Dipl.-Ing. Anja Jahn (geb. Jeschke)
Spieltheoretische Modellierung von Akteursverhalten im Rahmen der Stadtentwicklung
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Motivation
Jeden Tag treffen wir eine Vielzahl von Entscheidungen: Kaffee oder Tee, dünne oder dicke Jacke, am Abend ins Kino oder lieber zum Bowling etc. Die vor allem in den Wirtschaftswissenschaften bekannten Instrumente der Entscheidungs- und Spieltheorie beschäftigen sich mit der Modellierung derartiger Entscheidungsprozesse von Individuen. Auch im Bereich des Landmanagements gibt es eine Reihe von Entscheidungsprozessen. Hier sind in der Regel unterschiedliche Akteure aus Kommunen, Wirtschaft und Bürgerschaft beteiligt. Um Entscheidungsprozesse zu modellieren, in denen die eigene Entscheidung auch von den Entscheidungen Anderer abhängt, wird die Spieltheorie verwendet.
Grundlagen der Spieltheorie
Ein Spiel im Sinne der Spieltheorie ist eine Entscheidungssituation, in der mindestens zwei Spieler (Akteure) Einfluss auf die Ergebnisse auch des jeweils Anderen haben. Zur Lösung des Entscheidungsproblems stehen den Akteuren unterschiedliche Handlungsalternativen (Strategien) zur Verfügung. Die Resultate der verfolgten Strategien werden als Ergebnisse oder Payoffs bezeichnet. Die Spieltheorie definiert verschiedene Arten von Spielen, unter anderem, ob Absprachen zwischen den Akteuren erlaubt sind oder nicht (kooperativ vs. nicht-kooperativ) und ob ein Spiel nur einmal oder mehrmals gespielt wird (einmalig vs. wiederholt). Je nach Art der Entscheidung zum Zeitpunkt der Strategiewahl kann es sich um ein simultanes oder ein sequentielles Spiel handeln. Bei erstgenannter Spielart entscheiden sich alle Spieler gleichzeitig für eine Strategie. Zur Veranschaulichung eignet sich die Darstellungsform der Spielmatrix (Normalform). Bei einem sequentiellen Spiel treffen die Spieler ihre Wahl nacheinander. Da es hierbei im Wesentlichen auch darauf ankommt, wer wann welche Entscheidung trifft, ist die Darstellungsform des Spielbaumes (extensive Form) zu bevorzugen.
Forschungsbedarf für das Landmanagement
An Entscheidungssituationen im Landmanagement sind zumeist mehrere Akteure beteiligt, die in der Regel unterschiedliche Interessen und Ziele verfolgen. Wie wird unter diesen Voraussetzungen eine Entscheidung herbeigeführt? Die Forschungsarbeit befasst sich mit der Modellierung von Entscheidungsprozessen des Landmanagements.
Die Literaturrecherche untersucht die Akteure im Bereich des Landmanagements und verschiedene Methoden der entscheidungstheoretischen Modellierung. Eine Voruntersuchung soll klären, welche Methode der entscheidungstheoretischen Modellierung und welches Instrument des Landmanagements näher untersucht werden soll. Für die Hauptuntersuchung wird ein Mixed-Methods-Ansatz verwendet – eine Kombination aus quantitativer und qualitativer Methodik. Der quantitative Ansatz beinhaltet die Erstellung, Durchführung und Auswertung einer Online-Befragung zur Thematik „Akteure im Bodenordnungsinstrument Umlegung“. Den qualitativen Teil der Forschung bildet eine Fallstudienuntersuchung ausgewählter Umlegungsverfahren unter Anwendung von Experteninterviews und spieltheoretischer Analyse des Akteursverhaltens.
Im Rahmen der Dissertation sollen die folgenden Forschungsfragen beantwortet werden:
1. Wie hat sich die Konstellation beteiligter Akteure in Umlegungsverfahren ab 1950 verändert?
2. Welche Methoden der entscheidungstheoretischen Modellierung sind geeignet, um das Verhalten der Akteure in Umlegungsverfahren analysieren zu können?
3. Wie lässt sich das Verhalten der Akteure mit Hilfe der Spieltheorie anhand von Fallstudien (ausgewählte Umlegungsverfahren) analysieren?
4. Welche Handlungsempfehlungen können für künftige Umlegungsverfahren unterbreitet werden?
Die Spieltheorie ist eine vielversprechende Möglichkeit der entscheidungstheoretischen Modellierung, die zu einer erhöhten Transparenz von Entscheidungssituationen im Landmanagement beitragen kann. Der Mehrwert der Forschung resultiert in der Möglichkeit, künftige Verfahren im Landmanagement konfliktärmer und schneller gestalten zu können.