Jun 27, 2022; Workshop
Workshop zur Vernetzung und Entwicklung der Potenzialbereiche "Gesellschaftlicher Wandel" und "Wasserforschung/Taming Water Extremes"
In den vergangenen Jahren sind Wasserextreme als Auswirkungen des Klimawandels vielleicht erstmals richtig in das Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit gelangt. Zwei extrem trockene Sommer 2019 und 2020 führten zu Ernteausfällen in der Landwirtschaft, brachten Wälder und Stadtbäume an ihre Belastungsgrenzen und führten zu Wasserdefiziten in tieferen Bodenschichten und viel zu niedrigen Wasserständen in Flüssen und Reservoirs, welche die aquatischen Ökosysteme beeinträchtigten. 2021 führten schwere Regenfälle zu verheerenden fluvialen Überschwemmungen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die viele Menschenleben forderten und Schäden in Höhe von fast 30 Milliarden Euro verursachten. Im Jahr 2021 manifestierte sich ebenfalls ein großflächiges Absterben der dürregeschwächten Wirtschaftswälder (vor allem Fichtenforste) in den deutschen Mittelgebirgen. Wasserextreme dieser Art werden nach allen seriösen Voraussagen in der Zukunft häufiger und ausgeprägter auftreten, mit unübersehbaren Auswirkungen auf den gesamten Wasserhaushalt, unsere Ökosysteme, unsere Land- und Forstwirtschaft, aber auch unsere politischen und sozialen Systeme. Es ist zum Beispiel nicht zu erwarten, dass ein Aufforsten mit dürresensiblen Baumarten, die den Großteil unserer Wirtschaftswälder ausmachen, unter den projizierten Bedingungen eine Zukunft haben kann. Hier stellt sich die drängende Frage an uns als Gesellschaft, wie wir uns an diese sich verändernden Bedingungen anpassen können. Wie können wir komplexe Wassersysteme so steuern, dass sichere Lebensbedingungen für uns und das dauerhafte Funktionieren von Ökosystemen gewährleistet werden können? Wie wirken sich wasserbezogene Infrastruktursysteme auf Prozesse des gesellschaftlichen Wandels und internationale Verteilungsfragen aus und die damit verbundenen politischen Konflikte? Um sich den veränderten Klimabedingungen der Zukunft anzupassen, benötigen wir smarte technische und technologische Lösungen, aber auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen.
In unserem gemeinsamen Workshop möchten wir gesellschaftliche Dimensionen der Anpassung an Wasserextreme erörtern und uns interdisziplinären Fragestellungen zuwenden, wie z.B.:
- Wie werden Wasserextreme in der Gesellschaft wahrgenommen und welches Bewusstsein gibt es für Anpassungsmaßnahmen? Was beeinflusst die gesellschaftliche Akzeptanz von technologischen Anpassungsmaßnahmen an Wasserextreme und wie kann man sie befördern? Welche Einschränkungen sind die Menschen bereit, in Kauf zu nehmen?
- Wie kann die Anpassung an Wasserextreme als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ins Bewusstsein der Bevölkerung gebracht werden, welche nicht nur einzelne Sektoren (Land- und Forstwirtschaft, Umweltschutz) betrifft, sondern in alle Lebensbereiche hineinwirken muss?
- Wie können gesellschaftliche Wandlungsprozesse als Chance zur Entwicklung hin zu einer klimaresilienten Gesellschaft genutzt werden?
- Wie sehen smarte Wassersysteme der Zukunft aus, die die Bedürfnisse von Gesellschaft und Umwelt unter den vorherzusehenden veränderten Bedingungen gewährleisten können?
- Welche Governance-Strukturen und Prozesse sind geeignet, um eine Transition hin zu resilienten, smarten Wassersystemen zu schaffen? Wie kann man die verschiedenen Akteursgruppen für Veränderung gewinnen? Wie lassen sich positive Visionen klimaresilienter Wassersysteme aufzeigen?
- Welche gesellschaftlichen Gruppen und welche globalen Regionen sind besonders von den Veränderungen von Wassersystemen betroffen und wie sind diese Auswirkungen zu beurteilen? Welchen Bezug haben Wassersysteme auf Migrationsbewegungen? Wie sind Wassersysteme im Kontext des postkolonialen Diskurses zu beurteilen?
- Welche Folgen haben Wasserextreme auf ökonomische, politische, soziale und rechtliche Aspekte der Wasserbewirtschaftung?
- Wie sehen klimaresiliente Wassersysteme aus, die auch Disruptionen standhalten können? Wie verändern Disruptionen, die nie ganz vermeidbar sind, unsere Wassersysteme?
Diese interdisziplinären Fragestellungen sind mit methodischen und wissenschaftstheoretischen Herausforderungen verbunden:
- Was können wir im interdisziplinären Diskurs zu unserer Forschung inhaltlich und methodisch lernen?
- Welche Anknüpfungspunkte gibt es für interdisziplinäre Forschung und Lehre?
- Wie lässt sich geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung zu klimaresilienten, smarten Wassersystemen mit den verschiedenen anderen Disziplinen wie z. B. den Ingenieurwissenschaften, der Statistik, Ökonomie, Psychologie, Geographie oder den Verkehrswissenschaften verbinden?
- Inwieweit ermöglichen bzw. limitieren die theoretischen und methodologischen Instrumentarien (der beteiligten Fächer) das Verstehen/Erklären der Beziehungen zwischen Wassersystemen und Disruption und ihre ordnungsstiftenden bzw. störenden oder verändernden Kräfte? Welche Perspektiven sehen wir für eine interdisziplinäre Wasser-Disruptionsforschung?
Diese und weitere Fragen rund um die beiden Potenzialbereiche „Gesellschaftlicher
Wandel“ und „Wasserforschung“ wollen wir in einem gemeinsamen Workshop der Geisteswissenschaftler:innen und Wasserforscher:innen erörtern. Die Potenzialbereiche sind Maßnahmen der Exzellenzstrategie der TU Dresden zur Weiterentwicklung wissenschaftlicher Schwerpunkte.
Datum: 27.06.2022
Zeit: 09:00 bis 12:30 Uhr
Ort: POT 168 oder online
(Präsenzveranstaltung unter Einhaltung der universitätsseitig vorgegebenen Sicherheitsvorkehrungen)
Agenda:
- Kurze Vorstellung der beiden Potenzialbereiche
- Erste Reflexionen zu gemeinsamen Begriffen und Forschungsfragen
- Erarbeitung von Ideen für Vernetzungsaktivitäten, DFG-Anträge, internationale Publikationen, Lehrveranstaltungen oder Ringvorlesungen in diesem Themenfeld
Für Rückfragen stehen wir, Prof. Dr. Peter Krebs und Dr. Mareike Braeckevelt Bereichssprecher Prof. Dr. Christian Prunitsch und Koordinator Dr. Lucas von Ramin, gern zur Verfügung und freuen uns auf Ihr Interesse an einer aktiven Mitwirkung.
Die Teilnehmer:innenzahl ist auf 20 Personen beschränkt.
Das Netzwerkstudio ist grundsätzlich für deutsch- und englischsprachige Teilnehmer:innen geeignet. Bitte vermerken Sie auf dem Anmeldeformular ihre Präferenz und gegebenenfalls Übersetzungswünsche. Wir möchten unsere Veranstaltungen zudem möglichst barrierefrei gestalten. Bitte nennen Sie im Anmeldeformular Ihre Bedarfe.