Jul 18, 2019
Globales Netzwerk mit 14 Wissenschaftlern zum Thema "Environmental Non-Migration“ gegründet
Auf der weltweit ersten wissenschaftlichen Konferenz "Environmental Non-Migration: Frameworks, Methods and Cases" zur Nicht-Migration trotz Umweltgefahren wie dem Klimawandel wurde kürzlich an der TU Dresden ein globales Netzwerk mit Teilnehmern aus 14 Ländern gegründet. Zu den Unterzeichnern des Gründungsdokuments zählen der Leitautor des Weltklimarates Dr. Saleemul Huq (International Centre for Climate Change and Development, Dhaka, Bangladesh), Prof. Sonia Akter (National University Singapore, QS Global World Ranking Platz 11), Prof. Brooke Ackerly (Vanderbilt University, Nashville, USA), Prof. Mathias Czaika (Danube University, Krems, Österreich), Prof. Tuhin Ghosh (Jadavpur University, Kolkata, Indien), Prof. Lori M. Hunter (University of Colorado Boulder, USA), Dr. Mostafa Naser (Edith Cowan University, Australien), Prof. Humphrey Ngala Ndi (University of Yaounde, Kamerun) sowie Prof. Dr. Jochen Schanze von der TU Dresden. Die Wissenschaftler wurden ebenso in den Vorstand des Netzwerks gewählt.
Open Topic Post-Doc Dr. Bishawjit Mallick wird als wissenschaftlicher Koordinator des Netzwerkes tätig sein. Dr. Mallick ist Marie Skłodowska-Curie-Stipendiat des Europäischen Forschungsrahmenprogramms HORIZON 2020 mit einem globalen Mobilitätsstipendium und veröffentlichte u. a. 2018 ein Buch zu „Building resilient communities“ zum Aufbau resilienter lokaler Gemeinschaften. Die Netzwerkgründung zeigt bereits erste Wirkungen: Dr. Mallick wurde in kürzester Zeit als Experte zu drei internationalen Tagungen eingeladen. Neben der Stärkung der Kooperation, der Entwicklung gemeinsamer Forschungsvorhaben und der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist auch der Dialog mit Politik und Gesellschaft ein Ziel der Netzwerkmitglieder.
Während der Konferenz war deutlich geworden, dass Nicht-Migration trotz der bestehenden und in Zukunft zunehmenden Umweltprobleme etwa durch den Klimawandel bisher in der Forschung nicht betrachtet worden ist. Dabei weist das Thema eine große gesellschaftliche Relevanz auf. „Allein der Anteil derer, die 2017 aufgrund von Umweltbedingungen innerstaatlich migrierten, lag mit 61 Prozent deutlich höher als derjenigen Migranten, die auf gesellschaftliche Konflikte reagierten“, so Prof. Dr. Jochen Schanze, Inhaber der Professur für Umweltentwicklung und Risikomanagement. Dennoch würden weltweit 85 Prozent der von Umweltgefahren Betroffenen ihren Wohnort nicht verlassen. Im Gegensatz zu diesen empirischen Befunden liegt der Fokus der Forschung bisher auf der Abwanderung aufgrund wirtschaftlicher Gründe. Durch die Betrachtung der Nicht-Migration erhalte die Migrationsforschung eine neue Perspektive. Prof. Brooke Ackerly wies darauf hin, dass vor allem Frauen, Kinder und Senioren zu der Gruppe der Nicht-Migranten zählen. Diese würden durch die neue Forschungsrichtung stärker in den Mittelpunkt gerückt. Frauen übernehmen nach dem temporären oder längerfristigen Wegzug der arbeitsfähigen Männer häufig die Verantwortung für die Familie, ohne dass sie dazu mit denselben Rechten ausgestattet sind. Für sie gilt es, eine entsprechende Resilienz zu entwickeln. Neben der Ermittlung von Einflussfaktoren, die eine Nicht-Migration fördern, spielen insofern auch Gender-Fragen bei darauf aufbauenden Untersuchungen der Resilienz eine wichtige Rolle.
Die Netzwerkmitglieder sind sich darüber einig, dass das Forschungsfeld Nicht-Migration ein großes Potenzial birgt. Um daran anzuknüpfen, sind die ersten Aktivitäten der Netzwerkmitglieder bereits in Planung, so ein Sonderheft in einer wissenschaftlichen Zeitschrift sowie eine Session auf der Klimakonferenz „Gobeshona6“ im Januar 2020 in Dhaka (Bangladesch).
Zur Konferenz:
Die Konferenz wurde auf Initiative der Professur für Umweltentwicklung und Risikomanagement der TU Dresden unter Beteiligung der Professur für Tropical Forestry, der Professur für BWL/ Nachhaltigkeitsmanagement und Betriebliche Umweltökonomie, PRISMA und von UNU-FLORES veranstaltet.
Zentrale Frage der Konferenz war, ob der weltweit in ländlichen Räumen lebenden Bevölkerung in Anbetracht zunehmender Umweltveränderungen nur die Abwanderung bleibt. Oder ob es Ansatzpunkte gibt, deren Lebensbedingungen dauerhaft resilienter zu gestalten. Laut Prof. Dr. Jochen Schanze könnten dadurch anstelle eines weiteren Zuzugs in die ohnehin rasch wachsenden Städte im globalen Süden die sozio-kulturelle Identität und die über Generationen entstandene nachhaltige Nutzung der Naturräume für eine weitere endogene Entwicklung gesichert werden.
Weiterführende Links:
Hintergrundinformationen zur Konferenz: https://tu-dresden.de/bu/umwelt/p-u-r/konferenzen/environmental-non-migration-framework-methods-and-cases