumstämmen als kostengünstige temporäre Stützen für die Decken.
Auch bei diesem Bau wurde der schwierige Baugrund zum Problem und verursachte erhebliche Verzögerungen im Bauablauf. Das Grundwasser steht bereits in 2m unter Geländeoberfläche an und tragfähiger Baugrund wird erst in bis zu 40m Tiefe erreicht. Daher wurde die Gründung des Gebäudes mit 1300 Stahlbetonbohrpfählen und einer Betonsohle unter Wasser realisiert.
Geplanter Eröffnungstermin der James-Simon-Galerie ist im Jahr 2017. Bis 2025/26 soll dann die gesamte Museumsinsel im Sinne des Masterplans vollendet sein.
The Garden Living – BAM Deutschland AG
Die letzte Baustelle des ersten Tages war der Neubau eines Wohnkomplexes in Berlin-Mitte durch die BAM Deutschland AG. Dort entstehen, aufgeteilt auf 16 Häuser und 12.000m² Grundstücksfläche, 300 Wohnungen, die teils vermietet und teils verkauft werden sollen. Die Wohnungstypen variieren vom einfachen Apartment bis zum luxuriösen Penthouse. Die Fassaden weisen eine anspruchsvolle, durchbrochene Struktur mit scheinbar willkürlich angeordneten Balkonen auf, was die Bauausführung erschwert. Für die Fassaden werden unterschiedliche Systeme eingesetzt, unter anderem kommen WDVS oder Aluminium-Blechkassetten zum Einsatz.
Wie der Name schon sagt, wird großen Wert auf eine naturnahe Atmosphäre gelegt. So soll zwischen den Häusern eine Grünanlage mit Sitzgelegenheiten und einem Spielplatz als Rückzugsort mitten in der Stadt entstehen. Außerdem sind begrünte Terrassen und Dächer geplant. Entsprechen dem KfW-Effizienzhaus-Standard 55 werden die Gebäude sehr energieeffizient ausgeführt.
Unter den Häusern wird eine Tiefgarage gebaut, die aufgrund der Innenstadtlage des Gebäudekomplexes ein unverzichtbarer Bestandteil der Baumaßnahme ist. Eine baubetriebliche Herausforderung stellen die engen Platzverhältnisse dar. Es gibt nur eine Ein- und Ausfahrt für sämtliche Lieferfahrzeuge, die ein enges Zeitfenster bekommen und die Baustelle über eine Umfahrt an gleicher Stelle wieder verlassen. Außerdem ist durch die individuelle Ausstattung der Wohnungen und oft wechselnde Kundenwünsche ein gutes Management beim Gebäudeausbau erforderlich.
Freitag 06.11.2015
Heizkraftwerk Lichterfelde – Iberdrola SA
Der zweite Tag begann mit dem Besuch des Heizkraftwerks Berlin-Lichterfelde. Das im Jahre 1972 erstmals in Betrieb genommene Kraftwerk wird durch den Neubau eines Gas- und Dampfturbinenkraftwerks ersetzt und verschiedene bestehende Bauwerke werden abgebrochen. Der Bau wird vom spanischen Kraftwerksbauer Iberdrola SA im Auftrag von Vattenfall durchgeführt. Das Projektvolumen beträgt rund 500 Millionen Euro.
Das neue Kraftwerk wird mit effizienter Gas- und Dampfturbinentechnik Strom (Leistung: 300MW) und Fernwärme (230MW) erzeugen und dabei den Kohlendioxidausstoß im Vergleich zum bestehenden Kraftwerk erheblich reduzieren. Brennstoff der Anlage wird Erdgas sein.
Insbesondere das stringente Baustellenmanagement hat bei der Besichtigung dieser Baustelle beeindruckt. Aufgrund der nur sehr beschränkten Lagerungs- und Zufahrtsmöglichkeiten werden tägliche Koordinationsrunden durchgeführt, um die parallel ablaufenden Bauprozesse zu koordinieren. Darüber hinaus gelten strenge Regeln zum Umgang mit dem Arbeitsschutz (z.B. Schutzbrillenpflicht, konsequente Absperrung von Arbeitsbereichen).
Sport- und Freizeitbad Potsdam – Glass GmbH
Zum Abschluss der Exkursion fuhren wir ins benachbarte Potsdam, um die Baustelle des städtischen Sport- und Freizeitbades „Am Brauhausberg“ zu besichtigen. Der Neubau entsteht in unmittelbarer Nähe zum bestehenden Bad aus den 70er Jahren und soll dieses zukünftig vollständig ersetzen. Die Baukosten betragen etwa 30 Millionen Euro und die Baumaßnahme wird von der Leipziger Niederlassung der Bauunternehmung Glass GmbH ausgeführt.
Das Bad wird in Stahlbetonbauweise errichtet und bekommt eine Stahl-Glas-Elementfassade. Es beinhaltet ein großes Becken mit zehn 50m-Bahnen, ein Lehrbecken, ein Familienbecken, Rutschen, ein Außenbecken sowie einen Wellnessbereich mit Sauna und Dampfbad. Unter dem Gebäude entsteht eine Tiefgarage.
Damit in dem Bad auch Wassersport-Wettkämpfe stattfinden können, bekommt das große Becken eine Zuschauertribüne für 400 Personen und muss mit millimetergenauer Toleranz gefertigt werden, um den Anforderungen des Schwimmverbandes gerecht zu werden. Das Wettkampfbecken wird in WU-Beton erstellt und anschließend gefliest.
Wir bedanken uns recht herzlich bei den beteiligten Unternehmen für die interessanten Führungen über die jeweiligen Baumaßnahmen, sowie die Einblicke in Ihren Geschäftsbetrieb und die Bereitstellung von Verpflegung. Einen herzlichen Dank auch an den Alumni-Verein des Instituts für Baubetriebswesen für die Einladung zur Abendveranstaltung.
Text: Johannes Löschau
Bilder: Johannes Löschau
Exkursionleitung:
Florian Kopf
Philipp Hahn