KI-gestützte Vorhersage des Gletscherkalbens basierend auf 4D-Echtzeit-Multisensor-Monitoring.
Gletscher spielen eine entscheidende Rolle im Klimasystem der Erde und dienen als wichtige Indikatoren für den Klimawandel. Klimatische Einflussfaktoren sowie dynamische Veränderungen der Gletscher selbst führen jedoch zu einem Verlust der Eismassen. Ein wichtiger Faktor, der zum Massenverlust beiträgt, ist das Kalben von Gletschern. Das Kalben an der Gletscherstirn ist ein besonders schwierig zu erfassender Prozess und daher ein oft nur unzureichend verstandener Aspekt der Gletscherdynamik.
Ziel des Projektes:
Eine genaue Vorhersage erfordert ein umfassendes Verständnis der involvierten Prozesse. Dieses Verständnis führt auch zu einer besseren Identifizierung von Faktoren, die die Kalbungsaktivität steuern. Um dies zu erreichen, verfolgt das Projekt das Ziel, einen 4D-Multi-Sensor-Monitoringsystem zu entwickeln, indem Methoden der Photogrammetrie und Algorithmen der Künstlichen Intelligenz (KI) integriert werden, die auf multimodale Daten angewendet werden.
Methodik
Um räumlich-zeitliche 3D-Daten mit sehr hoher Detailgenauigkeit zu erfassen, werden verschiedene Sensoren eingesetzt:
- Zeitrafferkameras & Wärmebildkameras: Synchronisierte Erfassung ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung der Gletscherfront, auch bei Nacht.
- Multisensorsysteme: Da Umweltfaktoren und Gletscherdynamik einen großen Einfluss auf das Kalben haben, werden Multisensorsysteme eingesetzt, um unter anderem Wetterdaten und Gletschergeschwindigkeiten zu erfassen und so eine ganzheitliche Analyse zu ermöglichen.
Die Integration von Sensortechnologien mit KI-Methoden wird die automatische Identifikation und Quantifizierung von Kalbungsereignissen dienen.
Erwartete Ergebnisse
1. Ein umfassendes und hochauflösendes 3D-Inventar des Gletscherkalbens, dass durch die Entwicklung eines Multisensor-Monitoringsystems ermöglicht wird. Die gewonnenen Daten führen zu Zeitreihen von 3D-Modellen, die zur Erkennung von Kalbungsereignissen genutzt werden können.
2. Eine genaue automatische Identifizierung von Kalbungsereignissen und deren Volumen, basierend auf der Integration von Sensordaten (z. B. Wärmebildkameras, Wetterstationen, Seismometer) mit KI-Methoden. Dies ermöglicht, zusammen mit der sub-tägigen Bilderfassung, eine 4D-Datenanalyse, bei der die Veränderungsdetektion genutzt wird, um das Verhalten der Gletscherfront zu untersuchen.
3. Zwei Vorhersagemethoden, die den Prozess des Gletscherkalbens und die steuernden Faktoren identifizieren:
- Zur Erkennung der Aktivierung von Gletscherspalten durch die genaue Beobachtung der kalbenden Eisblöcke und Überwachung ihrer Verformung bis zum Punkt der Instabilität kurz vor der Ablösung. Darauf aufbauend werden Funktionen definiert, um die Blockablösungszeit im Voraus abzuschätzen.
- Um ein angepasstes neuronales Netz für Zeitreihen zu trainieren, dass das umfangreiche Kalbungsinventar zusammen mit den Umwelt- und Gletscherdynamikdaten integriert. Diese Art der KI ist besonders für die Vorhersage zukünftiger Zustände bei nichtlinearen Prozessen geeignet. Mithilfe des trainierten Netzwerks wird das Volumen und die Lage des künftigen Eisabbruchs an der Gletscherfront entsprechend gegebener Bedingungen vorhergesagt.
Durch diese Erkenntnisse wird das Projekt Einblicke in die Faktoren liefern, die das Kalben von Gletschern maßgeblich steuern, und stellt somit einen bedeutenden Fortschritt im Verständnis der Kalbungsprozesse und des Verhaltens der Gletscher dar, insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen des Klimawandels.
Projektmitglieder:
- Laura Camila Duran Vergara
- Dr. Xabier Blanch Gorriz
- JProf. Dr. Anette Eltner
- Steffen Welsch
Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert.