Ausschreibung 2020 - Detaillierte Informationen
Der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat im März 2015 die Einrichtung des Schwerpunktprogramms 1886 „Polymorphe Unschärfeformulierung für den numerischen Entwurf von Strukturen“ beschlossen. Als Laufzeit sind sechs Jahre vorgesehen. Mit der Ausschreibung wird zur Antragstellung für die zweite dreijährige Förderperiode eingeladen.
Der numerische Entwurf von Strukturen ist derzeit von deterministischen Denk- und Vorgehensweisen geprägt. Die Abbildung der Realität mit deterministischen Modellen und Daten suggeriert Genauigkeit und Sicherheit. Realität ist, dass alle verfügbaren Daten und Informationen durch Unschärfe, Ungewissheit, Unvollständigkeit und Ungenauigkeit charakterisiert sind, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Die Ursachen der Datenunschärfe sind im Allgemeinen vielschichtig, sie treten meist gleichzeitig orts- und zeitabhängig auf.
Ziel des Schwerpunktprogramms ist die Entwicklung numerischer Methoden für den verbesserten Entwurf von Strukturen mit unscharfen Daten und Informationen. Neben den Anwendungen in den zu beteiligenden Ingenieurdisziplinen Bauingenieurwesen sowie Maschinen- und Anlagenbau und der Unterscheidung verschiedener Phasen (frühe und finale Entwurfsphase) stehen insbesondere "real world"-Szenarien im Fokus, die durch adäquate Modellierung abzubilden sind. Numerische Strukturanalysen auf dem aktuellen Stand der Forschung bilden die Basis der Entwurfskonzepte.
In der ersten Förderperiode wurden mit den 23 Teilprojekten die wissenschaftlichen Grundlagen, in Zusammenarbeit zwischen Ingenieurdisziplinen und Mathematik breit entwickelt und fundamentale Erkenntnisse für die vielfältigen realitätsnahen Aufgabenstellungen erhalten. Die neue generalisierte Unschärfemodellierung für Daten und Informationen wurde projektübergreifend etabliert. Verbindende Klammer der Arbeiten ist die polymorphe Modellierung der Unschärfe, Ungewissheit, Unvollständigkeit und Ungenauigkeit, mit der reale Szenarien abgebildet werden können. Derzeit entstehen neuartige numerische Entwurfsmethoden für Strukturen und später auch Prozesse, wenn die Zeitabhängigkeit der Parameter in den Entwürfen stärkere Beachtung findet. Zwischenergebnisse der Forschungsarbeiten wurden in vom Schwerpunktprogramm organisierten Minisymposien auf internationalen Tagungen präsentiert und werden in einem Sonderband einer einschlägigen Fachzeitschrift dokumentiert.
In der zweiten Förderperiode soll der Fokus auf Entwurfsaufgaben im Lebenszyklus von Strukturen (Herstellung, Nutzung, Entsorgung) und Strukturveränderungen (zum Beispiel Sanierung, Nutzungsänderung, Verstärkung, „additive manufacturing“) gerichtet werden.
Mit der Vernetzung der beteiligten Fachdisziplinen werden weitreichende wissenschaftliche Teilziele für das Schwerpunktprogramm formuliert. Das sind die Entwicklung und Anwendung innovativer numerischer Entwurfskonzepte, neuartiger Algorithmen, hocheffizienter Vorgehensweisen und verbesserter Methoden für komplexe ingenieurtechnische Strukturentwürfe auf der Basis unscharfer Daten und Informationen. Die Arbeitsprogramme der Teilprojekte für das Schwerpunktprogramm sollen unterschiedliche Aspekte der Berücksichtigung signifikanter Unschärfe beim numerischen Entwurf von Strukturen, neue ("intelligente") methodische Ansätze für den Entwurf von Strukturen und Prozessen, effizientere numerische Vorgehensweisen und praxisgerechte Bewertungsstrategien umfassen.
Mit dem Schwerpunktprogramm wird zur Forschung auf folgenden Gebieten aufgefordert:
Komplex A: Datenmodelle, -akquisition, -assimilation und Bewertung
Neben der Entwicklung effizienter Vorgehensweisen der Datenakquisition und Bewertung sind folgende Aufgabenfelder für polymorphe Unschärfemodellierungen relevant:
- Entwickeln problemgerechter Beschreibungen für polymorphe Unschärfemodelle
- Grundlagen zur Unschärfebewertung, Kalibrieren und Validieren unscharfer Maße
- Fortentwickeln der Methoden und Systematiken zum Akquirieren der Daten aus Expertenwissen
- Entwickeln von Modellen zur Assimilation unscharfer Größen
- Entwickeln entscheidungsunterstützender Systeme unter Berücksichtigung der Unschärfe
Komplex B: Strukturanalyse und numerischer Entwurf
Solide numerische Strukturanalysen sind die Grundlage des Entwurfs. Konzepte für den numerischen Entwurf von Strukturen mit unscharfen Daten in den verschiedenen oben genannten Ingenieurdisziplinen zielen auf:
- Fortentwickeln von Strukturanalysen mit polymorph unscharfen Daten (orts- und zeitabhängig)
- Verbesserte Prognosen auf Basis unscharfer Daten
- Formulieren und Lösen unscharfer Optimierungsaufgaben
- Entwickeln von Lösungen für inverse Probleme mit unscharfen Daten
Komplex C: Interaktionen und multiphysikalisches Verhalten mit unscharfen Daten
Numerische Strukturentwürfe erfordern auch die Modellierung der signifikanten Interaktion und des multiphysikalischen Verhaltens. Im Schwerpunktprogramm sollen dazu Beiträge mit unscharfen Datenmodellierungen geliefert werden:
- Kopplung von Unschärfe auf verschiedenen Skalen für Raum und Zeit
- Entwickeln von Methoden für die Erfassung unscharfer Interaktionen
- Lösungsansätze für multiphysikalische Probleme mit unscharfen Daten
Komplex D: Ersatzmodelle und Reduktionsmethoden
Die Akzeptanz numerischer Entwurfsmethoden ist nur mit effizienten Vorgehensweisen erreichbar. Zu entwickeln sind demnach zum Beispiel:
- Methoden der Dimensionsreduktion
- Approximationsmethoden für unscharfe Daten
- Ersatzmodelle und Substrukturtechniken mit unscharfen Daten
Die vier dargestellten Komplexe sind eine Orientierung für die wissenschaftlichen Ziele und das Arbeitsprogramm der zu beteiligenden Fachdisziplinen. Sie sind in den verschiedenen Teilprojekten nicht nur einmalig, sondern mehrmalig umzusetzen und werden im Zusammenwirken zu qualitativen Verbesserungen des numerischen Entwurfs von Strukturen führen. Das Ziel ist erreicht, wenn richtungsweisende Ansätze deutlich erkennbar, "real world"-Szenarien behandelt und Methoden sowie Pilotlösungen auf verschiedene Anwendungsgebiete übertragbar sind.
Das Schwerpunktprogramm zielt auf eine integrale Betrachtung der methodischen Ansätze ab und strebt die Synthese unterschiedlicher Vorgehensweisen in der Überzeugung an, dass Barrieren zwischen den Vertretern der unterschiedlichen Schulen durch wissenschaftlichen Austausch überwunden werden können und es gelingen wird, eine generalisierte wissenschaftliche Erfassung der Unschärfe von Daten und Informationen im numerischen Entwurf von Strukturen zu erreichen.
Von den Anträgen der einzelnen Teilprojekte wird erwartet, dass sie mehrere der Komplexe aufgreifen, einen interdisziplinären/transdisziplinären Ansatz besitzen und originäre, spezifische Lösungsansätze enthalten. Eine starke Vernetzung der Arbeitsgruppen und Forschungsdisziplinen zum Ausbau einer fach- und ortsübergreifenden Kooperationsstruktur wird ausdrücklich angestrebt. Deshalb soll jeder Teilprojektantrag in den Gesamtkontext des Schwerpunktprogramms eingeordnet werden. Zudem ist herauszustellen, welche Erkenntnisse und welchen Nutzen die anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den erwarteten Ergebnissen des jeweiligen Teilprojekts ziehen können.
Die inhaltliche Breite des Schwerpunktprogramms erfordert die Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die auf unterschiedlichen Gebieten arbeiten, insbesondere angesprochen sind folgende Bereiche:
- Baustatik und Mechanik
- Bauingenieurwesen
- Maschinenbau
- Mathematik
Innerhalb des Schwerpunktprogramms nicht adressiert sind aufwendige Experimente (sondern Nutzung vorhandener, möglicherweise sehr heterogener Daten, die auch „data driven“-Simulationen mit unscharfen Daten einschließen können). Die ausschließliche Anwendung stochastischer Konzepte und Modelle wird im Rahmen des Schwerpunktprogramms als nicht zielführend eingeschätzt, da dezidierte Voraussetzungen in der Praxis in der Regel nicht beziehungsweise nur schwer erfüllt werden können und dann oft ignoriert werden.
Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit kürzlich abgeschlossener Promotion (Postdocs) werden ermutigt, Anträge einzureichen. Erwartet werden auch Tandemprojekte mit Nachwuchswissenschaftlerinnen/Nachwuchswissenschaftlern und erfahrenen Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern als Teilprojektleiter. Bei der Fördermaßnahme wird den Regelungen der DFG bezüglich der forschungsorientierten Gleichstellungsstandards besondere Beachtung geschenkt werden.
Reichen Sie Ihren Antrag bitte spätestens zum 30.01.2019 über das elan-Portal ein – dieses steht Ihnen für die Erfassung der antragsbezogenen Daten und zur sicheren Übermittlung von Dokumenten zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass die Projektanträge in englischer Sprache erbeten werden. Wählen Sie in der angebotenen Liste der Ausschreibungen unter der Rubrik Schwerpunktprogramme „SPP 1886“ aus. Berücksichtigen Sie beim Aufbau Ihres Antrags das DFG-Merkblatt 54.01 zu Sachbeihilfen mit Leitfaden für die Antragstellung und die Hinweise im Merkblatt Schwerpunktprogramm 50.05, Teil B – Allgemeine Informationen zur Antragstellung (insbesondere zur Antragsberechtigung und zu den beantragbaren Mitteln).
Handelt es sich bei dem Antrag innerhalb dieses Schwerpunktprogramms um Ihren ersten Antrag bei der DFG, berücksichtigen Sie bitte, sich rechtzeitig im elan-Portal zu registrieren. Die Bestätigung erfolgt in der Regel bis zum darauffolgenden Arbeitstag. Ohne vorherige Registrierung ist eine Antragstellung nicht möglich.
Senden Sie bitte ein weiteres Exemplar des Antrags in elektronischer Form an den Koordinator des Programms, Professor Michael Kaliske ().